19. März 2019
Eckpunktepapier EECC/TK-Kodex
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Eckpunktepapier BMWi/BMVI zur Umsetzung des EECC/TK-Kodex

BMWi und BMVI haben – mit gemischter Reaktion der betroffenen Unternehmen – ein Eckpunktepapier zur Umsetzung des EECC/TK-Kodex vorgestellt.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) haben jetzt ein gemeinsames erstes Eckpunktepapier für die anstehende Umsetzung des am 20. Dezember 2018 in Kraft getretenen Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (EECC oder TK-Kodex) in nationales Recht vorgestellt.

Hintergrund: Änderungen des EECC müssen bis Dezember 2020 umgesetzt werden

Der EECC fasst zum einen die bisherigen vier europäischen TK-Richtlinien in ein Dokument zusammen. Zum anderen wird durch ihn die Förderung des Zuganges zu und die Nutzung von sogenannten „Netzen mit sehr hoher Kapazität″ als neues Regulierungsziel eingeführt.

Weiter beinhaltet der EECC auch eine neue und erweiterte Definition des Begriffs des –grundsätzlich regulierbaren – „elektronischen Kommunikationsdienstes″. Hierzu zählen jetzt u.a. auch Dienste wie WhatsApp, iMessage, und Skype. Ebenfalls neu ist, dass Anbieter mit beträchtlicher Marktmacht ihre Regulierung durch Verpflichtungszusagen begrenzen bzw. vermeiden können.

Der EECC muss bis zum 21. Dezember 2020 in nationales Recht umgesetzt werden. Dies wird in Deutschland primär durch eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) geschehen. Die Änderungen werden insbesondere Vorschriften auf den Gebieten der Marktregulierung, der Frequenzpolitik, des Verbraucherschutzes sowie des Universaldienstes betreffen.

Eckpunktepapier des BMWi/BMVI zur Umsetzung des EECC/TK-Kodex

Das jetzt von BMWi und BMVI vorgestellte gemeinsame Eckpunktepapier stellt hierzu erste Vorschläge dar und umreißt – vorwiegend noch in sehr allgemeiner Weise – die aus Sicht der Ministerien bestehenden Schwerpunktthemen der anstehenden TKG-Novelle.

Eine vertiefte Bewertung im Hinblick auf das kommende Gesetzgebungsverfahren ist aufgrund der sehr allgemeinen Natur des Eckpunktepapiers noch nicht möglich. Vielmehr wird vieles davon abhängen, wie sich diese Vorschläge in einem ersten Entwurf für die Gesetzesänderung niederschlagen werden. Nach Äußerungen seitens der Ministerien ist damit im Herbst dieses Jahres zu rechnen.

Verstärkt wird diese Unsicherheit dadurch, dass zu einer Vielzahl von Themen noch Leitlinien des Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) ausstehen. Dies betrifft beispielsweise

  • die Mindestkriterien für Standardangebote;
  • die Eigenschaften, die Netze mit sehr hoher Kapazität aufweisen müssen;
  • die Verwaltung von Nummerierungsressourcen;
  • die Dienstequalität von Internetzugangsdiensten bzw. öffentlich zugänglichen interpersonellen Kommunikationsdiensten sowie
  • die Effektivität öffentlicher Warnsysteme.

Diesen Leitlinien ist dann von den nationalen Regulierungsbehörden weitestgehend Rechnung zu tragen.

Nachfolgend wollen wir aber schon einmal erste Gedanken zu den aufgeworfenen Vorschlägen des Eckpunktepapiers zusammentragen.

Ausweitung oder Entfall der Meldepflicht nach § 6 TKG

In Bezug auf die Meldepflicht nach § 6 TKG wollen die Ministerien prüfen, ob diese entweder beibehalten und dann auch auf sogenannte rufnummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste (wie beispielsweise WhatsApp) ausgeweitet werden oder aber im Sinne eines Bürokratieabbaus ganz entfallen soll.

Die bisherige Resonanz aus den Reihen der Unternehmen hierzu ist gemischt: Diejenigen Unternehmen, die der Meldepflicht jetzt schon unterfallen, tendieren anscheinend eher zu ihrer Beibehaltung, während sich diejenigen, die sie bei einer Ausweitung erstmals treffen würde, sich eher für ihre Abschaffung auszusprechen scheinen.

Planungs- und Informationsinstrumente

Im Hinblick auf Planungs- und Informationsinstrumente haben die Ministerien u.a. angekündigt, den Breitbandatlas jetzt im TKG auch gesetzlich zu verankern.

Marktregulierung

Im Bereich der Marktregulierung müssen insbesondere die im EECC neu vorgesehenen Instrumentarien, wie z.B. die Verlängerung des Geltungszeitraums von Marktanalysen auf 5 Jahre oder das neue „Double-Lock-Veto″ (also das erstmalig bindende Veto der Europäischen Kommission gegen bestimmte geplante Abhilfemaßnahmen des nationalen Regulierers) implementiert werden.

In diesem Zusammenhang wollen die Ministerien prüfen, ob nicht zusätzlich ein sogenanntes „Fast-Track-Verfahren″ geschaffen werden soll. Dadurch soll eine Deregulierung bei Bedarf auch innerhalb des 5-Jahres-Zeitraums möglich sein. Hier wird im Gesetzgebungsverfahren sicherlich abzuwägen sein, ob diese der Flexibilität der Regulierung dienende Maßnahme sich nicht auf der anderen Seite negativ auf die Planungssicherheit der Unternehmen auswirkt und den geplanten Bürokratieabbau konterkariert.

Weiterhin wird in den Eckpunkten auch angesprochen, ob es ebenfalls im Hinblick auf den Abbau von Bürokratie und im Interesse der Verfahrensbeschleunigung sinnvoll sein könnte, einzelne Bereiche der Marktregulierung gesetzlich zu strukturieren. Auch bleibt abzuwarten, wie sich dies im Gesetzesentwurf niederschlagen wird. Manche Unternehmen befürchten hier aber jetzt schon, dass sich dies negativ auf die Unabhängigkeit des nationalen Regulierers auswirken könnte.

Zugang und Zusammenschaltung

Aufgrund der hochkomplexen Natur der relevanten Regelungen des EECC in Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung wird es im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit hier in besonderem Maße darauf ankommen, in welcher Form die Regelungen des EECC in das nationale Recht überführt werden.

Für die betroffenen Unternehmen wird es essentiell sein, dass der Wortlaut der insbesondere im Bereich der Art. 76 (Regulatorische Behandlung neuer Bestandteile von Netzen mit sehr hoher Kapazität) und Art. 79 (Verfahren für Verpflichtungszusagen) neu zu schaffenden Vorschriften die Voraussetzungen und Rechtsfolgen für mögliche Regulierungserleichterungen klar und eindeutig erkennen lässt.

Verbraucherschutz

In Bezug auf den Verbraucherschutz sollen nach der Verlautbarung der Ministerien nur die Bestimmungen des TKG angepasst werden, die von den Regelungen des EECC direkt betroffen sind. Hierdurch soll eine Vollharmonisierung mit einem EU-weit hohem Verbraucherschutzniveau erzielt werden. Dies kann sogar bedeuten, dass Regelungen mit einem strengeren nationalen Schutzniveau entfallen werden.

Frequenzen

Im Bereich der Frequenzregulierung sollen Anpassungen erfolgen, die insbesondere den Mobilfunknetzausbau (einschließlich 5G-Netze) unterstützen und die Effizienz der Frequenznutzung erhöhen.

Die Einrichtung und der Betrieb sogenannter „Small Cells″ (drahtlose Zugangspunkte mit geringer Reichweite) soll vereinfacht und erleichtert werden (Art. 57 EECC). Zusätzlich soll auch die Koordination der Frequenzpolitik der verschiedenen EU-Mitgliedstaaten untereinander verbessert werden.

Wegerechte und Mitnutzung

In Bezug auf Wege- und Mitnutzungsrechte haben die Ministerien u.a. angekündigt, die bestehenden Zugangsvorschriften zu Grundstücken und Gebäuden (§§ 68 ff. TKG) insgesamt zu überprüfen und ggf. zu konsolidieren. Hierdurch sollen verständliche, einfache und ausgewogene Zugangsregelungen zur Förderung des Gigabitausbaus erzielt werden.

Insbesondere wollen die Ministerien untersuchen, ob Änderungen erforderlich sind, um alternative und für die Unternehmen kostengünstigere Verlegetechniken wie das Micro- oder Minitrenching – denen Gemeinden in der Vergangenheit oft kritisch gegenüberstanden–weiter voranzutreiben.

Universaldienst

Die vom EECC in Art. 84 ff. EECC geforderte Modernisierung des Universaldienstes soll entsprechend umgesetzt werden. Hier muss insbesondere allen Verbrauchern zu einem erschwinglichen Preis Zugang zu angemessenen Breitbandinternetzugangs- und zu Sprachkommunikationsdiensten an einem festen Standort gewährt werden.

Die Umsetzung soll voraussichtlich mit dem aus dem Koalitionsvertrag stammenden Anspruch aller Bürger/Bürgerinnen auf schnelles Internet bis 1 Januar 2025 verknüpft werden.

Datenschutz und Sicherheit

Nach Aussage der Ministerien sollen im Bereich von Datenschutz und Datensicherheit vorwiegend Anpassungen an die Rechtslage nach der bereits in Kraft befindlichen Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfolgen.

Organisation, Verfahren und Befugnisse der BNetzA

Die Ministerien haben angekündigt, zum einen das Zwangsgeld zur Durchsetzung der Anordnungen der BNetzA gemäß § 126 TKG von EUR 500.000 auf EUR 10 Mio. zu erhöhen. Zum anderen soll geprüft werden, ob sich die Bußgelder im TKG – wie schon im Kartellrecht – künftig am Jahresumsatz der Unternehmen ausrichten sollen. Dort ist aktuell schon die Auferlegung eines Bußgeldes in Höhe von maximal 10 % des gesamten Konzernumsatzes möglich.

Diese Ankündigung ist bei den relevanten Unternehmen und Verbänden bisher auf starke Kritik und Unverständnis gestoßen. Allgemein wird hierzu geäußert, dass man die bisherigen Normen sowohl in Bezug auf ihre Durchsetzungswirkung, als auch ihre Angemessenheit als ausreichend empfindet.

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