26. April 2013
EuGH
Dispute Resolution

Grenzenloser Streit – die Pläne der EU zur alternativen Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten

Mittlerweile ist es gang und gäbe, Waren und Dienstleistungen auf Knopfdruck in ganz Europa einzukaufen. Kommt es jedoch im Folgenden zu Streitigkeiten, weiß Otto Normalverbraucher (bzw. in anderen EU-Ländern Joe Bloggs (UK), Jean Dupont (FRA) oder Mario Rossi (ITA) – weitere internationale Beispiele hier) oft nicht, an welche Stelle er sich wenden soll.

Dem will die EU nunmehr entgegentreten. Am 12. März 2013 nahm das Europäische Parlament den Vorschlag einer Richtlinie über alternative Formen der Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten sowie einer Verordnung über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten an. Die neuen Vorschriften werden bald in Kraft treten und sollen bis Ende 2015 in den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt sein.

Ziel der Regelungen ist die Schaffung eines Mechanismus, der sowohl Verbrauchern als auch Unternehmern einen einfachen und kostengünstigen Weg der alternativen Streitbeilegung bieten soll. Sie sind anwendbar auf vertragliche Streitigkeiten zwischen Unternehmer und Verbraucher aus der Lieferung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen. Sämtliche Branchen sind hiervon umfasst (mit Ausnahme der Sektoren „Gesundheit“ und „Erziehung“). Die Parteien müssen in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sein.

Einfach, schnell, kostengünstig: die alternative Streitbeilegung

Die Richtlinie sieht die Schaffung beziehungsweise Einbindung von nationalen Streitbeilegungsstellen vor. Diese sollen es den Parteien ermöglichen, ihre Beschwerden on- und offline einzureichen. Erfasst werden nicht nur grenzüberschreitende, sondern auch rein nationale Streitigkeiten aus on- und offline abgeschlossenen Warenlieferungs- und Dienstleistungsverträgen. Exemplarisch werden als mögliche ADR-Methoden, die von den Streitbeilegungsstellen angeboten werden können, genannt: Schlichtung, Mediation, Schiedsverfahren sowie die Einschaltung eines Ombudsmanns oder einer Schlichtungsstelle.

Die Streitbeilegungsstellen müssen gewährleisten, dass die Personen, die dort für die Streitentscheidung zuständig sind, das notwendige Fachwissen aufweisen und unparteilich gegenüber den Parteien sind. Die Parteien können sich hierbei zu jeder Zeit rechtlich vertreten lassen. Der Unternehmer muss die Verbraucher über ihre Rechte informieren. Unterlässt er dies, können die Mitgliedstaaten hierfür in ihren nationalen Umsetzungsgesetzen Sanktionen festlegen.

Die Verfahren sollen für die Verbraucher gratis oder nur mit geringen Kosten verbunden sein. Üblicherweise wird eine Beilegung des Streits innerhalb von 90 Tagen ab Zugang der Beschwerde angestrebt.

Als Abrundung sieht die flankierende Verordnung über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten die Schaffung einer zentralen Onlineplattform vor, die von der EU-Kommission eingerichtet und finanziert wird. Hierüber können Verbraucher und Unternehmer per Online-Formular in allen offiziellen EU-Sprachen eine Beschwerde einreichen. Diese wird dann der zuständigen nationalen Streitbeilegungsstelle zugeleitet. Die Onlineplattform erfasst jedoch nur Warenlieferungs- und Dienstleistungsverträge, die grenzüberschreitenden Charakter haben und online abgeschlossen wurden. Die übliche Verfahrensdauer soll hier 30 Tage ab Einleitung betragen.

Eine gute Lösung für alle Seiten?

Auf den ersten Blick scheinen die Pläne der EU nur Vorteile zu bringen: Sowohl Verbrauchern als auch Unternehmern wird eine unkomplizierte und kostengünstige Methode zur Verfügung gestellt, ihre Ansprüche zu verfolgen. Die nationalen Gerichte werden von Streitigkeiten entlastet. Für den grenzüberschreitenden Online-Waren- und Dienstleistungsverkehr steht eine zentrale Plattform für die Konfliktlösung zur Verfügung.

Abzuwarten bleibt jedoch, wie die Mitgliedstaaten in der Praxis die Umsetzung lösen, wie die Qualität der jeweiligen Streitbeilegungsstellen gewährleistet wird und ob das neue Angebot von den Verbrauchern akzeptiert wird. Jedenfalls bietet sich hier eine Chance, die Beilegung von Streitigkeiten im täglichen Geschäftsverkehr auf nationaler und insbesondere auf europäischer Ebene zu vereinfachen.

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