4. Oktober 2013
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Induktives Laden als produkthaftungsrechtliche Herausforderung?

Das induktive Laden von Elektrofahrzeugen, also die Möglichkeit, von Kabeln losgelöst, sozusagen auf dem Weg, die Antriebsbatterie schnell wieder aufzuladen, ermöglicht große Reichweiten bei vergleichsweise wenig Platz für die Batterie. Insbesondere im ÖPNV wird ein mögliches Anwendungsfeld gesehen. Worauf ist dabei unter produkthaftungsrechtlichen Gesichtspunkten zu achten?

Neue Produkte sind unter produkthaftungsrechtlichen Gesichtspunkten regelmäßig eine Herausforderung. Dass ein Produkt sicher gefertigt und auf eventuelle Risiken bei der Nutzung hingewiesen werden muss, versteht sich von selbst. Das Ladesystem muss vor allem aber, wie andere Produkte auch, natürlich so konstruiert werden, dass ein sicherer Gebrauch ohne Gefährdung von Personen und Sachen sichergestellt ist (Konstruktionsverantwortung).

Nichts Besonderes also? Im Prinzip nicht, aber je neuer eine Technologie, desto weniger Erfahrungswerte können bei der Konstruktion herangezogen werden. Es heißt also bei der Ermittlung des vorhersehbaren (Fehl-)Gebrauchs vorausschauend und durchaus kreativ zu denken und auch ungewöhnliche, aber vorstellbare Verhaltensweisen zu erwägen. Hersteller können sich nicht auf das Prinzip „Trial and Error″ verlassen.

Die Anforderungen in Deutschland gehen dabei nicht so weit, dass Vorkehrungen gegen alle auch noch so abstrusen Handlungen der Nutzer oder Dritter zu treffen wären. Es dürfte aber nicht abwegig sein, bei Technologien, die – wie die Induktionsladetechnik – die Verwendung eines starken Magnetfeldes vorsehen, zur Ermittlung der konstruktiv notwendigen Sicherheitsmaßnahmen Fragen zu stellen wie:

  • Ist sichergestellt, dass der Ladevorgang wirklich nur ausgelöst wird, wenn das zu ladende Elektrofahrzeug, nicht aber ein anderer Gegenstand oder gar ein Mensch auf der Induktionsschleife steht?
  • Gibt es Risiken für Personen mit Herzschrittmachern, die sich der Ladeeinheit nähern oder sich im Fahrzeug unmittelbar oberhalb der Ladeeinheit befinden?
  • Bestehen Wechselwirkungen mit anderen elektronischen Geräten?
  • Wurden Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass im Bereich von Haltestellen, wo die Ladevorgänge regelmäßig stattfinden werden, Personen (z.B. Kinder) mit Gegenständen unter das Fahrzeug in den Bereich der Ladestelle greifen oder gelangen können?
  • Was passiert im Hinblick auf die Sicherheit, wenn die induktive Ladung bei feuchter Witterung zum Einsatz kommt?
  • Welche Gefahren können bei einer mutwilligen Beschädigung oder gar Sabotage aus dann unter Umständen offen liegenden Induktionsspulen entstehen?

Die Liste der Fragen könnte noch weiter geführt werden. So abwegig die eine oder andere auch anmutet, diese Art der Fragen muss sich jeder Konstrukteur stellen. Warnungen zu Gefahren reichen dabei dann nicht aus, wenn konstruktive Maßnahmen möglich und zumutbar sind. Und auch dann, wenn der Hersteller ein konstruktiv sicheres Produkt hergestellt und auf dennoch nicht vermeidbare Risiken hinweist, endet seine Verantwortlichkeit noch nicht.

Das Produkt muss auch nach dem Inverkehrbringen auf sein Marktverhalten und etwaige Wechselwirkungen beobachtet und gegebenenfalls notwendige Maßnahmen bis hin zum Produktrückruf ergriffen werden (Produktbeobachtungspflicht). Dies gilt insbesondere bei einer neuen Technologie wie dem induktiven Laden, die sich – auch wenn bereits einige Pilotprojekte existieren – noch lange in einer Art „Testphase″ befinden wird.

Es bleibt festzuhalten: Induktives Laden wird zweifellos nicht nur technologisch, sondern auch (produkthaftungs-)rechtlich ein spannendes Thema bleiben.

Tags: E-Mobilität Elektrofahrzeuge Induktionsladetechnik Konstruktionsverantwortung neue Technologien Produktbeobachtungspflicht Produkthaftung Sicherheitsmaßnahmen