20. Januar 2023
Vertragsstrafe Asset Deal
Urheberrecht

Kein Krallenfrosch im Asset Deal

Bei einem Asset Deal ist der Erwerber nicht an ein Vertragsstrafeversprechen des erworbenen Unternehmens gebunden.

Es ist unschön, aber sicherlich nicht ungewöhnlich, wenn der Erwerber* im Rahmen eines Unternehmenskaufs nur unzureichende Schutzrechte erwirbt. Noch unschöner ist es, wenn Schutzrechte innerhalb einer Kette von Unternehmenskäufen nicht ordnungsgemäß geklärt sind und es bereits durch das aufgekaufte Unternehmen zu Verstößen kam.

In diesem Sinne beschäftigte sich das Landgericht Köln (Urteil v. 26 September 2022 – 14 O 225/21) mit der Frage, welche Folgen es hat, wenn der Erwerber eines Unternehmens einen Urheberrechtsverstoß begeht, für den das erworbene Unternehmen bereits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat.

Bild eines Krallenfroschs wird mehrfach unberechtigterweise verwendet

Im Jahr 2007 fertigte der Kläger, ein Biologe, im Rahmen seiner Diplomarbeit an der Universität zu Köln ein Foto eines Krallenfrosch-Embryos an. Das Bild wurde auf einem InsituPro-Gerät erstellt. Dieses automatisierte In-situ-Hybridisierungs- und Immunhistochemie-System war von der Universität zu Köln in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen entwickelt worden. Letzteres Unternehmen wurde in den 2010er Jahren von einem anderen Unternehmen aufgekauft.

Dieses andere Unternehmen warb im Jahr 2014 ohne die Zustimmung des Klägers mit dem Bild des Embryos auf seiner Website und in diversen Marketingbroschüren. Daraufhin wurde es vom Kläger abgemahnt und verpflichtete sich zur Unterlassung sowie zur Zahlung einer Vertragsstrafe im Wiederholungsfall.

Im Mai 2020 kam es zu einem weiteren Unternehmenskauf. So wurde das Unternehmen, das die Unterlassungserklärung abgegeben hatte, seinerseits aufgekauft. Im Rahmen eines Asset Deals übernahm die Beklagte wesentliche Vermögenswerte, u.a. die Geräteproduktion, die Unternehmenswebsite und das automatisierte In-situ-Hybridisierungs- und Immunhistochemie-System InsituPro. Das aufgekaufte Unternehmen wurde vollständig in die Muttergesellschaft der Beklagten aufgenommen.

Gegen Ende 2020 wurde der Kläger auf ein Video aufmerksam, das in die Website der Beklagten eingebettet war. Darin verwendete die Beklagte über einen Zeitraum von rund fünf Sekunden das Bild des Krallenfrosch-Embryos. Der Kläger mahnte die Beklagte daher ab und forderte sie zur Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung des Bildes sowie zur Zahlung der Vertragsstrafe aus der alten Unterlassungserklärung auf. Abgesehen von einer automatischen Empfangsbestätigung reagierte die Beklagte nicht. Im Prozess erkannte die Beklagte den Urheberrechtsverstoß an, weshalb sich das Landgericht nur noch mit der geforderten Vertragsstrafe beschäftigte.

Beklagte wird durch den Asset Deal nicht passivlegitimiert

Nach Argumentation des Klägers werde die Beklagte durch den Unterlassungsvertrag, den das von der Beklagten aufgekaufte Unternehmen unterzeichnet hatte, selbst verpflichtet – die Unterlassungsverpflichtung sei also durch den Unternehmenskauf übergegangen. Dieser Argumentation folgte das Landgericht Köln jedoch nicht. Eine Passivlegitimation der Beklagten sei durch den Asset Deal allein nicht gegeben. 

Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Beklagte mit dem im Unterlassungsvertrag bezeichneten Unternehmen nicht personenidentisch sei. Zwar habe die Beklagte bestimmte Vermögenswerte im Wege eines Asset Deals erworben. Das aufgekaufte Unternehmen war jedoch im Mutterkonzern der Beklagten und nicht in der Beklagten selbst aufgegangen. Darüber hinaus sah das Gericht auch keine Anhaltspunkte für eine Rechtsnachfolge nach den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln. Insbesondere sei keine Gesamtrechtsnachfolge, bspw. im Wege einer Umwandlungsmaßnahme nach dem UmwG, eingetreten.

Kläger konnte nicht pauschal die Vorlage des Unternehmenskaufvertrags fordern

Eine Schuldübernahme nach § 415 BGB war vom Kläger nicht schlüssig vorgetragen worden. Der Kläger hatte zwar beantragt, der Beklagten gem. § 142 ZPO die Vorlage des Unternehmenskaufvertrags anzuordnen. Das Gericht sah jedoch keinen Grund, diesem Antrag nachzukommen, da es an einem schlüssigen und auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrag gefehlt habe. Denn für eine wirksame Schuldübernahme hätte es einer Genehmigung durch den Kläger bedurft. Der Kläger hatte jedoch eine entsprechende Genehmigungsanfrage nicht vorgelegt. Im Unterlassungsvertrag war ebenfalls keine Übertragbarkeit ohne Einverständnis des Klägers vermerkt. Es gab also keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Schuldübernahme. Das Gericht betonte, dass die Anordnung der Vorlegung von Urkunden nach § 142 ZPO nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung erfolgen dürfe.

Eine Firmenfortführung nach § 25 HGB war für das Gericht bereits offensichtlich nicht gegeben. Auch sonst sei kein Rechtsschein der Fortführung des Geschäftsbetriebs durch die Beklagte gesetzt worden.

Unterlassungsverpflichtungen fallen nicht unter § 34 Abs. 3 UrhG

Abschließend setzte sich das Gericht mit der Frage auseinander, ob der Rechtsgedanke des § 34 Abs. 3 UrhG zu einer Passivlegitimierung der Beklagten führen könnte. Gem. § 34 Abs. 3 S. 1 UrhG kann ein Nutzungsrecht ohne Zustimmung des Urhebers übertragen werden, wenn die Übertragung im Rahmen der Veräußerung des gesamten oder von Teilen eines Unternehmens geschieht.

Allerdings sieht die Norm konkret die Übertragung von Nutzungsrechten vor, was das Gegenteil von dem ist, was der Kläger anstrebt. Nach Auffassung des Gerichts könne das Vertragsstrafeversprechen betreffend einer zukünftigen Nichtnutzung nicht als ein Fall der Übertragung von Nutzungsrechten angesehen werden. Da kein vergleichbarer Sachverhalt, sondern gerade ein gegenteiliger Fall vorliege, sei auch keine Analogie möglich.

Außerdem sei der Kläger bei Weitem nicht schutzlos ohne die Anwendung von § 34 Abs. 3 UrhG. Der Asset Deal habe lediglich zur Folge, dass der Kläger keine Vertragsstrafe gegenüber der Beklagten geltend machen kann. Alle weiteren gesetzlichen Urheberschutzrechte stünden ihm immer noch zu. Das gelte auch für den Anspruch auf Ersatz der entstandenen Schäden nach § 97 Abs. 2 UrhG, der aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits war.

Keine Vertragsstrafe, aber dennoch berechtigte Abmahnung

Da das Gericht keinen sonstigen Rechtsgrund für den Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe sah (insbesondere „hafte“ das Unterlassungsversprechen dem streitgegenständlichen Lichtbild nicht „an“), blieb die Klage in dieser Hinsicht unbegründet.

Der Argumentation des Landgerichts Köln ist zuzustimmen. Ohne konkrete Anhaltspunkte, wie etwa eine ausdrückliche Schuldübernahme, kann nicht pauschal von einer Passivlegitimation der Beklagten ausgegangen werden. Ein Asset Deal allein, der sich primär durch den Übergang der Vermögenswerte im Wege einer Einzelrechtsnachfolge auszeichnet, macht das erwerbende Unternehmen nicht per se zur Verpflichteten aus einem Unterlassungsvertrag.

Dennoch zeigt der Fall beispielhaft, wie wichtig es ist, im Rahmen eines Unternehmenskaufs die Schutzrechtslage zu klären. Auch wenn die Beklagte die Vertragsstrafe nicht zahlen musste, so hat sie dennoch unberechtigterweise das Bild des Klägers verwendet. Insofern standen dem Kläger die üblichen urheberrechtlichen Ansprüche, darunter der Unterlassungsanspruch sowie die Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten, zu. Das Gericht beurteilte die Abmahnung ausdrücklich als berechtigt.

Der Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Camille Müller erstellt.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Asset Deal Urheberrecht Vertragsstrafe