Unwirksame Compliance Klauseln vermeiden - wir zeigen, was geht und warum Compliance Klauseln ein sinnvoller Bestandteil eines Compliance-Systems sind.
Immer mehr Unternehmen verwenden sogenannte Compliance Klauseln in Liefer-, Rahmen- und sonstigen Vertriebsverträgen. Ziel der Klauselverwender ist es, sich bei Geschäftspartnern vertraglich gegen Compliance-Risiken abzusichern. Viele der in der Praxis üblichen Klauseln verstoßen gegen AGB-Recht oder andere gesetzliche Vorgaben. Dennoch kann die Verwendung moderat (und wirksam) ausgestalteter Compliance Klauseln sinnvoll sein.
Inhalt von Compliance Klauseln und Unwirksamkeitsrisiken
In der Regel enthalten Compliance Klauseln die Verpflichtung – der häufig wirtschaftlich schwächeren Vertragspartei –, bestimmte Vorschriften und Standards, insbesondere Korruptions- und Kartellrechtsvorschriften, einzuhalten. Dabei kann es sich auch um die Einhaltung eines Lieferantenkodexes oder sogar die Einhaltung ausländischer Vorschriften (zum Beispiel den UK Bribery Act) handeln.
Im Fall eines Verstoßes drohen Rechtsfolgen wie Kündigung und Schadensersatz. Zusätzlich sind häufig auch umfangreiche Einsichts- und Auditierungsrechte zu Gunsten einer Partei bei Verdacht von Compliance-Verstößen der jeweils anderen Vertragspartei vorgesehen.
Während die Auditierungsrechte häufig gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstoßen, stellt die allgemeine vertragliche Verpflichtung, bestimmte Regelungen und Standards einzuhalten, nicht selten eine unangemessene Benachteiligung des Klauseladressaten dar und ist daher nach AGB-Recht unwirksam.
So kann beispielsweise eine unangemessene Benachteiligung angenommen werden, wenn eine Partei dazu vertraglich verpflichtet wird, bestimmte ausländische Rechtsvorschriften – zum Beispiel den UK Bribery Act – selbst dann einzuhalten, wenn die Vorschriften im konkreten Fall keine gesetzliche Anwendung finden. Unwirksam dürfte auch die verbreitete Regelung sein, wonach ein Lieferant verschuldensunabhängig für Compliance-Verstöße seiner Sublieferanten haften soll.
Compliance Klauseln als sinnvoller Bestandteil eines Compliance-Systems
Vor dem Hintergrund, dass Unternehmen und Unternehmensleitungen nicht nur für die Compliance-Verstöße von Betriebsangehörigen, sondern im Einzelfall auch für zurechenbare Compliance-Verstöße ihrer Geschäftspartner rechtlich einstehen müssen, ist die Verwendung von – moderat ausgestalteten – Compliance-Klauseln grundsätzlich zu empfehlen. So können Compliance Klauseln einen sinnvollen Bestandteil eines Compliance-Systems darstellen, sofern die Unwirksamkeitsrisiken entsprechend berücksichtigt werden.
Dabei können Compliance Klauseln helfen, Vertragspartner zu sensibilisieren, bestimmte Standards einzuhalten. Hierfür kann es schon ausreichen, wenn die vertragliche Regelung die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Vorschriften verlangt – gegebenenfalls in Verbindung mit einem außerordentlichen Kündigungsrecht. Denn gerade im Mittelstand haben sich noch nicht alle Unternehmen ernsthaft mit dem Thema Compliance auseinandergesetzt und kennen daher häufig nicht die Vorgaben einzelner Korruptionsdelikte oder Verbote wettbewerbsbeschränkender Absprachen.
Für die Geschäftsleitung haben Compliance-Klauseln den wichtigen Nebeneffekt, dass sie – im Zusammenspiel mit anderen Compliance-Maßnahmen – das Risiko reduzieren, für potenzielle Aufsichtspflichtverstöße persönlich zu haften, falls es auf Ebene nachgeordneter Mitarbeiter zu korruptiven Handlungen oder Preisabsprachen kommt. Dies gilt insbesondere für eine Bußgeldhaftung nach §§ 130, 30 OWiG und – im Fall von Organmitgliedern – für eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG und § 93 Abs. 2 AktG.
Um tatsächlich von einer Haftungsreduzierung profitieren zu können, sollten die Klauseln durch andere Bestandteile eines wirksamen Compliance-Systems flankiert werden (zum Beispiel Business Partner Screening, Schulungen und regelmäßige Kontrollen).
Klauseladressaten sollten Compliance Klauseln ernst nehmen
Selbst wenn viele der derzeit im Geschäftsverkehr verbreiteten Compliance Klauseln – zumindest teilweise – unwirksam sein dürften, sind auch diese Klauseln grundsätzlich von den Klauseladressaten ernst zu nehmen. Denn die Wirksamkeit der in der Compliance-Klausel enthaltenen Regelungen ist eine Frage des Einzelfalls, die letztlich erst von einem Gericht entschieden wird. Vorher besteht hinsichtlich der Wirksamkeit keine endgültige Klarheit. Auch findet nicht immer zwangsläufig AGB-Recht Anwendung (so zum Beispiel dann nicht, wenn der Vertrag ausländischem Recht unterliegt oder die Klausel vom Verwender ernsthaft zur Disposition gestellt wurde).
Die auferlegten Compliance-Pflichten sollten vom Klauseladressaten rechtlich geprüft werden. Insbesondere für den Fall, dass die Klausel die Verpflichtung enthält, die in der Klausel enthaltenen Compliance-Verpflichtungen an die eigenen Geschäftspartner in der Lieferkette weiterzugeben. Die Weitergabe bewirkt die Streuung von Haftungsrisiken und ist daher auch für den Klauseladressaten von Vorteil. Allerdings sollten Klauseladressaten davon absehen, offensichtlich unwirksame Klauselbestandteile des Klauselverwenders an die eigenen Geschäftspartner weiterzugeben. Eine rechtliche Prüfung kann hier Klarheit schaffen. Falls sich der Klauselverwender hierauf einlässt, kann es zudem im Einzelfall auch sinnvoll sein, AGB-rechtlich unzulässige Klauseln nachzuverhandeln.
Weitere Informationen zu dem Thema Compliance-Klauseln finden Sie in unserem Beitrag in Heft 14/2013 des Betriebs-Beraters.