Um von Compliance-Verstößen zu erfahren, richten Unternehmen u.a. Whistleblower-Hotlines oder einen Ombudsmann ein - beide können sich sinnvoll ergänzen.
Lässt sich ein Mitarbeiter der Einkaufsabteilung eines Unternehmens die Vergabe von Aufträgen an Lieferanten gegen Zahlung von Schmiergeld vergüten, macht er sich schadensersatzpflichtig und strafbar.
Aber auch das Unternehmen ist einem erheblichem Haftungsrisiko ausgesetzt. Ermittlungsbehörden können dem Unternehmen, aber auch Geschäftsführern und Vorständen persönlich, empfindliche Geldbußen auferlegen. Dies gilt selbst dann, wenn die Unternehmensführung keine Kenntnis von den Schmiergeldzahlungen hatte (§§ 130, 30 OWiG).
Whistleblower-Hotline – Instrument zur internen Aufklärung
Um von Compliance-Verstößen (z.B. Schmiergeldzahlungen oder Kartellabreden) überhaupt erst einmal zu erfahren, richten daher immer mehr Unternehmensleitungen Hinweisgeber-Systeme, sogenannte Whistleblower-Hotlines, ein. Diese können Mitarbeiter oder Dritte nutzen, um von Unternehmensangehörigen begangene Verstöße gegen interne oder gesetzliche Regeln zu melden. In Deutschland standen Whistleblower-Systeme zunächst unter dem Generalverdacht, ein Denunziantentum zu fördern. Mittlerweile haben sie sich in größeren Unternehmen immer mehr durchgesetzt.
Bei den Hinweisempfängern kann es sich um unternehmensinterne oder externe Ansprechpartner handeln. Auch Rechtsanwälte bieten diesen Service an. Die Beauftragung von Anwälten hat insbesondere den Vorteil, dass diese der gesetzlichen Schweigepflicht unterliegen und die rechtliche Relevanz von Meldungen einschätzen können.
Zusätzlicher Einsatz eines Ombudsmanns zweckmäßig?
Zusätzlich zu einer Whistleblower-Hotline setzen immer mehr Unternehmen einen Ombudsmann ein. Auch bei einem Ombudsmann können Mitarbeiter oder Externe Compliance-Verstöße melden. Wie eine Whistleblower-Hotline soll auch der Einsatz eines Ombudsmanns helfen, Compliance-Verstöße aufzudecken, eine effektive Aufklärung/Prävention von Verstößen zu gewährleisten und die Haftungsrisiken des Unternehmens und der Geschäftsführung zu reduzieren. Angesichts der ähnlichen Zielsetzung und Aufgabenstellung von Ombudsmann- und Whistleblower-System stellt sich die Frage, ob die Implementierung beider Systeme tatsächlich sinnvoll ist.
Der besonderen Stellung des Ombudsmanns ist Rechnung zu tragen
Da weder Aufgaben und Funktion eines Ombudsmanns noch die eines Whistleblower-Systems allgemein verbindlich festgelegt sind, können beide Modelle – im Rahmen der gesetzlichen Grenzen (insbesondere im Datenschutz- und Arbeitsrecht) – beliebig ausgestaltet werden. Unternehmen könnten daher Whistleblower- und Ombudsmann-Systeme theoretisch auch identisch konzipieren. Dies ist natürlich wenig sinnvoll. Stattdessen sollte der Ombudsmann die Funktion erfüllen, die ihm gemeinhin zugeschrieben wird, nämlich die eines neutralen Vermittlers.
Der Erfolg eines Ombudsmann-Systems hängt dabei von der Vertrauensstellung des Ombudsmanns ab, die dieser unter potentiellen Hinweisgebern genießt. Statt eine „anonyme″ Whistleblower-Hotline zu kontaktieren, hat die Kontaktaufnahme mit einem Ombudsmann für den Hinweisgeber den Vorteil, sich einem neutralen Gesprächspartner anvertrauen zu können, der – im Idealfall – aufgrund seiner Stellung und Erfahrung als anerkannte Persönlichkeit ein gesteigertes Vertrauen genießt. Dabei gilt: Je neutraler die Stellung des Ombudsmanns zwischen Unternehmen und Ombudsmann rechtlich ausgestaltet ist, desto höher wird seine Akzeptanz bei potentiellen Hinweisgebern sein. Dies dürfte auch im Interesse des Unternehmens liegen.
Whistleblower-Hotline und Ombudsmann-System können sich sinnvoll ergänzen
Bei entsprechender Ausgestaltung der Meldesysteme erscheint demnach neben der Einrichtung einer Whistleblower-Hotline auch der Einsatz eines Ombudsmanns durchaus sinnvoll. So kann beispielsweise die interne Whistleblower-Hotline von Mitarbeitern genutzt werden, die Compliance-Verstöße intern möglichst „unkompliziert″ unter Umgehung des regulären Dienstwegs melden wollen und sich dabei nicht an den direkten Vorgesetzten wenden möchten.
Die Kontaktaufnahme mit dem Ombudsmann ist möglicherweise dann zu bevorzugen, wenn sich der Hinweisgeber über die hohe Brisanz bestimmter Verstöße im Klaren ist und sich auch – vor der Gefahr, sich selbst zu belasten – an eine neutrale Person richten möchte, die die Relevanz der konkreten Verstöße einzuschätzen vermag. Die Beauftragung des Ombudsmanns durch das Unternehmen ist dann so zu gestalten, dass der Ombudsmann tatsächlich vermittelnd zwischen Hinweisgeber und Unternehmensführung tätig werden kann.
Übt ein externer Anwalt die Rolle des Ombudsmanns aus, so bedürfen die rechtlichen Verhältnisse zwischen Unternehmen, Hinweisgeber und Ombudsmann einer klaren Regelung, nicht zuletzt um Interessenkonflikten vorzubeugen.