Die Deutsche Börse schafft ein neues Marktsegment für kleinere und mittlere Unternehmen. Es soll im März 2017 an den Start gehen und den Entry Standard ablösen.
Es wird zwar kein „Neuer Markt 2.0″, dennoch reformiert die Deutsche Börse das Qualitätssegment Entry Standard grundlegend. Hintergrund sind unter anderem zahlreiche Skandale insbesondere im Bereich der Mittelstandsanleihen, die den Entry Standard in den letzten Jahren in Verruf gebracht haben.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, Carsten Kengeter, hat am 21. November 2016 die Eckpunkte vorgestellt. Das neue Segment soll kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland und Europa mit Investoren zusammenbringen und so die Wachstumsfinanzierung ermöglichen. Es wird den Entry Standard für Aktien und Unternehmensanleihen ersetzen.
Unberührt bleiben die Segmente des regulierten Markts, General Standard und Prime Standard.
Strengere Aufnahmekriterien
Gegenüber dem bisherigen Entry Standard gelten in dem neuen Börsensegment deutlich strengere Zugangsvoraussetzungen. Es werden klare Kriterien gelten, die ein Unternehmen erfüllen muss, um in das Qualitätssegment aufgenommen zu werden.
So muss das Unternehmen einen Jahresumsatz von mindestens EUR 10 Mio., einen Jahresüberschuss erwirtschaften und über ein positives Eigenkapital verfügen. Zudem muss das Unternehmen bereits vor dem Börsengang ein Eigenkapital von mindestens EUR 5 Mio. eingesammelt haben und mindestens 20 Mitarbeiter beschäftigen.
Für die Aufnahme in das neue Segment müssen mindestens drei der fünf genannten Kennzahlen erfüllt sein. Schließlich ist für die Aufnahme eine Marktkapitalisierung von EUR 30 Mio. Voraussetzung.
Zusammenarbeit mit einem Deutsche Börse Capital Market Partner
Um in das neue Segment aufgenommen zu werden, ist zwingend die Zusammenarbeit mit einem Deutsche Börse Capital Market Partner erforderlich, sowohl während des Listings als auch danach. Die Capital Market Partners sollen von der Deutschen Börse künftig nach strengen Kriterien ausgewählt werden.
Künftig zwei obligatorische Research-Berichte
Zu den Folgepflichten im neuen Börsensegment gehören – wie bereits jetzt im Entry Standard – die Pflicht zur regelmäßigen Berichterstattung in Form von Jahres- und Halbjahresberichten. Anders als im Prime Standard ist allerdings keine Veröffentlichung von Quartalsmitteilungen erforderlich.
Die im neuen Börsensegment notierten Unternehmen unterfallen außerdem der seit Juli 2016 geltenden Marktmissbrauchsverordnung, so dass sie zur Veröffentlichung von Ad hoc-Mitteilungen, zur Führung von Insiderlisten und zur Veröffentlichung von Directors‘ Dealings verpflichtet sind.
Daneben hat die Deutsche Börse zwei große Analysehäuser beauftragt, künftig verpflichtende Analysen für die gelisteten Unternehmen zu erstellen, um eine höhere Transparenz zu schaffen. Diese werden von der Deutschen Börse bezahlt und nicht von den Unternehmen selbst, um Interessenkonflikte nach Möglichkeit zu vermeiden. Den Unternehmen steht es jedoch frei, zusätzlich weitere Researches in Auftrag zu geben.
Auch wenn die Pflichtanalysen von der Deutschen Börse beauftragt und bezahlt werden, ist davon auszugehen, dass durch die Research-Berichte die Notierungskosten deutlich in die Höhe schnellen werden. Aktuellen Presseberichten zufolge soll mit Zusatzkosten von mindestens EUR 50.000,00 bis EUR 100.000,00 pro Jahr zu rechnen sein.
In einem nächsten Schritt soll für das neue Segment außerdem ein eigener Index geschaffen werden.
Abschaffung des Entry Standard
Mit der Einführung des neuen Marktsegments wird der bisherige Entry Standard abgeschafft. Allerdings geht die Deutsche Börse davon aus, dass bei Einführung des neuen Segments im März 2017 nur rund 40 Unternehmen die Aufnahmevoraussetzungen erfüllen und in das neue Segment aufgenommen werden.
Die weiteren rund 100 Unternehmen, die bislang im Entry Standard gelistet waren, werden dagegen in den allgemeinen Freiverkehr „absteigen″.
Namensvorschläge willkommen
Ein Name für das neue Börsensegment ist noch nicht gefunden. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse lud die Öffentlichkeit ein, entsprechende Namensvorschläge zu unterbreiten. Der Gewinner darf sich über den Besuch eines Heimspiels von Eintracht Frankfurt mit Carsten Kengeter freuen.
Die rund 140 Emittenten, die derzeit im Entry Standard gelistet sind, werden daher kurzfristig prüfen müssen, ob sie die Voraussetzungen für den Sprung in das neue Qualitätssegment erfüllen werden und ob die damit verbundenen voraussichtlichen Kosten eine entsprechende Notierung rechtfertigen.