14. August 2012
Kanzleialltag

Zurück in Shanghai

In loser Folge berichten an dieser Stelle wagemutige Entdeckerinnen und weltreisende Forscher: Unsere Kollegen im Ausland. Nach Impressionen aus Indien, Brasilien, New York und Paris meldet sich Christoph Schröder von unserem Standort Shanghai.

Shanghai, die Zweite: Nach meinem Secondment im Frühjahr 2011 bin ich diesmal für längere Zeit an unserem Standort in China tätig. In der vergangenen Woche habe ich die ersten Vertragsverhandlungen abgeschlossen. Rechtswahl: chinesisches Recht, Streitbeilegung: Shanghai Arbitration Commission, Vertragssprache: Chinesisch/Englisch, aber Chinesisch allein maßgeblich, Gegenseite: ein Taiwanese mit Schulenglischkenntnissen. Also haben wir lieber auf Chinesisch verhandelt, und damit ist der Mietvertrag für unsere Wohnung jetzt unter Dach und Fach.

Aber Vorsicht! Pacta sunt servanda nimmt man in China häufig nicht so ernst. Den Vertragsabschluss betrachtet man bisweilen eher als Durchgangsstadium zu weiteren Verhandlungen. Jedenfalls ist auf die Unterschrift nicht immer Verlass: Der Vermieter bat mich um eine Anzahlung auf die erste Miete, um sicherzustellen, dass ich mir keine bessere Wohnung suche. Ich betonte, dass ich einen Vertrag unterschrieben hätte und daran auch gebunden sei. Er sagte, dann werde er mir vertrauen und es im Übrigen auch unterlassen, die Wohnung anderen anzubieten…

Täglich optimiere ich den Weg zur Arbeit. Unsere Wohnung liegt in Pudong (Ostteil der Stadt), das CMS-Büro in Puxi (Westteil der Stadt). Von der Wohnung zur Metro ist es weit, das Fahrrad noch im Container, das Taxi nach Puxi öfter mal im Stau, und so bleibt im Augenblick nur die Option, das Taxi zur Metro zu nehmen. Die Wagen der nächstgelegenen Metro-Linie 6 sind meist so voll, dass einige Pendler bis zum nächsten Zug stehen bleiben müssen. Deshalb bitte ich die Taxi-Fahrer, mich zur weiter entfernten Metro-Linie 2 zu bringen, wo der Andrang um dieselbe Uhrzeit meist etwas geringer ist. Manche Metro-Stationen haben zwölf oder mehr Zugänge. Inzwischen weiß ich, welche für das Taxi und welche für mich günstig sind… Und so fahre ich dann ohne nennenswerte Wartezeit voll klimatisiert unter dem Fluss hindurch nach Puxi.

Auf der Fahrt lassen sich interessante Beobachtungen machen: Während man in China sonst nicht so sehr damit rechnen darf, dass in der Öffentlichkeit Rücksicht auf Unbekannte genommen wird, sehe ich in der Metro immer wieder Leute, die älteren oder schwer bepackten Menschen, Kindern oder Erwachsenen mit Kindern einen Sitzplatz anbieten.

Der Taifun “Haikui” hat am vergangenen Mittwoch für eine E-Mail an alle Shanghaier CMS-Mitarbeiter gesorgt, nach der es jedem freistand, ins Büro zu gehen oder von zu Hause aus zu arbeiten. Die kleine Gruppe derjenigen, die sich von den teils heftigen Böen und dem horizontal zwischen den Hochhäusern hindurchfegenden Regen nicht hatte abschrecken lassen, beschloss dann allerdings beim gemeinsamen Mittagessen, sicherheitshalber bereits am Nachmittag das Büro wieder zu verlassen.

Shanghai Daily meldet, dass mit dem Taifun nun auch die gute Luft den Raum Shanghai verlassen habe. Zuvor sei die Luftqualität für 21 aufeinanderfolgende Tage als „hervorragend“ einzustufen gewesen – ein Rekord seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahre 1999. Die Vorhersage für diese Woche: 35 bis 36 Grad, schwül. Damit beginnt jetzt business as usual.

Tags: CMS China Haikui Pacta sunt servanda Shanghai Daily