Die BaFin hat ihre Verwaltungspraxis zur Stimmrechtszurechnung aus eigenen Aktien von Tochterunternehmen in bestimmten Bereichen geändert.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat ihre Verwaltungspraxis zur Stimmrechtszurechnung aus eigenen Aktien von Tochterunternehmen im Bereich der Beteiligungspublizität und des Übernahmerechts geändert.
Überschreiten bestimmter Stimmrechtsschwellen
Der Aktionär einer börsennotierten Gesellschaft ist verpflichtet, die Gesellschaft und die BaFin unverzüglich zu informieren, wenn sein Stimmrechtsanteil bestimmte Schwellen (z.B. 3, 5, 10, 25 oder 50 Prozent) erreicht, über- oder unterschreitet. Die Gesellschaft muss diese Mitteilung wiederum unverzüglich veröffentlichen. Die Eigentümerstruktur börsennotierter Unternehmen wird für die Anleger transparent.
Erreicht der Aktionär die Schwelle von 30 Prozent, muss er allen anderen Aktionären anbieten, ihre Aktien zu einem bestimmten Mindestpreis zu kaufen. Den anderen Aktionären wird angesichts des erfolgten Kontrollwechsels der Ausstieg aus der Gesellschaft ermöglicht.
Zurechnung der Stimmrechte von Tochterunternehmen
Bei der Berechnung seines Stimmrechtsanteils muss der Aktionär beachten, dass nicht nur die von ihm selbst gehaltenen Aktien einzubeziehen sind. Auch von Dritten gehaltene Aktien sind unter Umständen hinzuzurechnen. Dies gilt beispielsweise für Aktien, die ein Tochterunternehmen des Aktionärs hält.
Einen Sonderfall bilden von einem börsennotierten Tochterunternehmen gehaltene eigene Aktien: Eine Aktiengesellschaft kann bis zu 10 Prozent ihres Grundkapitals als eigene Aktien halten. Wie ist also der Stimmrechtsanteil des Aktionärs zu berechnen, wenn seine börsennotierte Tochter eigene Aktien hält? Erhöhen sie seinen Anteil oder nicht?
Änderung der Verwaltungspraxis
Bisher hatte die BaFin dem Aktionär die Stimmrechte aus eigenen Aktien der Tochtergesellschaft zugerechnet. Insoweit ließ sie außer Acht, dass aus eigenen Aktien gar keine Stimmrechte ausgeübt werden können. Der Aktionär hatte somit ebenfalls keinen Zugriff auf diese Stimmrechte.
Hinzu kommt, dass die genaue Zahl eigener Aktien nicht fortlaufend bekanntgegeben wird. Vielmehr muss ein Emittent den Bestand eigener Aktien unterjährig nur veröffentlichen, wenn dieser die Schwellen von 3, 5 oder 10 Prozent erreicht, überschreitet oder unterschreitet. Nach der neuen Verwaltungspraxis erhöhen die eigenen Aktien den Stimmrechtsbestand des Aktionärs indes nicht mehr.
Kleines Versehen mit schwerwiegenden Folgen
Gerade im Bereich des Übernahmerechts ist die Änderung zu begrüßen, weil sie aus Sicht des Aktionärs die Rechtssicherheit erhöht. Dazu folgendes Beispiel: Ein Aktionär hält 28 Prozent der Stimmrechte einer börsennotierten Gesellschaft. Diese hält 1 Prozent als eigene Aktien. Weil die Präsenz in ihren Hauptversammlungen sehr gering ist, hat der Aktionär dort eine Stimmrechtsmehrheit. Die Gesellschaft ist daher als Tochterunternehmen des Aktionärs anzusehen.
Nun erhöht sie den Bestand eigener Aktien auf 3 Prozent und veröffentlicht eine entsprechende Mitteilung, was dem Aktionär durch ein Versehen entgeht. Rechnet man dem Aktionär die eigenen Aktien zu, überschreitet er die Schwelle von 30 Prozent und wird zu einem Übernahmeangebot verpflichtet. Hiervon könnte ihn die BaFin auf Antrag befreien. Es gilt aber eine Antragsfrist von 7 Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem er Kenntnis von der Schwellenüberschreitung hat oder nach den Umständen haben müsste – was mit der übersehenen Veröffentlichung zu bejahen sein dürfte. Sein Versehen hätte also die schwerwiegende Konsequenz, dass er allen anderen Aktionären den Kauf ihrer Aktien anbieten müsste. Dieses Problem hat sich mit der neuen Verwaltungspraxis erledigt.