Die Werbung mit Herstellergarantien hält diverse Fallstricke bereit. Wir zeigen, was der Hersteller bei Garantieversprechen zu beachten hat.
Den Hinweis auf eine Herstellergarantie auf einer Verpackung kennt jeder Verbraucher. Oft steht da nur sichtbar hervorgehoben so etwas wie „X Jahre Garantie“. Ähnliche Hinweise finden sich im POS oft auch auf Flyern, auf Werbebannern und natürlich im Internet in Online-Shops.
Das OLG Frankfurt a.M. hatte bereits aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu beurteilen, ob die Werbung mit einer Garantie zu beanstanden sei (Urteil v. 11. Januar 2018 – 6 U 150/17). In dem entschiedenen Fall befand sich auf einer Produktverpackung ein Hinweis auf eine Herstellergarantie mit dem Aufdruck „3 Jahre Garantie“.
Wer jedoch so wirbt, hat auch zivilrechtlich einiges zu beachten. Denn bei einem scheinbar so einfachen Hinweis kann man einiges falsch machen.
Wie eine Herstellergarantie rechtlich „funktioniert“
Zweck einer solchen Garantie ist ja, dass der Käufer (meist ein Verbraucher) eigene Ansprüche gegen den Hersteller stellen kann, wenn das gekaufte Produkt innerhalb der Garantiezeit einen Mangel aufweist. Das hat für den Käufer meist mehrere Vorteile:
- Er hat es mit einem wirtschaftlich potenten Schuldner zu tun, muss sich also nicht ggf. mit einem „kleinen Krauter“, bei dem er das Produkt gekauft hat, herumschlagen. Unter Umständen ist der Händler längst pleite, wenn das gekaufte Produkt kaputt geht.
- Die Garantiezeit ist oft länger als die gesetzliche Gewährleistung von zwei Jahren.
- Der Mangel muss nicht schon bei Übergabe vorhanden sein (was der Käufer nach sechs Monaten auch beweisen muss!), es genügt, wenn er irgendwann während der Garantiezeit auftritt.
Aber wie entsteht überhaupt das Rechtsverhältnis zwischen dem Käufer und dem Hersteller? Die schließen ja keinen Vertrag, oder? Der Käufer kauft das Produkt ja in der Regel beim Händler, es sei denn er bestellt es direkt im Online-Shop des Herstellers (diese Konstellation soll hier nicht beleuchtet werden).
In der Regel setzt eine solche Herstellergarantie jedoch tatsächlich den Abschluss eines Vertrages zwischen Hersteller und Käufer voraus, den sog. Garantievertrag. Dieser kommt durch das Angebot des Garantiegebers und eine konkludente Annahme des Käufers zustande, wobei die Annahmeerklärung nach § 151 BGB dem Garantiegeber nicht zugehen muss.
In der Praxis kennt der Verbraucher Herstellergarantien vom Neuwagenkauf. Dort befindet sich bei den Fahrzeugunterlagen meist die Garantiekarte des Herstellers. Das ist rechtlich das Angebot zum Abschluss des Garantievertrages.
Die Karte wird dem Käufer vom Autohändler übergeben. Der Autohändler fungiert dabei meist nur als „Bote“ des Herstellers. Der Käufer nimmt die Garantiekarte entgegen, stimmt damit konkludent dem Angebot zu. Diese Zustimmung muss, obwohl eigentlich eine „empfangsbedürftige Willenserklärung“, nach § 151 BGB nicht beim Hersteller ankommen. Der Garantievertrag ist damit abgeschossen. Was das im Einzelnen bedeutet, steht dann in den Garantiebedingungen auf der Garantiekarte.
In den hier beleuchteten Fällen, wie zum Beispiel den des OLG Frankfurt a.M., werden aber keine Unterlagen übergeben. Der Hinweis auf die Garantie steht erst einmal nur auf der Verpackung. Wie kommt denn dann der Garantievertrag zustande?
Was passiert, wenn ein Hersteller auf der Verpackung mit einer Garantie wirbt
Wirbt der Hersteller mit seiner Garantie nur auf der Verpackung, kommt § 443 BGB ins Spiel. Danach genügt es, wenn
in einer Erklärung oder einschlägigen Werbung, die vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbar ist,
der Hersteller die Verpflichtung eingeht, den Kaufpreis zu erstatten, die Sache auszutauschen oder zu reparieren (oder sonst was zu tun), wenn die Kaufsache bestimmte Anforderungen nicht erfüllt, damit dem Käufer „im Garantiefall“ die versprochenen Rechte zustehen.
Auch in diesen Fällen verlangt die herrschende Meinung, dass ein Garantievertrag abgeschlossen wird (Bamberger/Roth/Faust, BeckOK BGB, 46. Auflage, § 443 Rn. 19; Münchener Kommentar-Westermann, BGB, 7. Auflage § 443 Rn. 6). Nur eine Mindermeinung hält den Anspruch aus § 443 BGB hingegen für einen gesetzlichen Anspruch, der lediglich das Bestehen einer einschlägigen Werbung und den Abschluss eines Kaufvertrages über das betreffende Produkt voraussetzt (vgl. BGB jurisPK-Pammler, § 443 Rn. 33 f.; OLG Frankfurt, OLGR 2009, 669; OLG Hamm, Urteil v. 16. Dezember 2008 – 4 U 173/08).
Nach der herrschenden Meinung setzt ein Garantieanspruch Folgendes voraus:
- Zunächst muss es zum Abschluss eines Kaufvertrages kommen. Zwar handelt es sich bei der Herstellergarantie um einen separaten (Garantie-)Vertrag. Ohne Kaufvertrag läuft die Garantie aber natürlich leer.
- Der Garantiegeber muss eine Garantieerklärung abgeben. Hierbei handelt es sich um eine Willenserklärung, in der der Garantiegeber in bindender Weise die Gewähr für eine bestimmte Beschaffenheit oder Haltbarkeit des Produkts übernimmt. Die Garantieerklärung bedarf also eines sog. „Rechtsbindungswillens“. Sie ist einerseits von der bloßen Anpreisung der Eigenschaften eines Produkts, andererseits von der bloßen Werbung mit der Ankündigung einer (künftigen) Garantie zu unterscheiden.
- Die Garantie muss einen Garantieinhalt haben. Dieser muss nicht ausdrücklich irgendwo geschrieben stehen, er kann sich auch durch Auslegung ergeben.
Hier drohen nun böse Überraschungen für manchen Hersteller, der sich über seine Werbung mit einer Garantie nicht groß Gedanken gemacht hat. Denn enthält die Garantieerklärung keine näheren Angaben zu den garantierten Eigenschaften und zu sonstigen Bedingungen, führt die Auslegung ggf. dazu, dass bei einer Herstellergarantie im Zweifel ohne Einschränkung für alle Sachmängel gehaftet werden soll, die auf der Herstellung beruhen (z.B. nicht für Transportschäden) (OLG Frankfurt, Urteil v. 8. Juli 2009 – 4 U 85/08; Palandt/Weidenkaff, § 443 BGB, Rdnr. 89).
Was bei der Werbung mit Herstellergarantie beachtet werden muss
An eine Garantie gegenüber Verbrauchern stellt das Gesetz bestimmte Anforderungen. Nach § 479 BGB muss die Garantieerklärung einfach und verständlich formuliert sein. Sie muss ferner folgende Pflichtangaben erhalten:
- Den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden;
- Den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben die zur Geltendmachung erforderlich sind, insbesondere Dauer und räumlicher Geltungsbereich des Schutzes, sowie Name und Anschrift des Garantiegebers.
Erfüllt die Garantieerklärung diese Anforderungen nicht, ist sie aber deshalb nicht unwirksam (§ 479 Abs. 3 BGB). Der Hersteller hat dann doppelt Pech: Zivilrechtlich führt die schlagwortartig beworbene Garantie (z.B. Aufdruck „3 Jahre Garantie“ auf der Verpackung) zu einem umfassenden Garantieschutz ohne Einschränkungen. Zugleich begeht der Hersteller jedoch einen Wettbewerbsverstoß, wie das OLG Frankfurt a.M. in der Entscheidung, über die wir berichtet hatten (Urteil v. 11. Januar 2018 – 6 U 150/17), entschieden hat. Dem Verbraucher werden wesentliche Informationen vorenthalten. Das ist ein Fall der Irreführung durch Unterlassen nach § 5 a Abs. 2 UWG. Diese Anforderungen sind bei Gestaltung einer Verpackung, die gängigen Marketinganforderungen entsprechen soll, schon aus Platzgründen oft nicht so leicht zu erfüllen.
Will der Hersteller, wie meist, die Rechte des Kunden aus der Garantie einschränken, indem er beispielsweise territoriale Beschränkungen vorsehen, die Garantie nur auf bestimmte Teile des Produkts beschränken, bestimmte Arten von Mängeln ganz ausschließen oder die Geltendmachung der Garantie von Bedingungen (z.B. Vorlage des Kaufbelegs) abhängig machen will, kann er das in der Regel nur in mehr oder weniger ausführlichen Garantiebedingungen tun. Da sich der vollständige Abdruck der Garantiebedingungen in gut sichtbarer Form auf der Verpackung meist aus graphischen Gründen verbietet, werden Garantiebedingungen oft in die Packung gelegt. Oder man verweist auf der Verpackung auf die Website des Herstellers.
Hier lauert nun der zweite Fallstrick: Solche Garantiebedingungen müssen nach § 305 BGB wirksam einbezogen werden. Denn sie sind die AGB des Garantievertrages. Eine wirksame Einbeziehung kann aber leicht an § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB scheitern, weil dem Kunden nicht in zumutbarer Weise vor oder bei Abschluss des Garantievertrages die Möglichkeit verschafft wird, von den Garantiebedingungen Kenntnis zu nehmen. Dem Kunden muss zugleich mit dem Vertragsangebot die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme von den Garantiebedingungen verschafft werden (Ulmer/Brandtner/Hensen, AGB-Recht, 12. Auflage, § 305 Rn. 156). Der Garantievertrag kommt aber in dem Moment zustande, in dem der Kunde das Produkt kauft und von dem Aufdruck „3 Jahre Garantie“ Kenntnis genommen hat. In die Verpackung hat er zu diesem Zeitpunkt meist noch nicht geschaut. Dies gilt beim Kauf im Laden erst recht für die Garantiebedingungen, die sich nur auf der Website des Herstellers befinden.
Der Garantievertrag kommt dann oft ohne die Beschränkungen in den Garantiebedingungen zustande. Und auch hierin kann wieder ein Wettbewerbsverstoß liegen, weil der Käufer durch die (nicht wirksam einbezogenen) Garantiebedingungen davon abgehalten werden könnte, seine bestehenden Garantieansprüche durchzusetzen.
Risikovermeidung: Rechtsbindungswillen erkennbar entfallen lassen
Die entscheidende Weichenstellung findet bei der Frage statt, ob die entsprechende Werbeaussage oder sonstige Erklärung des potentiellen Garantiegebers als Garantieerklärung im Sinne von § 443 BGB angesehen werden kann oder eine bloße Werbung mit einer künftigen Garantie darstellt. In letzterem Fall entsteht nach herrschender Meinung noch keine Verpflichtung des (künftigen) Garantiegebers. Daher sind insbesondere die Pflichtangaben nach § 479 BGB nicht erforderlich. Diese müssen nach herrschender Meinung nicht schon in einer Werbung mit einer (künftigen) Garantie, sondern nur in einer „echten“ Garantieerklärung nach § 443 BGB enthalten sein (BGH, Urteil v. 5. Dezember 2012 – I ZR 88/11; BGH, Urteil v. 14. April 2011 – I ZR 133/09; OLG Hamburg, Urteil v. 26. November 2009 – 3 U 23/09; KG Berlin, Urteil v. 1. April 2009 – 24 U 133/08; KG Berlin, Urteil v. 2. November 2007 – 5 W 306/07).
Ist eine Werbeaussage also so formuliert, dass sich daraus kein Rechtsbindungswille (gerichtet auf Übernahme einer Gewähr für die Beschaffenheit oder Haltbarkeit eines Produkts) ergibt, müssen auch die Pflichtangaben nach § 479 BGB nicht gemacht werden. Auch die Frage der Einbeziehung von Garantiebedingungen stellt sich dann nicht. Die obigen Risiken können dann vermieden werden.
Aber wie bekommt man das hin, wenn doch schon der Aufdruck „3 Jahre Garantie“ als Garantieerklärung verstanden werden kann? Das ist eine Frage der Auslegung. Die Rechtsprechung stellt teilweise darauf ab, ob sich die Erklärung des Werbenden als bloße „invitatio ad offerendum“ darstellt. Dann soll es sich um eine bloße Bewerbung einer (künftigen) Garantie, aber nicht schon um eine wirksame Garantieerklärung handeln. Dies ist häufig bei Garantiehinweisen im Internet (in Online-Shops) der Fall (vgl. BGH, Urteil v. 5. Dezember 2012 – I ZR 88/11).
Außerhalb des Internets sollte der Werbehinweis m. E. so knapp wie möglich formuliert sein; denn je mehr die Ausgestaltung der Garantie in der Werbung wiedergegeben wird, desto mehr kann man sie als verbindliche Garantieerklärung verstehen. Ferner müsste mit der (plakativen) Werbung mit der Herstellergarantie ein deutlich sichtbarer Hinweis darauf verbunden werden, dass diese Garantie nur zu den (z.B. in der Verpackung) wiedergegebenen Garantiebedingungen gewährt werden soll. Dann versteht der Verbraucher schon beim ersten Blick auf die Garantiewerbung, dass er noch das „Kleingedruckte“ lesen muss.
Ist man sich je nach Gestaltung des Werbeaufdrucks nicht sicher, ob nicht doch der Garantievertrag schon durch das bloße Lesen des Werbeaufdrucks (und anschließenden Kauf) zustande kommt, sollte man zur Reduzierung von Abmahnrisiken allerdings die Pflichtangaben nach § 479 BGB (Bestehenbleiben der gesetzlichen Rechte, Dauer und räumlicher Gestaltungsbereich des Garantieschutzes, Name und Anschrift des Garantiegebers) gut sichtbar auf der Verpackung/dem Produkt aufbringen.
Einen erheblich sichereren Weg bietet die „Registrierung“: Manche Hersteller gewähren die Herstellergarantie nur unter der Voraussetzung, dass der Käufer sich und das Produkt beim Hersteller „registriert“. Dies erfolgt heutzutage regelmäßig über eine entsprechende Registrierung auf der Website des Herstellers. Der Käufer muss diese also aufsuchen und dort die geforderten Angaben (meist über seine Person und das gekaufte Produkt) eingeben. Dies hat den Vorteil, dass man vor Abschluss des Registrierungsvorgangs die ausdrückliche Zustimmung des Käufers zu den Garantiebedingungen fordern kann, z.B. durch Anklicken eines entsprechenden Feldes. Theoretisch denkbar, wenn auch nicht mehr ganz zeitgemäß, dürfte ferner auch eine „analoge“ Registrierung sein, etwa durch Ausfüllen einer entsprechenden Garantiekarte, die der Käufer dann an den Hersteller schickt oder beim Händler abgibt.