16. Juni 2023
Teilkündigung Homeoffice-Vereinbarung
Arbeitsrecht

Neues zur Teilkündbarkeit einer Homeoffice-Vereinbarung

Die Teilkündbarkeit einer Homeoffice-Vereinbarung unterliegt nicht den strengen Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes.

Das LAG Hamm hat sich in seiner Entscheidung vom 16. März 2023 (18 Sa 832/22) mit der Abrede einer gesonderten Kündigungsmöglichkeit in einer Zusatzvereinbarung „Homeoffice“ auseinandergesetzt und entschieden, dass diese zulässig ist.

Die Parteien vereinbarten in einer Zusatzvereinbarung eine gesonderte Kündigungsmöglichkeit der Homeoffice-Tätigkeiten

Das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis steht immer unter dem Einfluss sich verändernder Umstände. Aus diesem Grund sollte Remote Work auch durch den Arbeitgeber beendet werden können. Der Arbeitgeber kann sich insoweit den Widerruf vorbehalten. Möglich ist aber auch das Vorsehen eines Teilkündigungsrechts. Hiermit hat sich das LAG Hamm in seiner Entscheidung im März 2023 befasst.

Ein Unternehmen hatte eine Zusatzvereinbarung über die Tätigkeit im Homeoffice mit einem ihrer Beschäftigten abgeschlossen. Gemäß dieser Vereinbarung sollte der Kläger seine Arbeitsleistung im Wesentlichen von seiner Wohnung aus erbringen. In der Zusatzvereinbarung wurde u.a. auch vereinbart, dass diese spätestens mit dem Ende des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses endet, sofern sie nicht vorher durch eine der Parteien gekündigt wird. Die Kündigung bedurfte hierbei der Schriftform und musste unter Einhaltung einer Frist von einem Monat ausgesprochen werden. Ferner sah die Regelung vor, dass mit Ablauf der Kündigungsfrist die häusliche Arbeit endet, so dass der Mitarbeiter danach verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung wieder ausschließlich in den Unternehmensräumen zu erbringen.

Es kam, wie es kommen musste: Nachdem die Arbeitgeberin die Zusatzvereinbarung über das Homeoffice gekündigt hatte, wendete sich der Beschäftigte klageweise gegen die Kündigung der Zusatzvereinbarung (nicht hingegen gegen die Weisung, die Arbeitsleistung zukünftig in den Betriebsräumen zu erbringen) und argumentierte, dass die Kündigungsklausel in der Zusatzvereinbarung unwirksam sei, da sie insbesondere gegen das Transparenzgebot verstoße und eine Umgehung der kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften darstelle.

Vorgesehenes Teilkündigungsrecht der Homeofficevereinbarung zulässig

Das LAG Hamm teilt die Auffassung des Arbeitnehmers nicht. Denn das vereinbarte Kündigungsrecht in Bezug auf die Zusatzvereinbarung „Homeoffice“ betreffe – so die 18. Kammer des LAG Hamm – nicht die im synallagmatischen Verhältnis stehenden wechselseitigen Pflichten des Arbeitsverhältnisses, sondern lediglich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Beschäftigte seine Arbeitsleistung von seiner Wohnung aus zu erbringen befugt sei. Damit werde nicht die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers einer einseitigen Abänderbarkeit unterworfen, sondern eine Erfüllungsmodalität ausgestaltet. Das ursprüngliche Äquivalenzgefüge des Arbeitsverhältnisses bleibe unverändert. Die Regelungen der kündbar gestellten Zusatzvereinbarung vom 29. November 2016 beziehen sich – so das Gericht – auf spezielle Abreden über den Ort der Arbeitsleistung, die kündigungsrechtlich nicht besonders geschützt seien, sondern vielmehr dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegen.

Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Festlegung des Arbeitsortes gerade nicht um eine vertragliche Leistung der Beklagten handele, liege ein „echtes“ Teilkündigungsrecht vor und nicht etwa ein (fälschlicherweise als Teilkündigungsrecht bezeichneter) Widerrufsvorbehalt. Daher schade es auch nicht, dass besondere Gründe, in welchen Situationen das häusliche Arbeiten beendet werden darf, wie sie bei einem Widerrufsvorbehalt erforderlich sind, nicht vertraglich vereinbart wurden. Einen Verstoß gegen das Transparenzverbot verneinte das Gericht daher.

Im Übrigen lag nach der Ansicht des LAG Hamm auch keine unangemessene Benachteiligung des Klägers vor. Insbesondere war nicht anzunehmen, dass die Zulässigkeit der Teilkündigung mit wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sei, oder dass wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet wäre.

Ergebnis ist also, dass die Kündigung einer entsprechenden Zusatzregelung zum Arbeitsvertrag möglich ist, und zwar ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (vgl. hierzu LAG Nürnberg, Urteil v. 11. Mai 2021 – 7 Sa 289/20), welches die Wirksamkeit einer Beendigungserklärung aufgrund betrieblicher Gründe in Bezug auf alternierende Telearbeit untersuchte).

Mehr Gestaltungsspielraum bei der Vereinbarung von Beendigungsmöglichkeiten des remoten Arbeitens 

Unsere Arbeitswelt wird immer schnelllebiger und unterliegt einer Vielzahl von Einwirkungen. Die Einführung moderner Arbeitsformen ist wichtig, bedarf aber auch einer Kopplung mit unkomplizierten Anpassungs- und Flexibilisierungsinstrumenten. Die Entscheidung des LAG Hamm ist daher zu begrüßen, weil sie – neben der Entscheidung des LAG Nürnberg vom 11. Mai 2021 (7 Sa 289/20) – für eine Klarstellung im Zusammenhang mit den Beendigungsmöglichkeiten von remoten Arbeitsweisen sorgt.

Tags: Arbeitsrecht Homeoffice-Vereinbarung Teilkündigung