8. Oktober 2020
Wiederaufbauprospekt
Banking & Finance

Wiederaufbauprospekt – Einfach zu erstellen, einfach zu verstehen, einfach zu genehmigen

Um Unternehmen bei der Erholung von der COVID-19 Pandemie zu unterstützen, schlägt die EU-Kommission die Einführung eines Wiederaufbauprospekts vor.

Am 24. Juli 2020 hat die Europäische Kommission ein kapitalmarktrechtliches Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, das Teil einer Strategie für die Erholung der Kapitalmärkte von den Folgen der COVID-19 Pandemie sowie der Capital Markets Union werden soll. Zur Finanzierung der Erholung sollen eine schnelle Rekapitalisierung von Unternehmen ermöglicht und die finanzielle Kapazität der Banken erhöht werden. Ein Entwurf der hierfür erforderlichen Verordnungsanpassungen befindet sich derzeit in erster Lesung beim Europäischen Parlament, wobei die Kommission auf eine zügige Umsetzung drängt. Diese wird für Ende des Jahres 2020 erwartet.

Das kapitalmarktrechtliche Maßnahmenpaket erstreckt sich auf drei regulatorische Bereiche: die Prospektverordnung, die MiFID II sowie Verbriefungsvorschriften.

Anpassung der Prospektverordnung – der Wiederaufbauprospekt

Zentraler Bestandteil der Anpassungen der Prospektverordnung (Verordnung (EU) 2017/1129) ist der vereinfachte Wiederaufbauprospekt. Daneben werden die Hinweispflicht für Finanzintermediäre im Zusammenhang mit Prospektnachträgen sowie die Aufnahme von Geldmitteln für Banken erleichtert.

Der sog. Wiederaufbauprospekt ist eine besondere Form des Wertpapierprospekts. Ein solcher ist gemäß der Prospektverordnung bei einem öffentlichen Angebot oder der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem geregelten Markt grundsätzlich erforderlich. Er enthält Informationen über den Emittenten und die von ihnen angebotenen Wertpapiere und bildet die Basis der Investorenentscheidung.

In Artikel 14 Prospektverordnung existieren bereits Erleichterungen hinsichtlich des erforderlichen Inhalts von Prospekten für Sekundäremissionen, die 70 % der Prospekte für Eigenkapitalemissionen ausmachen. Die Delegierte Verordnung zur Prospektverordnung (Delegierte Verordnung (EU) 2019/980) sieht für Sekundäremissionen ein vereinfachtes Registrierungsformular sowie eine vereinfachte Wertpapierbeschreibung vor (Anhänge 3, 12 und 16). Hinsichtlich der Zusammenfassung gibt es keine vereinfachten Vorgaben.

Mit der auf 18 Monate befristeten Einführung des Wiederaufbauprospekts in Artikel 14a Prospektverordnung soll es weitere, umfangreiche Erleichterungen für Sekundäremissionen geben. So kann die Eigenkapitalgenerierung für bereits gelistete Emittenten ermöglicht bzw. erleichtert werden. Die teils hohen Kosten der Prospekterstellung, die in aller Regel durch rechtliche Berater vorgenommen wird, können gerade Unternehmen in finanziellen Notlagen davon abhalten, neues Kapital aufzunehmen. Dabei kann der Wiederaufbauprospekt die anfallenden Kosten nach der Einschätzung der Kommission auf fast die Hälfte reduzieren. Gleichzeitig bleibt der Prospekt ein Informationsinstrument für potentielle Investoren mit dem Fokus auf wesentlichen Auskünften.

Möglich für Emittenten mit mindestens seit 18 Monaten börsennotierten Aktien

Die Voraussetzungen des Wiederaufbauprospekts sind in dem neu einzuführenden Artikel 14a Prospektverordnung geregelt und ähneln denen der Erleichterungen für Sekundäremissionen. Aufgrund der wegen der bestehenden Börsennotierung bereits herrschenden Kapitalmarkttransparenz ist ein großer Teil des gewöhnlichen Prospektinhalts schon öffentlich zugänglich, beispielsweise die Finanzberichte.

Möglich ist der Wiederaufbauprospekt für Emittenten, deren Aktien seit mindestens 18 Monaten zum Handel an einem geregelten Markt oder einem KMU-Wachstumsmarkt (letzteres nur mit veröffentlichtem Prospekt) zum Handel zugelassen sind und die neue Aktien ausgeben, die mit den börsennotierten Aktien fungibel sind. Der Wiederaufbauprospekt ist nur bei beim Angebot von Aktien möglich. Diese Beschränkung lässt sich damit erklären, dass der Wiederaufbauprospekt nach der Intention der Kommission Emittenten bei der Aufnahme von Eigenkapital unterstützen soll. Sie sollen sich nicht durch die Aufnahme weiteren, in der ersten Phase der Pandemie bereits vergünstigt angebotenen Fremdkapitals verschulden müssen, sondern eine nachhaltige Eigenkapitalquote erreichen können.

Umfang von 30 Seiten mit fünftägiger Billigungsfrist

Der Wiederaufbauprospekt soll für Emittenten leicht erstellbar, für Anleger gut verständlich und für die Aufsichtsbehörden schnell genehmigungsfähig sein.

Um diese Ziele zu erreichen, schlägt die Kommission folgende Anpassungen vor:

  • Einen verkürzten Umfang von maximal 30 Seiten – wobei der Inhalt von Dokumenten, die gemäß Artikel 19 Prospektverordnung per Verweis in den Prospekt aufgenommen werden, nicht mitgezählt wird;
  • eine kürzere Zusammenfassung von zwei statt gewöhnlich sieben Seiten; und
  • eine Verkürzung der Entscheidungsfrist für die Aufsichtsbehörden auf fünf statt zehn Werktage.

Der Inhalt des Wiederaufbauprospekts ist stark reduziert und umfasst etwa die Hälfte des sonst für Sekundäremissionen notwendigen Inhalts. Er beschränkt sich im Wesentlichen auf die Aussichten des Emittenten, wesentliche Veränderungen der Geschäftstätigkeit und der Finanzlage seit dem Ende des letzten Geschäftsjahres, wesentliche Informationen über die Aktien, Gründe für die Emission und ihre Wirkung auf die Kapitalstruktur des Emittenten sowie die Verwendung des Emissionserlöses.

Der Aufbau orientiert sich am neu einzuführenden Annex Va zur Prospektverordnung. Er enthält neun Abschnitte, die die oben genannten Informationen widerspiegeln.

Des Weiteren soll auch der Wiederaufbauprospekt vom sog. Europäischen Pass für Wertpapiere profitieren und einmal gebilligt in allen Mitgliedsstaaten verwendbar sein.

Erweiterung einer Prospektausnahme und Erleichterungen für Finanzintermediäre

Ebenfalls befristet auf 18 Monate soll die Prospektausnahme des Artikel 1 Abs. 4 lit. j Prospektverordnung ausgeweitet werden, um Banken die Mittelaufnahme zu erleichtern. Bei einem aggregierten Gesamtgegenwert der von demselben Kreditinstitut angebotenen Nichtdividendenwerte über einen Zeitraum von 12 Monaten von weniger als EUR 150 Mio. (statt der sonst geltenden EUR 75 Mio.) soll kein Prospekt erforderlich sein.

Daneben schlägt die Kommission endgültige Erleichterungen für Finanzintermediäre im Zusammenhang mit der Hinweispflicht auf Prospektnachträge vor. Der Begriff des zu informierenden Anlegers wird näher definiert und die Informationsfrist auf einen Werktag ausgeweitet. Gleichzeitig soll auch die Widerrufsfrist des Anlegers von zwei auf drei Werktage verlängert werden.

Anpassung der MiFID II und Verbriefungsvorschriften

Neben Änderungen der Prospektverordnung schlägt die Kommission Anpassungen der MiFID II (Richtlinie 2014/65/EU), der Verbriefungsverordnung (Verordnung (EU) 2017/2402) und der sog. CRR (Verordnung (EU) 575/2013) vor.

Im Rahmen der Anpassungen der MiFID II beabsichtigt die Kommission, den Aufwand für beaufsichtigte Institute, geeignete Gegenparteien und professionelle Kunden zu verringern, wobei das Schutzniveau für Kleinanleger erhalten bleiben soll. Dabei sind u.a. Erleichterungen hinsichtlich Informations- und Berichtspflichten sowie das Ablösen papierbasierter Kommunikation durch elektronische Formate vorgesehen.

Durch die Anpassung der Verbriefungsvorschriften in der Verbriefungsverordnung und der CRR soll der Einsatz von Verbriefungen zur finanziellen Erholung Europas erleichtert werden. Dabei soll es Banken durch neue Regelungen hinsichtlich Non-Performing Exposures sowie synthetischen Verbriefungen ermöglicht werden, ihre Kreditvergabe – insbesondere an KMU – auszuweiten.

Tags: MiFID II Verbriefung Wiederaufbauprospekt