Das OLG Frankfurt entschied: Nach einem Abbruch der Saison kann die Ligazugehörigkeit für die Folgesaison nicht im einstweiligen Rechtsschutz geregelt werden.
Die Covid-19-Pandemie stellte sämtlich Sportligen weltweit vor noch nie dagewesene Herausforderungen. In Zeiten von Social Distancing und Maskenpflicht wurden Sportveranstaltungen zunächst abgesagt und der Spielbetrieb unterbrochen. Die Sportverbände standen vor der schwierigen Entscheidung: Abbruch der Saison oder Fortsetzung unter Auflagen? Eine für alle befriedigende Lösung gab es nicht. Insbesondere die Deutsche Fußball Liga entschied sich für die Fortsetzung der Fußballbundesligen und entwickelte Corona-bedingte Schutz- und Handlungskonzepte zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs.
In anderen Profiligen sowie insbesondere in den Amateurligen wurden die Spielzeiten jedoch vorzeitig abgebrochen. Die Folgen des Saisonabbruchs wurden dabei unterschiedlich ausgestaltet.
Die Deutsche Eishockey Liga hat die Saison abgebrochen, einen Meister gibt es nicht; Auf- und Absteiger hätte es aber auch bei regulärem Saisonende nicht gegeben. Auch die Handball Bundesliga wurde abgebrochen. Die Abschlusstabelle wurde anhand einer Quotientenregelung errechnet, wonach die erreichten Punkte durch die Anzahl der Spiele dividiert wurden. Absteiger gab es keine, dafür Aufsteiger. Genauso entschied man im Fußball der Regionalliga Nordost. Dort führte die Quotientenregelung dazu, dass der zum Zeitpunkt des Saisonabbruch Zweitplatzierte, Lok Leipzig, als Meister an den Relegationsspielen teilnehmen durfte. In den Niederlanden hingegen gibt es nach dem Abbruch der Fußballsaison weder Auf- noch Absteiger. Die beiden Erstplatzierten der 2. Liga versuchten erfolglos auf dem Klageweg, den Aufstieg zu erzwingen.
Der Abbruch der Saison betraf aber nicht nur Sportarten mit Körperkontakt, sondern mit Tischtennis auch solche, deren Spieler naturgemäß den Mindestabstand von 1,5 m einhalten.
Vorzeitiger Abbruch der Spielzeit der 3. Tischtennisliga
In der 3. Bundesliga des Tischtennis entschieden sich die Verantwortlichen ebenfalls für einen vorzeitigen Abbruch des regulären Spielbetriebs. Die Saison wurde allein auf der Basis der aktuellen Tabelle gewertet (ohne Quotientenregelung), mit der Folge, dass der letztplatzierte Sportverein in die Regionalliga absteigen musste. Der betroffene Sportverein wehrte sich dagegen.
Für solche verbandsrechtlichen Streitigkeiten sind üblicherweise privatrechtlich organisierte Sport- oder Verbandsgerichte zuständig, die einem bestimmten Verein oder Verband eingegliedert sind. Sie stellen im Zweifel keine „echten″ Schiedsgerichte im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO dar (anders das ständige Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen wie jüngst das OLG Frankfurt mit Beschluss vom 23. Juni 2020 – 26 Sch 1/20 bestätigt hatte). Die Folge ist, dass die Entscheidungen der Verbandsgerichte vor den staatlichen Gerichten überprüft werden können.
Im vorliegenden Fall wandte sich der betroffene Verein zuerst an das zuständige Verbandsgericht, um seinen Abstieg zu vermeiden.
„Auf- und Abstiege gehören zum sportlichen Alltag″
Zusätzlich wandte sich der Sportverein – allerdings mit gewisser Verzögerung – an die ordentliche Gerichtsbarkeit. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrte der Sportverein vom Antragsgegner, dem Deutschen Tischtennis-Bund, die Erteilung eines Spielrechts in der 3. Bundesliga für die kommende Spielzeit.
Erst- und zweitinstanzlich blieb der Eilantrag des Sportvereins aus mehreren Gründen erfolglos.
Seine eigene Zuständigkeit – neben der Möglichkeit, beim Verbandsgericht einen einstweiligen Antrag zu stellen –, begründet das Oberlandesgericht Frankfurt in seinem Beschluss vom 20. Mai 2020, Az. 19 W 22/20, mit § 1033 ZPO. Einer Partei sei es im Zweifel unbenommen, in einem Verfahren, für das in der Hauptsache ein Schiedsgericht zuständig ist, einstweiligen Rechtsschutz vor einem staatlichen Gericht nachzusuchen. Dies gilt auch dann, wenn in einer Schiedsvereinbarung ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen sei, eine einstweilige Anordnung des Schiedsgerichts erlangen zu können. In einer solchen Regelung sei regelmäßig keine Vereinbarung zu sehen, mit der der Weg zu den staatlichen Gerichten auch für das Eilverfahren ausgeschlossen wäre.
In der Sache stellt das Oberlandesgericht Frankfurt jedoch klar, dass in der Erteilung eines Spielrechts für die kommende Spielzeit eine Vorwegnahme der Hauptsache läge, die nur in ganz engen Ausnahmefällen zulässig sei. Denn mit der beantragten Erteilung der Spielerlaubnis solle nicht die Verwirklichung eines Rechts gesichert, sondern dieses Rechts bereits durchgesetzt werden. Eine solche Leistungsverfügung sei nur dann möglich, wenn aufgrund einer Not-, Zwangslage oder einer Existenzgefährdung ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar sei.
Das Gericht bezweifelt bereits, ob der Abstieg eines Sportvereins eine erforderliche Notlage begründen könne und konstatiert „Auf- und Abstiege gehören zum sportlichen Alltag.″ In jedem Fall habe der Verein die Notlage nicht ausreichend dargelegt. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass bis zur derzeit geplanten Aufnahme des Spielbetriebs in der Saison 2020/21 keine Entscheidung des Sportgerichts in der Hauptsache zu erlangen sein könnte.
Die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit habe der Verein zudem bereits durch sein Zuwarten von über fünf Wochen nach Bekanntgabe des Saisonabbruchs dokumentiert.
Anspruch auf Erteilung der Spielerlaubnis nicht ersichtlich
Zudem führt das Gericht aus, dass ein Anspruch auf Erteilung der Spielerlaubnis für die 3. Bundesliga nicht ersichtlich sei. Relevant sei nach der Satzung des Deutschen Tischtennisbundes die Abschlusstabelle. Nach dem pandemiebedingten Abbruch der Saison sei dies die aktuellste Tabelle. Die Voraussetzungen für eine Sonderberechtigung seien nicht vorgetragen.
Nach Ansicht des Gerichts habe der Antragsteller, der betroffene Sportverein, einen Anspruch auf Spielfortsetzung mit der damit verbundenen Möglichkeit, die Klasse sportlich zu halten, nicht glaubhaft gemacht. Es sei nicht ersichtlich, dass die getroffene Entscheidung des Saisonabbruchs sowie Wertung der Saison anhand der aktuellen Tabelle in evident rechtswidriger Weise die Belange des Vereins unberücksichtigt gelassen habe. Dass Entscheidungen der Verbände für einzelne Vereine Härten mit sich bringen können, sei nicht ausreichend, denn dies sei der Situation immanent.
Auch im Falle einer rechtswidrigen Entscheidung hätte der Verein nur verlangen können, im Wege der Naturalrestitution so gestellt zu werden, wie er bei einer rechtmäßigen Entscheidung stünde. Der Verein hätte daher allenfalls dann einen Anspruch auf die Erteilung der Spielerlaubnis für die 3. Bundesliga, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könnte, dass er bei einer Fortsetzung der Spielzeit 2019/20 den Klassenerhalt erreicht hätte (BGH, Beschluss vom 24. April 2020 – II ZR 417/18). Dass der Antragsteller drittklassig geblieben wäre, hat er aber weder dargetan, noch glaubhaft gemacht.
Fazit: Hohe Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Verfügung und Stärkung der Entscheidungsträger
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt verdeutlicht, dass an den Erlass einer Leistungsverfügung hohe Anforderungen zu stellen sind. Durch ein längeres Abwarten kann der Antragsteller die Notlage bereits selbst widerlegen. Die Ausführungen zeigen zudem, dass die staatlichen Gerichte sehr zurückhaltend sein werden, die von den Sportverbänden im Rahmen der Covid-19-Pandemie getroffenen Entscheidungen oder Maßnahmen aufzuheben. Anders sind die Ausführungen des Gerichts in der Sache nicht zu verstehen. Betroffenen Akteuren ist jedenfalls zu raten, die verbandsinterne Gerichtsbarkeit soweit wie möglich auszuschöpfen. Denn das Bundesgericht des Deutschen Tischtennis-Bund hat dem Verein insoweit Recht gegeben, dass die Wertung der Saison alleine auf Basis des Zwischenstandes und ohne Härtefallregelung rechtswidrig war. Die Frage der Ligazugehörigkeit liegt nun wieder beim Deutschen Tischtennis-Bund.