Wie muss man Mobbing in einem Gerichtsverfahren beweisen, um erfolgreich Ansprüche durchzusetzen? Ein Urteil des OLG Köln gibt Aufschluss.
Tagaus, tagein Schikane, keinen Anschluss mehr im Kollegenkreis und verschärfte Beobachtung durch den Chef – Berichte über Mobbing finden sich häufig. „Das kannst du dir nicht gefallen lassen!″, raten Angehörige und Freunde oft den Betroffenen.
Mobbing durch Vorgesetzten am Arbeitsplatz
Dies Frage, ob und wie man Mobbing beweisen muss, wurde jüngst außerhalb eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens durch das OLG Köln (Urteil vom 24.05.2012, Az. 7 U 207/11) näher beantwortet:
Der Kläger war zunächst als Beamter eine Bundesbehörde und später für das im Rahmen der Privatisierung der Behörde entstandene Unternehmen tätig. Seit 1991 sei es durch seinen Vorgesetzten zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen am Arbeitsplatz (also „Mobbing″) gekommen. Motiv dafür sei gewesen, sich übernommener und altgedienter Beamten über eine Frühpensionierung zu entledigen. In der Folge sei er u.a. an Depressionen und Bluthochdruck erkrankt. Für all dies bot der Kläger als Beweis seine Vernehmung als Partei an (§ 447 ZPO). Nach Auffassung des Klägers seien aber auch die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins zu berücksichtigen.
Mobbing als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Das OLG Köln ging zunächst der Frage nach, was überhaupt unter „Mobbing″ zu verstehen sei. „Mobbing″ sei weder ein Rechtsbegriff noch eine Anspruchsgrundlage, sondern vielmehr ein volkstümlich gewordener Sprachbegriff für Konfliktsituationen am Arbeitsplatz. Im beamtenrechtlichen Bereich könnten Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrecht durch Vorgesetzte auch zu Ansprüchen gegen den Dienstherrn aus Amtshaftung gem. § 839 BGB iVm Art. 34 GG führen.
Für einen solchen Anspruch müsse aber tatsächlich eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen. Dies erfordere ein systematisches Verhalten, durch das eine Person fortgesetzt, bewusst und zielgerichtet schikaniert werde. Ein solches „Mobbing″ sei von Arbeitsplatzkonflikten allgemeiner Art abzugrenzen:
Die arbeitsteilige Wirtschaft bringt es typischerweise mit sich, dass am Arbeitsplatz Menschen unterschiedlicher Persönlichkeitsstruktur einem intensiven Dauerkontakt ausgesetzt sind.
Dadurch könnten sozial adäquate Konfliktsituationen entstehen, die kein „Mobbing″ darstellen und somit auch keine Schadensersatzansprüche auslösen.
Mobbing beweisen – oder die Konsequenzen akzeptieren
Das OLG Köln sah in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (LG Bonn, Az. 1 O 113/11) den Kläger vorliegend (bloß) in einer solchen sozial adäquaten Konfliktsituation, nicht aber als Mobbing-Opfer. Für die von der Beklagten bestrittenen Behauptungen habe er zudem keinen Beweis angeboten: Der Parteivernehmung habe die Beklagte widersprochen, so dass dieses Beweismittel ausscheide. Auch habe er keinen Ablauf der Geschehnisse geschildert, der zur Anwendung der Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins führen würde: Es könne nicht angenommen werden, dass ein Krankheitsbild wie das des Klägers typischerweise durch Mobbing entstehe.
Entscheidet sich ein über die zwischenmenschliche Situation am Arbeitsplatz unglücklicher Beschäftigter für eine Mobbing-Schadensersatzklage, ist eine solche Gerichtsentscheidung wie die vorliegende sicherlich nicht einfach zu akzeptieren. Denn wie lässt sich Mobbing, die schiefen Blicke, der Ausschluss von Kommunikation und mündliche Anfeindungen in einer Situation „alle gegen einen″ rechtssicher beweisen?
Kommt man ohne rosarote Brille zu der Beurteilung „Da musst du eben durch.″, sollte man sich jedenfalls darauf einstellen, dass auch ein Gericht einen Mobbing-Vorwurf eher nicht bekräftigt.