1. Juni 2022
EUStA Europäische Staatsanwaltschaft
Compliance

Ein Jahr Europäische Staatsanwaltschaft

Die Gründung der Europäischen Staatsanwaltschaft und ihre bisherige Arbeit sind ein Meilenstein im Kampf gegen Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU.

Heute vor einem Jahr, am 1. Juni 2021, hat die in Luxemburg angesiedelte Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA, englisch European Public Prosecutor’s Office [EPPO]) ihre operative Arbeit aufgenommen. Als erste unabhängige und zentrale Staatsanwaltschaft der EU ist sie für die strafrechtliche Untersuchung und Verfolgung sowie die Anklage von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU zuständig (Korruption, Straftaten gegen den EU-Haushalt, grenzüberschreitender Mehrwertsteuerbetrug etc.). 

EUStA-VO und deutsches EUStAG 

Die EUStA wurde im Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit durch die Verordnung (EU) 2017/1939 (EUStA-VO) gegründet. Die EUStA-VO regelt insbesondere den Aufbau, die Zuständigkeit und das Verfahren der EUStA. Zudem gilt in Deutschland nunmehr das EUStAG, welches das europäische Recht mit dem deutschen Recht harmonisiert.

Teilnehmende Länder 

Neben Deutschland nehmen 21 weitere EU-Länder teil: Belgien, Bulgarien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Zypern. 

Zentrale Dienststelle der EUStA in Luxemburg

Als zentrale Behörde wird die EUStA außerhalb der bestehenden EU-Einrichtungen in allen teilnehmenden EU-Ländern tätig. Sie soll die europäische und die nationale Strafverfolgung in den teilnehmenden Mitgliedstaaten in einer reibungslosen und effizienten Zusammenarbeit zusammenführen. Die EUStA ist mit einer zentralen und einer nationalen Ebene zweistufig aufgebaut. 

Die zentrale Ebene besteht aus der zentralen Dienststelle auf EU-Ebene, angesiedelt in Luxemburg. Sie wird durch die Europäische Generalstaatsanwältin, die Rumänin Laura Codruta Kövesi geleitet, deren Amtszeit sieben Jahre beträgt (ohne Verlängerungsmöglichkeit). Aus Deutschland kommt der stellvertretende Europäische Generalstaatsanwalt Andrés Ritter. Der zentralen Ebene gehört daneben das Kollegium der Europäischen Staatsanwälte* an. Es ist für die allgemeine Aufsicht zuständig und entscheidet über strategische Fragen und allgemeine Angelegenheiten, die sich aus Einzelfällen ergeben, mit dem Ziel, die Kohärenz, Effizienz und Einheitlichkeit bei der Strafverfolgungspolitik der EUStA in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten sicherzustellen. Jeder teilnehmende Mitgliedstaat stellt einen Europäischen Staatsanwalt. Die Europäischen Staatsanwälte und der Europäische Generalstaatsanwalt bilden zusammen das Kollegium. 

EUStA mit Kompetenzen der nationalen Staatsanwälte ausgestattet

Auf nationaler Ebene übernehmen die delegierten Europäischen Staatsanwälte die eigentliche Ermittlungsarbeit und haben die Aufgaben und Kompetenzen der nationalen Staatsanwälte, soweit die Verordnung nichts anderes vorsieht. Die Delegierten Europäischen Staatsanwälte arbeiten unabhängig von ihren nationalen Behörden, sind jedoch gegenüber den Ständigen Kammern weisungsgebunden. In Deutschland gibt es elf Delegierte Europäische Staatsanwälte in Berlin, Frankfurt a.M., Hamburg, Köln und München.

Die auf nationaler Ebene zudem bestehenden Ständigen Kammern sind mit je zwei Europäischen Staatsanwälten unter der Leitung des Europäischen Generalstaatsanwaltes, seinen Stellvertretern oder eines Europäischen Staatsanwaltes besetzt. Zentrale Aufgabe der Ständigen Kammern ist es, die auf nationaler Ebene von den Delegierten Europäischen Staatsanwälten geführten Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen zu leiten und zu überwachen. Dafür sind sie mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet und befugt, über die Anklageerhebung, den Fortgang oder die Einstellung eines Verfahrens zu entscheiden. Daneben können die Ständigen Kammern die Delegierten Europäischen Staatsanwälte anweisen, eine Ermittlung einzuleiten oder ein bereits durch die nationalen Strafverfolgungsbehörden eröffnetes Ermittlungsverfahren an sich zu ziehen.

Zuständigkeit der EUStA

Sofern in sachlicher sowie territorialer oder personeller Hinsicht die Zuständigkeit der EUStA gegeben ist und keinen Beschränkungen unterliegt, kann die EUStA ihre Zuständigkeit durch die Einleitung des Ermittlungsverfahrens oder durch Geltendmachung ihres Evokationsrechts begründen. Die nationalen Behörden unterlassen eigene Untersuchungen desselben Falles. 

Organe und Einrichtungen der EU sowie die zuständigen Behörden der 22 beigetretenen Mitgliedstaaten müssen der EUStA jedes gegen den EU-Haushalt gerichtete kriminelle Verhalten melden. Auch Einzelpersonen können mutmaßliche Fälle melden.

Hingegen wird die strafrechtliche Verfolgung der Täter von der EUStA vor den nationalen Gerichten betrieben.

Positive Bilanz bisheriger Tätigkeiten der EUStA

Die Einführung der EUStA ist im Hinblick auf die europäisch-justizielle Zusammenarbeit als besonderer Schritt in der Unionsgeschichte anzusehen So ist der Druck für die supranationale Behörde groß, im Bereich der grenzüberschreitenden Ermittlungen und der Strafverfolgung auch Ergebnisse zu liefern. Das Fazit ist positiv und die Erwartungen wurden bislang erfüllt (exemplarisch genannt seien grenzüberschreitende Durchsuchungen und umfangreiche Vermögensabschöpfungsmaßnahmen).

Auf der Website der EUStA wird in der „News“-Rubrik laufend über die aktuelle Arbeit berichtet.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Compliance EPPO Europäische Staatsanwaltschaft EuStA Strafrecht