Wir zeigen hier – aus Gründen der Vorsicht – nur eine Wiese ohne Kalb.
Weshalb? Die Kommerzialisierung immaterieller Rechtsgüter ist eine bekannte Zeiterscheinung und als solche auch rechtlich akzeptiert. Der Bundesgerichtshof hatte bereits 1999 in der „Marlene-Dietrich″-Entscheidung festgestellt, dass auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht „dem Schutz nicht nur ideeller, sondern auch kommerzieller Interessen der Persönlichkeit″ diene und dass bei unbefugter Verwendung des Bildnisses, des Namens oder anderer kennzeichnender Persönlichkeitsmerkmale Schadensersatzansprüche entstehen können. Vor diesem Hintergrund sind z.B. Prominente verschiedentlich gegen die Nutzung von Fotos oder Namen zu Werbezwecken vor Gericht gezogen (aktuelle Informationen dazu hier).
Etwas zu weit trieb derartige Kommerzialisierungsbestrebungen eine Bäuerin aus dem Rheinland. Sie erlitt vor dem Amtsgericht Köln (Urteil vom 22.06.2010, 111 C 33/10) indes – wenig überraschend – Schiffbruch mit ihrem Versuch, ein „Recht am eigenen Kalb″ zu etablieren.
Das fragliche Kalb (Alter unbekannt) hört auf den Namen „Anita″ und war durch die Gewebeohrmarke mit der Nummer „DE 05 361 00451″ eindeutig zu identifizieren. Eine Event-Veranstalterin hatte anlässlich eines Bauernhof-Besuches mehrere Fotos von Anita angefertigt. Die Bilder wurden im Rahmen einer Charity-Aktion genutzt, um Geld für die Behandlung eines weiteren Kalbs zu sammeln, das sich den rechten Vorderlauf gebrochen hatte und dem der Schlachthof drohte. Die Eigentümerin von Anita machte nunmehr Schadensersatz in Höhe von 2.000 Euro geltend, weil sie die gewerbliche Nutzung von Fotos ihres Kalbes als Verletzung ihrer Eigentumsrechte betrachtete.
Zu Unrecht, wie das Amtsgericht in seinen fast klausurmäßigen Entscheidungsgründen feststellte: Denn Anita sei durch die Fertigung der Kalbfotos oder deren Verbreitung weder verletzt noch beschädigt worden – „der Fotografiervorgang lässt als Realakt die Verfügungsbefugnis des Eigentümers unberührt″ und „habe keinerlei Auswirkung auf die Sache selbst„. Auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liege nicht vor. Dieses könne zwar betroffen sein, wenn sich durch die Abbildung von Sachen Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Eigentümers ziehen ließen – etwa bei der ungenehmigten Anfertigung und Verbreitung von Fotos eines fremden Hauses – aber:
„Anders als bei Häusern bzw. Wohnungen, wo deren Eigentümer bzw. Besitzer gestaltend tätig wird und sich daraus Rückschlüsse auf dessen Persönlichkeit und dessen Lebensstil schließen lassen, ist dies bei der Fertigung von Fotos eines Rinderkalbs nicht der Fall.″
Anita muss sich also auch weiterhin einiges gefallen lassen. Abzuwarten bleibt, ob bei der regional nicht unüblichen gestaltenden Tätigkeit von Kalbseigentümern eine andere rechtliche Wertung geboten ist.