27. November 2023
KI Prompt Urheberrecht
Künstliche Intelligenz

Mithilfe Künstlicher Intelligenz plötzlich Urheber?

Kann der Nutzer einer generativen KI aufgrund seiner Ideen und Vorgaben Urheberrechte an den KI-generierten Inhalten beanspruchen?

Jeder weiß heutzutage, wie man mit wenig Aufwand Großes schaffen (lassen) kann: In immer mehr Anwendungen kann Künstliche Intelligenz (KI) genutzt werden, um aus simplen Vorgaben in Sekundenschnelle Texte, Bilder oder Musik zu generieren, kurzum: neuen Content zu schaffen. Zwar entspricht das Ergebnis nicht immer zu einhundert Prozent den gewünschten Vorstellungen, ist aber je nach Formulierung der Vorgaben (des Prompts) in vielen Fällen doch relativ nah dran. 

Nicht wenige KI-Nutzer* werden sich in diesem Zusammenhang bereits die Frage gestellt haben, inwieweit ihnen dann Urheberrechte an diesen Inhalten zustehen können, basieren diese doch auf den eigenen Ideen und Vorgaben und werden von der KI nur noch umgesetzt. Die entscheidende Frage ist, ob das Urheberrecht diese Konstellation für ausreichend hält, um Urheberrechte des Nutzers überhaupt entstehen zu lassen.

Persönliche geistige Schöpfungen als Voraussetzung für urheberrechtlichen Schutz

Die KI selbst kommt als Urheber nicht in Betracht. Gemäß § 7 UrhG ist der Schöpfer des Werkes dessen Urheber (sog. Schöpferprinzip). Das deutsche Urheberrecht verlangt insoweit menschliches Schaffen, da es – noch mehr als auch das EU-Urheberrecht – einem personenenzentrierten Ansatz folgt. Es ist daher naheliegend, einen Blick auf den Nutzer (Prompter) zu werfen, der immerhin die natürliche Person ist, die dem KI-generierten Erzeugnis am nächsten steht. Der Prompter ist derjenige, der die KI nutzt, um eine eigene Idee, beispielsweise von einem Bild, Text oder Musikstück, zu realisieren. Er kann seine Vorstellung in einem kurzen Text skizzieren und je nach Art des Werkes neben gewünschten Motiven und Thematiken auch bestimmte Farbpaletten, Stile, Genres, Techniken oder Klangfarben vorgeben. Doch reicht das bereits aus, um „Schöpfer des Werkes“ und damit Urheber des KI-generierten Inhalts zu sein? 

Grundvoraussetzung für die Erlangung urheberrechtlichen Schutzes ist das Vorliegen eines Werkes im urheberrechtlichen Sinne. Gemäß § 2 Abs. 2 UrhG sind nur solche Werke urheberrechtlich schutzfähig, die „persönliche geistige Schöpfungen“ darstellen. Bei der Auslegung dieser Definition ist der vom EuGH (EuGH, Urteil vom 13. November 2018 – C-310/17, Rn. 33 ff. – Levola Hengelo) entwickelte autonome unionsrechtliche Werkbegriff anzulegen, nach welchem – ähnlich zu der deutschen Definition – nur solche Werke urheberrechtlichen Schutz genießen sollen, die eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers darstellen, die im fertigen Werk zum Ausdruck gebracht wird. Dies erfordert eine gewisse Originalität und Individualität. Um diese Anforderungen zu erfüllen, muss etwas entstehen, das durch menschliche Sinne wahrnehmbar ist und dabei die Persönlichkeit des Schöpfers widerspiegelt sowie Ausdruck seiner freien und kreativen Entscheidungen ist. 

Problem des hinreichenden Ausdrucks der Persönlichkeit in KI-generierter Schöpfung

Gibt man einer KI beispielsweise vor, sie solle ein Bild kreieren, auf dem drei Kühe auf einer grünen Wiese an einem Bergsee stehen, lässt man mit dem KI-generierten Bild etwas entstehen, das durch menschliche Sinne wahrnehmbar ist und dem eine eigene Idee des Prompters zugrunde liegt, die durch die Nutzung der KI manifestiert worden ist. Jedoch schützt das Urheberrecht gerade nicht die bloße abstrakte Idee, sondern deren konkrete und kreative Umsetzung. Zwar legt der Prompter den Rahmen und die Details des von der KI generierten Inhalts fest. Er gibt damit zumindest auf der Vorstufe der finalen Umsetzung einen aktiven und entscheidenden Input und hat noch am ehesten die Möglichkeit, zumindest bis zu einem gewissen Grad auf das Ergebnis einzuwirken. 

Das maßgebliche Ausdrücken der Persönlichkeit des Schöpfers muss aber gerade in der kreativen Phase des Schöpfungsprozesses selbst erfolgen und sich hierdurch auf das fertige Werk auswirken. Der Urheber muss genau diese freien und kreativen Entscheidungen treffen, die letztlich von der abstrakten Idee zum fertigen Produkt führen. Der kreative Schaffungsprozess als solcher, mithin der Teil, in dem die vom Prompter vorgegebenen Ideen und Gedanken zu einem fertigen Bild, Text oder Musikstück werden, findet bei der Nutzung generativer KI aber grundsätzlich ohne jegliche Einflussnahme des Prompters statt. Vielmehr kann nicht einmal der Programmierer einer generativen KI genau sagen, was im Schaffungsprozess des eigenen Programms tatsächlich geschieht. Der Prompter hat also maximal die Kontrolle über die Maschine und die vorgegebenen Rahmenbedingungen, nicht jedoch über den kreativen Prozess als solchen und damit auch keinen hinreichend unmittelbaren Einfluss auf das Resultat. Im Gegenteil: Jedenfalls im aktuellen Entwicklungsstand der KI weiß der Prompter oftmals nicht, wie nah das Ergebnis tatsächlich an seine konkrete im Prompt beschriebene Vorstellung herankommt.

Unterscheidung zwischen unterstützender und generativer KI

Anders liegen die Dinge, wenn der Nutzer die KI lediglich als unterstützendes Werkzeug nutzt, sie also im Rahmen seines eigenen Schaffungsprozesses einsetzt, um beispielsweise bestimmte Maltechniken zu imitieren oder Soundloops zu erstellen. Hätte er das Bild von den drei Kühen selbst gemalt und anschließend durch ein Computerprogramm in den Stil von Monet transformieren lassen, kann man wohl sagen, dass der kreative Teil der Arbeit, nämlich das Malen des Bildes, weiterhin dem Nutzer zugeschrieben werden kann. Während der Nutzer in diesem Fall die Hoheit über den kreativen Prozess hat und daher weiterhin Urheberrechte am Ergebnis beanspruchen kann, gibt er bei der generativen KI lediglich die Rahmenbedingungen vor, anhand derer die KI anschließend autonom, d.h. ohne Zutun des Nutzers, die gewünschten Inhalte erstellt. 

Insoweit kann man den Nutzer generativer KI auch mit einem Besteller vergleichen: Wer in der analogen Welt einen Künstler beauftragt, kann ebenfalls sämtliche Parameter des gewünschten Werkes vorgeben. Doch egal, wie detailliert diese auch sein mögen, das Urheberrecht am fertigen Erzeugnis verbleibt grundsätzlich beim schaffenden Künstler, da dieser am Ende derjenige ist, der in dem Werk seine freien und kreativen Entscheidungen und damit seine Persönlichkeit ausgedrückt hat.

Schutzfähigkeit des Prompts

Verneint man mangels hinreichenden Ausdrucks der Persönlichkeit die Schutzfähigkeit KI-generierter Schöpfungen, schließt sich denknotwendig die Frage nach der Schutzfähigkeit des Prompts an. Das ist der Text, mit dem der Prompter die Rahmenbedingungen und Details vorgibt, auf deren Basis die KI anschließend die gewünschten Inhalte kreieren soll.

Insoweit kommt es auf mehrere Dinge an. Zwar sind Texte nicht selten urheberrechtlich schutzfähig, sie müssen hierfür jedoch eine gewisse Schöpfungshöhe erreichen. Dies ist die individuelle Komponente, die ein schutzfähiges Werk von etwas Alltäglichem ohne besonderen schöpferischen Wert unterscheidet. Diese Schwelle ist insbesondere bei Sprachwerken i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, zu denen auch Schriftwerke wie Texte zählen, durch den sog. „Schutz der kleinen Münze“ eher niedrig angesetzt und kommt daher auch schon für kurze Texte in Betracht. Allerdings muss das Geschriebene zumindest ein Minimum an künstlerischer Gestaltungsfreiheit aufweisen und darf nicht durch technische Erwägungen, Regeln oder Zwänge bestimmt werden.

Bei vielen Prompts dürfte es an diesen Voraussetzungen bereits scheitern. In den meisten Fällen beschreibt der Prompter in kurzen Worten, welchen Inhalt er sich vorstellt. Dem oben angeführten Beispiel mit den drei Kühen auf einer Bergwiese kann wohl kaum eine hinreichende künstlerische Gestaltung zugesprochen werden, handelt es sich hierbei doch lediglich um eine nüchterne alltägliche Beschreibung. Je einfacher der Prompt formuliert und strukturiert ist, desto mehr überwiegt das Interesse der Allgemeinheit, alltägliche Beschreibungen von urheberrechtlichem Schutz freizuhalten. 

Hinzukommt, dass Prompts oft primär dem Zweck dienen sollen, der KI möglichst detaillierte Vorgaben zu machen, um ein bestimmtes Ergebnis zu erhalten. Hierfür muss der Prompt also so formuliert sein, dass die KI damit möglichst genau arbeiten und die gewünschten Inhalte generieren kann. In solchen Fällen, in denen vorrangig ein Gebrauchszweck bedient wird, muss das Schriftwerk jedoch das Alltägliche, Handwerksmäßige und mechanisch-technisch Notwendige deutlich überragen, um eine Schöpfungshöhe und damit eine Urheberrechtsschutzfähigkeit bejahen zu können (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991 – I ZR 147/89, Rn. 30 – Bedienungsanleitung). Solange ein Prompt also nicht eine besondere Kreativität und Komplexität aufweist, kann ein urheberrechtlicher Schutz nur schwer bejaht werden.

In bestimmten Fällen kann diese Hürde aber überschritten sein, sodass eine Schutzfähigkeit des Prompts durchaus in Betracht gezogen werden kann. Formuliert der Prompter beispielsweise die fünfzigseitige Story-Line eines Romans, in der die wesentliche Handlung der Geschichte zusammengefasst wird, kann in dieser Darstellung bereits eine hinreichende Originalität und Individualität liegen, wenn der Prompter seine freien und kreativen Entscheidungen zum Ausdruck gebracht und sich nicht nur oberflächlich auf in Romanen übliche Muster beschränkt hat. Einer Schutzfähigkeit steht hier auch nicht der Gebrauchszweck des Prompts entgegen. 

Während es im obigen Beispiel darauf ankam, durch die KI ein bestimmtes Ergebnis generieren zu lassen, beispielsweise ein Bild, das der Prompter im Kopf hat und das er so beschreiben muss, dass es von der KI möglichst genau abgebildet werden kann, kommt es demjenigen, der die Story-Line formuliert hat, gerade nicht darauf an, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Die KI soll in diesem Fall nicht etwas generieren, was der Prompter bereits detailliert im Kopf hat, sondern dient vielmehr dazu, seine niedergeschriebene Grundlage der Geschichte ausschmücken und ausformulieren. Jedenfalls dürfte das Alltägliche, Handwerksmäßige und mechanisch-technisch Notwendige bei solch einer Story-Line auch deutlich überragt sein, sodass eine Schöpfungshöhe bejaht werden kann.

Urheberschaft am KI-generierten Inhalt aufgrund eines schutzfähigen Prompts?

Dies führt wiederum zurück zu der Frage, ob nicht zumindest in (Ausnahme-)Fällen eines schutzfähigen Prompts doch auch Urheberrechte des Prompters an der hieraus generierten KI-Schöpfung in Betracht kommen können. Zwar wird diesem Gedanken wohl entgegenzuhalten sein, dass der Prompter bei der Nutzung generativer KI selbst noch immer keinen unmittelbaren Einfluss auf die kreative Phase der finalen Schöpfung hat. Betrachtet man aber das Roman-Beispiel, spricht doch einiges dafür, in Einzelfällen zumindest über teilweise Rechte des Prompters nachzudenken, immerhin wird sein schutzfähiges Werk durch die KI lediglich weiterentwickelt und beide Schöpfungen würden in die Kategorie der Sprachwerke fallen. 

Natürlich können sich diese Rechte allenfalls auf die wesentlichen Darstellungen erstrecken, die der Prompter vollumfänglich in der Story-Line zusammengefasst hat. Kopiert ein Dritter eine Seite aus dem Roman, die keine wesentlichen Darstellungen der Geschichte enthält, sondern auf Ausschmückungen durch die KI zurückgeht, kann insoweit mangels entsprechender Schutzfähigkeit keinesfalls eine Urheberrechtsverletzung vorliegen. Man müsste das KI-generierte Werk mithin in schutzfähige und gemeinfreie Teile aufteilen.

Urheberrechte des Nutzers einer generativen KI nur in seltensten Fällen

Zusammenfassend kann man wohl sagen, dass zumindest in den meisten Fällen, in denen generative KI heute eingesetzt wird, eine Urheberschaft des Nutzers an KI-generierten Inhalten oder dem Prompt allein schon mangels jeweiliger Schutzfähigkeit abzulehnen sein dürfte. Jedoch bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel, sodass ab einer gewissen Schöpfungshöhe zumindest eine Urheberschaft am Prompt in Betracht kommt und in Einzelfällen sogar über teilweise Rechte an der KI-Schöpfung zumindest nachgedacht werden kann.

Mit Blick auf den rasanten Anstieg der Entwicklung und Nutzung generativer KI und der von ihr generierten Inhalte bleibt daher nicht nur abzuwarten, in welchem Umfang insbesondere der europäische Gesetzgeber auf diese Entwicklungen reagieren wird, sondern auch, wie die Frage möglicher Urheberrechte im Zusammenhang mit KI-generierten Schöpfungen von den Gerichten bewertet wird, sollte ein solcher Fall zur Entscheidung kommen. 

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*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: künstliche Intelligenz Prompt Urheberrecht