Eigentlich keine Ausnahmesituation: In einem Verfügungsverfahren wird ein gerichtlicher Vergleich geschlossen. Gegenstand des gerichtlichen Vergleichs ist nicht nur eine Unterlassungsverpflichtung, sondern auch eine Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung. Wie wird aber die Unterlassungsverpflichtung vollstreckt, wenn es zum Verstoß kommt?
Ein Prozessvergleich ist gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Vollstreckungstitel. Also kann grundsätzlich auch eine Unterlassungsverpflichtung aus einem Prozessvergleich gemäß § 890 ZPO vollstreckt werden. Wie verhält es sich aber, wenn in dem Prozessvergleich ein Vertragsstrafeversprechen enthalten ist und somit der Vollstreckungstitel also bereits selbst die Sanktionierung regelt?
Freie Wahl des Gläubigers
Diese Frage ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten: Nach einer Auffassung hat der Gläubiger die Wahl, ob er die Zwangsvollstreckung gemäß § 890 ZPO betreibt oder die Vertragsstrafe geltend macht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. Dezember 2011, Az. 2 W 59/11).
Hierzu scheint auch der dritte Zivilsenat des BGH zu neigen (Urteil vom 5. Februar 1998, Az. III ZR 103/97). Der Schuldner könne der Gefahr der doppelten Sanktionierung (also Zwangsvollstreckung über Ordnungsmittel und Geltendmachung der Vertragsstrafe) nur entgehen, indem er entweder in dem gerichtlichen Vergleich keine Vertragsstrafe verspreche oder auf einen ausdrücklichen Verzicht des Gläubigers auf einen Antrag nach § 890 Abs. 2 ZPO bestehe.
Entscheidend ist die Gefahr einer künftigen Zuwiderhandlung
Nach Ansicht des OLG Karlsruhe (Beschluss vom 28. Dezember 2001, Az. 6 W 101/01) kann der Ordnungsmittelantrag gemäß § 890 Abs. 2 ZPO wohl unzulässig sein, wenn nicht neuerliche Umstände die Gefahr künftiger Zuwiderhandlung gegen den Prozessvergleich begründen. Denn mit dem Vertragsstrafeversprechen in dem Prozessvergleich sei an sich die Wiederholungsgefahr beseitigt.
Keine Vollstreckung nach § 890 Abs. 2 ZPO
Nach einer dritten Auffassung führt das Vertragsstrafeversprechen zu einer vollstreckungsbeschränkenden Abrede oder gar einem Verzicht auf das Antragsrecht nach § 890 Abs. 2 ZPO. Denn es könne regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass ein Vertragsstrafeversprechen erklärt wird, wenn der Gläubiger zugleich auch noch die Unterlassungserklärung im Rahmen des Ordnungsmittelverfahrens durchsetzen könnte (OLG Hamm, Beschluss vom 30. Mai 1984, Az. 4 W 73/84).
Dieser Auffassung schließt sich nun auch der 6. Zivilsenat des OLG Frankfurt (Beschluss vom 8. Juli 2013, Az. 6 W 64/13) an. Die vertragsstrafbewehrte Unterlassungserklärung beseitige die Wiederholungsgefahr und habe somit die Funktion, den Unterlassungsgläubiger klaglos zu stellen. Der Unterlassungsschuldner wolle durch die Abgabe der vertragsstrafbewehrten Unterlassungserklärung gerade den Erlass eines gerichtlichen Titels vermeiden.
Selbst wenn Vertragsstrafe und Ordnungsgeld aufeinander angerechnet werden könnten, sei eine Doppelsanktionierung (also Vertragsstrafe plus Ordnungsmittelverfahren) für den Schuldner nachteilig. Denn das Ordnungsmittelverfahren sei ein gesondertes gerichtliches Verfahren, das die Parteien durch Vereinbarung einer Vertragsstrafe gerade umgehen wollten.
Ausnahmsweise aber auch Doppelsanktionierung denkbar
Allerdings hält das OLG Frankfurt wohl auch Abweichungen von diesem Grundsatz für möglich. Denn es weist ausdrücklich darauf hin, dass in dem Streitfall keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass die Parteien abweichend von dem Grundsatz ausnahmsweise eine Doppelsanktionierung vereinbaren wollten.
Was also tun, wenn eine strafbewehrte Unterlassungserklärung Gegenstand eines gerichtlichen Vergleichs ist? Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur sowie der Position des dritten Zivilsenats des BGH empfiehlt sich sicherheitshalber der Verzicht des Gläubigers auf einen Antrag nach § 890 Abs. 2 ZPO in dem Prozessvergleich.
Sperrt sich der Gläubiger hier, bleibt noch das Absehen von einem Vertragsstrafeversprechen. Allerdings ist dann auch regelmäßig die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt, so dass dann der Erlass eines gerichtlichen Titels gegen den Schuldner droht.