28. April 2023
Zinssatz-Swap-Vertrag
Banking & Finance

Zinssatz-Swap-Vertrag nicht nach den Regeln des zinsgesicherten Darlehensvertrages kündbar

Ein Zinssatz-Swap-Vertrag, der den variablen Zins aus einem gleichzeitig abgeschlossenen Darlehensvertrag absichert, kann nicht nach den Regeln des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gekündigt werden.

Ein gemeinnütziger Verband der Freien Wohlfahrtspflege nahm ein Darlehen bei einer VR-Bank auf. Der Zinssatz war variabel und basierte auf dem 3-Monats-EURIBOR. Gleichzeitig wurde ein Zinssatz-Swap-Vertrag zwischen dem Verband und einer weiteren Vertragspartei, der Beklagten, abgeschlossen. Der Zinssatz-Swap-Vertrag hatte eine Laufzeit von weit über zehn Jahren und sicherte darüber hinaus auch noch ein Schweizer-Franken-Währungsrisiko. 

Zinssatz-Swap-Vertrag nicht nach den Regeln des Darlehensvertrages kündbar 

Gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sind Darlehensverträge in jedem Fall nach zehn Jahren mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Die Regelung ist zwingend und darf nicht auf andere Weise beschränkt werden (§ 489 Abs. 4 S. 1 BGB). Diese Regelungen wendet der BGH nicht auf einen gleichzeitig mit dem Darlehensvertrag abgeschlossenen Zinssatz-Swap-Vertrag an. Der klagende Freie Wohlfahrtsverband kann also den Darlehensvertrag kündigen, bleibt aber dennoch an den Zinssatz-Swap-Vertrag gebunden. 

Zu Recht weist der BGH (Urteil v. 14. März 2023 – XI ZR 420/21) darauf hin, dass beide Verträge rechtlich voneinander unabhängig sind und einen unterschiedlichen Inhalt haben. Zudem haben unterschiedliche Vertragsparteien die Verträge abgeschlossen. Die Beklagte, mit der der Zinssatz-Swap-Vertrag abgeschlossen wurde, muss sich nicht auf eine vorzeitige Beendigung einlassen. Tut sie es dennoch, kann sie einen – je nach Marktlage – negativen Marktwert verlangen oder auf Vertragserfüllung beharren. 

Rechtssicherheit über den Einzelfall hinaus

Der BGH nimmt den konkreten Fall zum Anlass, in den Leitsätzen klarzustellen, dass dies grds. für alle Zinssatz-Swap-Verträge gilt. In der Literatur wird daran jedenfalls dann gezweifelt, wenn beide Verträge die gleiche Laufzeit haben, nur das Zinsrisiko aus dem konkreten Darlehensvertrag absichern und auch dieselben Vertragsparteien betroffen sind. In diesen Fällen wird ein „synthetischer“ Festzinssatz kreiert, der den Regelungen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 489 Abs. 4 S. 1 BGB entgegenstehen könnte. Der BGH erwähnt diese Differenzierung aus der Literatur, greift sie aber nicht dergestalt auf, ob solche Fälle in der Zukunft anders zu entscheiden sind. Dies lässt er offen. 

Aus Formulierungen der Urteilsbegründung lässt sich ebenfalls entnehmen, dass der BGH auch in Fällen des § 489 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 BGB nicht anders entscheiden würde. Nach diesen Vorschriften sind Darlehensverträge mit befristeten Sollzinsbindungen oder mit variablen Zinsen zum Ablauf einer Zinsbindungsperiode jedenfalls mit einer Frist von ein oder drei Monaten kündbar. Da es sich im konkreten Fall um eine EURIBOR-basierte Finanzierung handelte, hätte der BGH die direkte oder analoge Anwendung dieser Vorschriften prüfen können. Er formuliert dagegen in den Gründen allgemein, dass § 489 BGB generell auf Zinssatz-Swap-Verträge nicht anwendbar sei. 

Für die Praxis ist damit die Frage entschieden. Im Interesse der Rechtssicherheit ist der Entscheidung ebenso zuzustimmen wie vor dem Hintergrund, dass die zwingende gesetzliche Kündbarkeit von Darlehensverträgen mit variabler Verzinsung im internationalen Vergleich ein Markthemmnis für die deutsche Kreditwirtschaft darstellen kann. Über eine „synthetische“ Festzinsvereinbarung lässt sich dem entgegenwirken. 

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