Debt Equity Swap zieht in die Insolvenzordnung ein. Der Chance für Gläubiger zur Übernahme insolventer Gesellschaften stehen hilflose Gesellschafter gegenüber.
Mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) sind zum 1. März 2012 grundlegende Änderungen der Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten. Vorrangiges Ziel der Gesetzesänderungen ist es, das deutsche, bislang primär die Abwicklung insolventer Gesellschaften befördernde Insolvenzrecht sanierungsfreundlicher zu gestalten.
Wesentlicher Baustein hierfür ist die Aufhebung der bislang strikten Trennung von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht durch die zukünftig zulässige Einbeziehung der Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter in das Insolvenzplanverfahren. Eine explizite Regelung hat dabei der sog. Debt Equity Swap erfahren (§ 225a Abs. 2 InsO).
Der Insolvenzplan als Übernahmeinstrument
Übernahmewillige Gläubiger, zumal solche, die Forderungen anderer Gläubiger zu diesem Zweck zuvor aufgekauft haben, können sich für die Übernahme einer insolventen Gesellschaft zukünftig des Insolvenzplans bedienen, der nun u.a. die Durchführung eines Debt-Equity-Swap zur Sanierung der insolventen Gesellschaft vorsehen kann.
Zwar ist für die Annahme eines Insolvenzplans, der Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter berührt, auch die Zustimmung von Gesellschaftern erforderlich, die über mehr als die Hälfte der Summe der Beteiligungen verfügen (§ 244 Abs. 3 InsO). Diese Zustimmung, sollte die erforderliche Mehrheit unter den Gesellschaftern nicht erreicht werden, wird aufgrund des sog. Obstruktionsverbots jedoch regelmäßig fingiert werden (§ 245 Abs. 1, 3 InsO).
Die Neuregelung des Insolvenzplanverfahrens führt demnach dazu, dass die Gesellschafter die Übernahme der Gesellschaft durch die Gläubiger im Rahmen eines Debt-Equity-Swap faktisch nicht verhindern können!
Das Tierchen namens Debt Equity Swap
Der Debt-Equity-Swap selbst wird in aller Regel als Sachkapitalerhöhung umgesetzt. Der Sachkapitalerhöhung, in deren Rahmen die Forderungen der Gläubiger als Sacheinlage eingebracht werden, geht dabei eine nominelle Kapitalherabsetzung unmittelbar voraus.
Richtig umgesetzt, beseitigt die Kombination von Kapitalherabsetzung und -erhöhung eine bestehende Überschuldung der insolventen Gesellschaft. Die verminderten Fremdkapitalkosten wirken sich zudem positiv auf die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft aus.
Bezugsrecht der bisherigen Gesellschafter?
Der Gesetzgeber betritt mit dem Debt Equity Swap in der Insolvenz Neuland. Offene Fragen der praktischen Umsetzung verwundern daher nicht. Eine wesentliche Frage sowohl für Gläubiger als auch für die bisherigen Gesellschafter rückt dabei zurzeit verstärkt in den Fokus:
Unter welchen Voraussetzungen ist den bisherigen Gesellschaftern über Bezugsrechte die Chance einzuräumen, sich an einer Sanierung der Gesellschaft im Wege eines Insolvenzplanverfahrens zu beteiligen?
Die Antwort hierauf steht aus. Einerseits regelt das Gesetz die grundsätzliche Zulässigkeit des Ausschlusses von Bezugsrechten (§ 225a Abs. 2 Satz 3 InsO). Andererseits konstatiert § 225a Abs. 3 InsO, dass lediglich gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahmen im Insolvenzplan vorgesehen werden können, was einen Ausschluss des Bezugsrechts nicht in allen Fällen erlauben würde. Bis zu einer Klärung der Frage sollte in der Praxis daher eine auch für die bisherigen Gesellschafter zustimmungsfähige Planregelung angestrebt, der vollständige Ausschluss von Bezugsrechten mithin vermieden werden.
Fazit für heute: Chance und Hilflosigkeit
Das neue Insolvenzrecht eröffnet Gläubigern die Chance zur Übernahme insolventer Gesellschaften. Die Gesellschafter stehen dem weitgehend hilflos gegenüber. Man darf gespannt sein, inwieweit das Instrument des Insolvenzplans zukünftig über den vorherigen Aufkauf von Insolvenzforderungen – freilich nur bei lukrativen Zielgesellschaften – gezielt zu Zwecken der Übernahme insolventer Gesellschaften eingesetzt werden wird.