BMWi und BMUB haben den Entwurf eines Gebäudeenergiegesetzes vorgelegt, mit dem mehrere energierechtliche Regelungen zusammengeführt werden sollen.
Das Bundeministerium für Wirtschaft und Energie („BMWi“) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit („BMUB“) haben im Januar 2017 einen Referentenentwurf für das neue Gebäudeenergiegesetz („GEG“) vorgelegt. Das GEG regelt die energetischen Anforderungen an Neubauten und an Bestandsgebäude im Falle größerer Renovierungen sowie den Einsatz von erneuerbaren Energien in diesem Sektor. Es soll das Energieeinsparungsgesetz, die Energieeinsparverordnung sowie das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz zusammenführen.
Das Gebäudeenergiegesetz entwickelt den Klimaschutz im Gebäudesektor fort
Hintergrund für die Neuregelung ist zum einen die Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudebereich im Rahmen der Energiewende. Die Fortentwicklung der energetischen Anforderungen an Gebäude leiste einen wichtigen Beitrag zum Erreichen des Ziels eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 und der im Klimaschutzplan 2050 festgelegten Ziele für das Jahr 2030. Auch gelte es, den Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte bis zum Jahr 2020 auf 14 Prozent zu steigern (vgl. § 1 Abs. 2 GEG).
… und setzt die EU-Gebäuderichtlinie um
Zum anderen regelt das GEG Verpflichtungen der Bundesrepublik aus der EU-Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden („EU-Gebäuderichtlinie“), die derzeit noch nicht in deutsches Recht umgesetzt sind. Primär geht es um die Pflicht der Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass ab 2021 alle neuen Gebäude als Niedrigstenergiegebäude ausgeführt werden. Für Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand gilt diese Pflicht bereits ab 2019.
Das Gebäudeenergiegesetz konsolidiert bestehende Rechtsgrundlagen
Das GEG soll vor diesem Hintergrund das bestehende Energieeinsparrecht für Gebäude weiterentwickeln und konzeptionell auf neue Füße stellen. Bislang finden sich die einschlägigen Normen hierzu in zwei Regelwerken. Zum einen regeln das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) sowie die auf seiner Grundlage erlassene Energieeinsparverordnung (EnEV) die bau- und anlagentechnischen Anforderungen an Gebäude. Zum zweiten bestimmt das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG), dass erneuerbare Energien bei neuen Gebäuden sowie bei Bestandsgebäuden der öffentlichen Hand in festgelegtem Umfang zu nutzen sind.
In der Vergangenheit hatte dieses Nebeneinander der zwei Regelwerke z.B. wegen unterschiedlicher Begriffsbestimmungen bei Anwendung und Vollzug zu Problemen geführt. Grund hierfür ist die mangelnde Abstimmung der beiden Regelwerke. Das GEG soll nun EnEG und EnEV einerseits und EEWärmeG andererseits in einem Gesetz zusammenführen und strukturelle Defizite ausräumen. Damit soll ein einheitliches und abgestimmtes Regelwerk für die energetischen Anforderungen an Neubauten, an Bestandsgebäude und an den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden geschaffen werden.
In weiten Teilen überführt das GEG die Regelungen des EnEG, der EnEV und des EEWärmeG ohne wesentliche inhaltliche Änderungen in die neue Struktur. Ordnungsrechtlich folgt das GEG dabei weiterhin dem Konzept, den Primärenergiebedarf von Gebäuden durch einen energetisch hochwertigen baulichen Wärmeschutz zu minimieren. Der verbleibende Energiebedarf soll zunehmend durch erneuerbare Energien gedeckt werden (vgl. § 10 Abs. 1 GEG).
… und führt den Niedrigstenergiegebäudestandard ein
Darüber hinaus legt das GEG in Übereinstimmung mit Art. 9 Abs. 1 b) EU-Gebäuderichtlinie den Niedrigstenergiegebäudestandard ab 2019 für neu errichtete und genutzte Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand fest (vgl. § 11 GEG). Die in Art. 9 Abs. 1 a) EU-Gebäuderichtlinie vorgesehene Festlegung eines entsprechenden Standards für alle neuen privaten Gebäude soll erst in einer zweiten Stufe rechtzeitig vor dem Umsetzungstermin 2021 erfolgen.
Das Gebäudeenergiegesetz entwickelt den geltenden Rechtsrahmen fort
Die Übernahme bestehender Vorschriften aus EnEG, EnEV und EEWärmeG wird flankiert durch deren partielle Überarbeitung sowie die Hinzunahme neuer Regelungen.
- Der Jahres-Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Kühlung von zu errichtenden Wohngebäuden (§ 16 GEG) und Nichtwohngebäuden (§ 19 GEG) wird mit dem gem. §§ 3,4 EnEV seit dem 1. Januar 2016 geltenden Standard fortgeführt. Er darf das 0,75-Fache des auf die Gebäudenutzfläche bezogenen Wertes des Jahres-Primärenergiebedarfs eines Referenzgebäudes nicht übersteigen.
- 21 Abs. 1 GEG übernimmt ab 2019 für Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand als Niedrigstenergiegebäudestandard die Anforderungen des KFW-Effizienzhausstandards 55 (das 0,55-Fache des Jahres-Primärenergiebedarfs eines Referenzgebäudes). Dies soll die besondere Vorbildfunktion der öffentlichen Hand unterstreichen. Diese Verpflichtung gilt gem. § 21 Abs. 2 GEG nicht, soweit ihre Erfüllung im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zu einer unbilligen Härte führen würde. Eine solche liegt vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können. § 21 Abs. 3 GEG sieht eine weitere – besondere – Härtefallregelung für Kommunen vor.
- Die Bundesregierung wird in § 24 GEG ermächtigt, die zur Ermittlung des Jahres-Primärenergiebedarfs zu verwendenden Primärenergiefaktoren durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates festzulegen. Hierbei sollen die Klimawirkung und andere Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden. Bis zum Erlass der Verordnung gibt § 24 GEG die Primärenergiefaktoren vor. Flüssige oder gasförmige Biomasse wird grundsätzlich wie Heizöl oder Erdgas mit dem Faktor 1,1 bewertet. Abweichend davon kann für flüssige oder gasförmige Biomasse ein Faktor von 0,5 verwendet werden, wenn diese gebäudenah erzeugt wird. Für gebäudefern erzeugtes Biogas, das in effizienten KWK-Anlagen eingesetzt wird, kann ein Faktor von 0,6 zur Anwendung kommen. Dasselbe gilt für eine Erdgas-KWK-Anlage, die einen Heizkessel ersetzt, wenn Bestandsgebäude mitversorgt werden.
- Die Anrechnung gebäudenah erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien auf den Jahres-Primärenergiebedarf gem. § 5 EnEV wird in § 25 GEG neugefasst. Damit soll die Gleichzeitigkeit zwischen Stromangebot und -bedarf besser berücksichtigt werden. Außerdem wird die Anrechnung verbessert und vereinfacht. Eine Anrechnung bei Einsatz in Stromdirektheizungen ist ausgeschlossen.
- 85 Abs. 2 u. 3 GEG erweitert die Pflichtangaben in den Energiebedarfs- und Energieverbrauchsausweisen. Künftig sind dort die Kohlendioxidemissionen gesondert auszuweisen. Der Informationsgehalt der Energieausweise soll durch einen Vergleich der Klimarelevanz von Gebäuden erhöht werden. Die Regelungen zur Berechnung können durch Rechtsverordnung der Bundesregierung festgelegt werden. Bis zum Erlass einer entsprechenden Verordnung besteht keine Pflicht zur Angabe der Kohlendioxidemissionen im Energieausweis.
- 92 GEG führt im Interesse eines effektiven Vollzugs des Gesetzes einen einheitlichen Erfüllungsnachweis bei zu errichtenden Gebäuden ein. Dieser umfasst sowohl die Effizienzanforderungen als auch die Anforderungen an den Einsatz erneuerbarer Energien. Die detaillierten Anforderungen an den Inhalt der Erklärung, die Ausstellungsberechtigung sowie das Verfahren sind durch die Länder festzulegen.
- 95 GEG führt eine einheitliche Befugnisnorm ein, um einen effektiven Gesetzesvollzug zu ermöglichen. Eine allgemeine und vollstreckbare Anordnungsbefugnis für die zuständige Behörde ist im EnEG, der EnEV und dem EEWärmeG bislang nicht vorgesehen. § 95 Abs. 2 GEG regelt ein besonderes Betretungsrecht, das für einen effektiven Vollzug der Stichprobenkontrollen von Energieausweisen erforderlich ist.
- 107 GEG unterstützt Quartierskonzepte, die eine effiziente und nachhaltige Wärmeversorgung von Gebäuden umsetzen. Diese betreffen Vereinbarungen von Bauherren oder Gebäudeeigentümern, deren Gebäude in räumlichem Zusammenhang stehen. Zweck dieser Vereinbarungen ist die Erfüllung von Verpflichtungen aus dem GEG. Regelungsgegenstand sind eine gemeinsame Versorgung der Gebäude mit Wärme oder Kälte sowie die Nutzung erneuerbarer Energien.
Ausblick: Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes zum 1. Januar 2018 geplant
Die Konsultation des Referentenentwurfs durch die Bundesregierung wurde jüngst abgeschlossen. Neben grundsätzlicher Zustimmung wurde kritisch angemerkt, dass nach wie vor keine verbindliche Erweiterung des Einsatzes von erneuerbaren Energien auf den Gebäudebestand erfolgt sei. Ferner überschreite die Anwendung des KFW-Effizienzhausstandards 55 als Niedrigstenergiegebäudestandard ab 2019 die Grenzen des technisch Möglichen. Auch führe der Entwurf zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung von Biomethan. Schließlich fehlten Regelungen, um Fernwärme und erneuerbare Energieträger in die Quartierversorgung zu integrieren.
Update:
Ursprünglich war geplant, dass der Kabinettsbeschluss im Februar 2017 erfolgen und das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden sollte. Dieser Zeitplan ist allerdings ins Wanken geraten. Der Entwurf wurde von der Tagesordnung des Kabinetts am 15.02.2017 gestrichen. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Grund hierfür sollen unter anderem Bedenken gegen die Wirtschaftlichkeit des Niedrigstenergiegebäudestandards 55 ab 2019 sein.