20. AWV-Novelle: Verfahrensanpassungen, Änderungen zu Waffenembargos und Änderungen an der Ausfuhrliste.
Die am 4. Oktober 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte 20. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung führt zu Änderungen in fast allen Bereichen des Außenwirtschaftsrechts, darunter Investitionsprüfungen, Exportkontrolle und Sanktionen. Weitere, bedeutendere Änderungen werden in absehbarer Zeit folgen.
Digitalisierung der Verfahren im Außenwirtschaftsrecht
Die Formvorschriften im Außenwirtschaftsrecht wurden grundlegend überarbeitet. Verwaltungsakte im Außenwirtschaftsrecht können künftig grundsätzlich sowohl schriftlich als auch elektronisch erlassen werden, soweit nicht ausnahmsweise etwas anderes bestimmt ist. Mit der Einführung der elektronischen Kommunikation als weiteren Standard soll laut Referentenentwurf das Verwaltungsverfahren „wesentlich erleichtert“ bzw. die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung überhaupt „erst ermöglicht“ werden.
Hierdurch wird kein bestimmtes Formerfordernis geschaffen, sondern es sollen alle Formen elektronischen Verwaltungshandelns ermöglicht werden, von der einfachen E-Mail als Mindeststandard elektronisch übermittelter Dokumente bis hin zur qualifizierten elektronischen Signatur (z.B. bei gesetzlichem Schriftformerfordernis).
Investitionsprüfung
Die Investitionsprüfung soll in ein voll digitalisiertes Verfahren überführt werden. Beabsichtigt ist, dass alle in der Investitionsprüfung einzureichenden Dokumente (Anträge, Meldungen, Auskünfte, Unterlagen, Berichte und sonstige Dokumente) elektronisch über ein digitales Verwaltungsportal eingereicht werden können. Hierfür wird voraussichtlich das sog. Bundesportal dienen, in dem man sich mittels Online-Ausweis oder ELSTER-Zertifikat identifizieren kann. Für die Nutzung des Bundesportals müssen allerdings die entsprechenden technischen Voraussetzungen auf Seiten des Bundes erst noch geschaffen werden.
Bei Nutzung des Verwaltungsportals gelten zum Teil besondere Regelungen zum Fristlauf und zur Eingangsbestätigung gestellter Anträge oder von Meldungen. Meldung bzw. Antrag gelten erst dann als eingegangen, wenn das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die übermittelten Dokumente vollständig und unversehrt aus dem Verwaltungsportal in das IT-System des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz importiert hat.
Unbedenklichkeitsbescheinigungen können nunmehr nur noch durch den unmittelbaren Erwerber beantragt werden.
Exportkontrolle und Sanktionen
Im Bereich Sanktionen werden mit der 20. Novelle im Rat der EU beschlossene personenbezogene Waffenembargos in Bezug auf Haiti nunmehr in der Außenwirtschaftsverordnung berücksichtigt und eine Altvertragsregelung für die Lieferung von Rüstungsgütern nach Russland aufgehoben. Die Ausnahmeregelung vom Waffenembargo für bestimmte Polizei- und Sicherheitsinstitutionen gegenüber Somalia wurde überarbeitet.
Weitere Verstöße gegen die Russland-Sanktionen in Verordnung (EU) 833/2014 sind nunmehr bußgeldbewehrt. Dies betrifft Investitionsbeschränkungen im russischen Bergbausektor, das Verbot des Handels mit bestimmten Wertpapieren, das Verbot Leitungsposten in Unternehmen mit maßgeblich russischer Beteiligung zu bekleiden und russischen Staatsangehörigen das Bekleiden von Leitungsposten in kritischen Infrastrukturen der EU zu ermöglichen.
Zudem wurde die Ausfuhrliste, Teil I, an im Rahmen des internationalen Wassenaar Abkommen im Jahr 2022 vereinbarte Änderungen angepasst, die bislang nur auf Ebene der Militärgüterliste der EU berücksichtigt wurden. In der nationalen Dual-Use-Güter Liste in Teil I B der Ausfuhrliste wurde die neue Listenposition 1E901 geschaffen, die Technologie für die Entwicklung oder Herstellung von Polymethacrylimid-Hartschäumen (PMI-Technologie) betrifft, wenn das Bestimmungsziel außerhalb des Zollgebiets der Europäischen Union und außerhalb der in Anhang II Abschnitt A Teil 2 der Verordnung (EU) 2021/821 aufgeführten Gebiete liegt (EU001-Länder, also Australien, Island, Japan, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Schweiz einschließlich Liechtenstein, Vereinigtes Königreich und USA).
Sonderregelungen zu Einfuhrkontrollmeldungen und Seeschiffen abgeschafft
Einfuhrkontrollmeldungen über die Einfuhren für bestimmte Erdöl bzw. Erdgaserzeugnisse für die Erstellung von Statistiken wurden durch Streichung der entsprechenden Vorschrift abgeschafft.
Die ergänzenden Vorschriften für die Gestellung und Anmeldung bei Seeschiffen nach § 13 AWV wurden abgeschafft.
EU und Bundesregierung arbeiten an weiteren Rechtsänderungen
Bereits kurz- und mittelfristig ist mit weiteren Änderungen im Außenwirtschaftsrecht zu rechnen. Sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene werden derzeit die Regelungen zu Investitionsprüfungen evaluiert.
Die Bundesregierung arbeitet an einem Entwurf eines eigenen Investitionsprüfungsgesetztes (IPG). Diskutiert werden Ausweitungen der Prüfpflichten auf Forschungskooperationen, IP-Transfers und Schlüsseltechnologieinvestitionen im EU-Ausland sowie die Kontrolle von Investitionen im Ausland (outbound investment screening).
Auf EU-Ebene sind EU-Sanktionen inzwischen ein Dauerthema. Eine EU-weite Harmonisierung des Sanktionsstrafrechts sowie Vorgehen gegen Umgehungsbestrebungen stehen dort aktuell auf der Agenda.