23. Oktober 2017
Gesellschafterversammlung Berater
Corporate / M&A

Teilnahme von Beratern an Gesellschafterversammlungen

Aus unterschiedlichen Gründen kann das Bedürfnis für die Hinzuziehung von Beratern bei Gesellschafterversammlungen bestehen. Wir zeigen die Möglichkeiten und Grenzen einer Teilnahme von Beratern auf.

Ein ganz bedeutender Teil der in der Praxis ausgetragenen gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen bezieht sich auf Streitigkeiten im Zusammenhang mit Gesellschafterbeschlüssen. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Willensbildung in der Gesellschaft zum überwiegenden Teil in Form von Gesellschafterbeschlüssen erfolgt. – Abgesehen vom Gesellschaftsvertrag und anderen etwaig bestehenden schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern werden mit Hilfe von Gesellschafterbeschlüssen die Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern bzw. zwischen den Gesellschaftern untereinander geregelt.

Grundsätzlich erfolgt die Beschlussfassung dabei in Gesellschafterversammlungen. Zur Teilnahme an diesen sind unproblematisch zumindest die Gesellschafter selbst berechtigt.

Aus ganz unterschiedlichen Gründen heraus kann sich jedoch auch die Frage stellen, ob und inwieweit anstelle bzw. gemeinsam mit den Gesellschaftern auch Dritte an den Versammlungen teilnehmen dürfen. Als Dritte kommen dabei insbesondere Dolmetscher, Sachverständige, Anwälte, Wirtschaftsprüfer und andere Berater in Betracht.

Allgemeines zum Teilnahmerecht

An einer Gesellschafterversammlung können grundsätzlich sämtliche Gesellschafter teilnehmen. Das Teilnahmerecht eines Gesellschafters wird aus seiner mitgliedschaftlichen Stellung abgeleitet, gehört zum Kernbereich der Mitgliedschaft und ist als Individualrecht im Kern unentziehbar.

Das Teilnahmerecht begründet dabei nicht nur ein Recht auf bloße Anwesenheit, sondern darüber hinaus auch auf aktive Teilnahme an der Erörterung der Beschlussgegenstände, insbesondere der Möglichkeit zur Stellungnahme.

Nur in Einzelfällen kann das Teilnahmerecht eines Gesellschafters eingeschränkt sein, z. B. wenn ein Gesellschafter auch für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist und die Besorgnis im Raum steht, dass der betroffene Gesellschafter die zu einem Beschluss auszutauschenden wettbewerbssensiblen Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken missbrauchen und der Gesellschaft dadurch ein erheblicher Schaden entstehen könnte.

Teilnahme von Beratern an Gesellschafterversammlungen

Das Recht auf Teilnahme bzw. Hinzuziehung eines Dritten kann aus Sicht eines Gesellschafters aus ganz unterschiedlichen Gründen oder zu ganz unterschiedlichen Zwecken virulent werden.

So kann beispielsweise beabsichtigt sein, dass der Dritte lediglich als Bevollmächtigter eines Gesellschafters auftreten soll. Alternativ hierzu könnte auch bezweckt sein, dass der Dritte als Dolmetscher oder als stiller Berater neben dem Gesellschafter in der Versammlung anwesend sein soll oder aber neben dem Gesellschafter zusätzlich als aktiv an der Versammlung teilnehmende Person mit Frage-, Rede- und sonstigen Rechten ausgestattet sein soll.

Die Frage der Zulässigkeit der Teilnahme eines Dritten hängt dabei maßgeblich von der Rolle und Funktion ab, die der Dritte einnehmen soll. Grundsätzlich ist eine Gesellschafterversammlung keine öffentliche Veranstaltung, sondern eine vertrauliche Angelegenheit der Gesellschafter untereinander.

Berater als Bevollmächtigte eines Gesellschafters

Die Bevollmächtigung eines Dritten als Vertreter des Gesellschafters ist grundsätzlich zulässig. Dies sieht das GmbH-Gesetz selbst bereits so vor. In der Praxis erfolgt die Bevollmächtigung oftmals mittels einer Stimmrechtsvollmacht, welche auch das Recht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung mit umfasst. Dem Dritten stehen in diesem Fall sämtliche Rechte des Gesellschafters, insbesondere das Teilnahme- und Stimmrecht des Gesellschafters zu.

Durch die Bevollmächtigung erhält der Dritte jedoch nur das Recht, an Stelle des vertretenen Gesellschafters an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen und für ihn abzustimmen. Ein Recht auf gleichzeitige Teilnahme des Dritten und des Gesellschafters lässt sich aus der allgemeinen Zulässigkeit der Bevollmächtigung eines Dritten nach ganz herrschender Meinung nicht ableiten. Vielmehr gilt grundsätzlich, dass der durch den Dritten vertretene Gesellschafter jederzeit selbst statt des Bevollmächtigten an der Versammlung teilnehmen kann. Allerdings entfällt in diesem Fall dann die Grundlage des Teilnahmerechts des bevollmächtigten Dritten.

Teilnahme eines Dritten als Berater eines Gesellschafters

Das Gesetz selbst sieht kein explizites Recht für einen Gesellschafter vor, einen Berater bei Gesellschafterversammlungen hinzuziehen zu können.

Nach zutreffender Ansicht kann ein solches Recht jedoch im Gesellschaftsvertrag vorgesehen oder durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter geregelt werden, so dass sich hieraus ein Anspruch des Gesellschafters auf Teilnahme eines Beraters ergeben kann.

Ist dies nicht der Fall, gewährt die Rechtsprechung ein solches Recht nur ausnahmsweise, wenn eine dringende Beratungs- bzw. Schutzbedürftigkeit des Gesellschafters gegeben ist. Diese besteht allgemein gesprochen insbesondere dann, wenn das Interesse eines Gesellschafters an der Hinzuziehung eines Beraters das Interesse der anderen Gesellschafter und der Gesellschaft an einer beraterfreien und vertraulichen Gesellschafterversammlung übersteigt.

Konkret kann sich die Schutzbedürftigkeit des Gesellschafters vor allem aus persönlichen Umständen (wie z.B. seiner geschäftlichen Unerfahrenheit, fehlender Sach- oder Rechtskunde, insbesondere auch im Vergleich zu seinen an Sach- und Rechtskunde überlegenen Mitgesellschaftern) und/oder aus objektiven Umständen (insbesondere der erheblichen Bedeutung der als Tagesordnung angekündigten Beschlussinhalte) ergeben. Ohne die Hinzuziehung eines Beraters bestünde nämlich sonst die Gefahr, dass der betroffene Gesellschafter seine Rechte als Gesellschafter nicht ordnungsgemäß ausüben kann. Mithin droht die faktische Vereitelung einer sachgerechten Wahrnehmung seiner Gesellschafterrechte. In diesen Fällen gebietet es die gesellschaftliche Treuepflicht der Mitgesellschafter, zumindest einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Berater die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung zu gestatten.

Recht des Gesellschafters, nicht des Beraters

Ein eigenes, mitgliedschaftliches Recht von Beratern auf Teilnahme im Rahmen einer Gesellschafterversammlung in der GmbH besteht nicht. Bei dem Recht auf Zuziehung eines Dritten handelt es sich stets um ein Recht des Gesellschafters, welches aus seinem Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung abgeleitet wird.

Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich der Gesellschafter, der einen Dritten hinzuziehen will, als Kläger bzw. – im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – als Antragsteller auftreten muss.

Rechte eines Beraters in der Gesellschafterversammlung

Welche Rechte der Berater durch die Zulassung seiner Teilnahme an der Gesellschafterversammlung konkret erhält, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls.

In Betracht kommt zunächst ein bloßes Anwesenheitsrecht, das dem Berater die bloße Anwesenheit und interne Kommunikation mit dem entsprechenden Gesellschafter gestattet. Darüber hinaus kann dem Berater auch ein Rede- und Fragerecht zugestanden werden.

Die Zulassung der Teilnahme eines Beraters an einer Gesellschafterversammlung kann häufig auf einzelne Tagesordnungspunkte beschränkt werden. Der Berater selbst nimmt jedoch nicht als Gesellschafter an der Versammlung teil, insbesondere kann er keine Stimmrechte wahrnehmen.

Einstweiliger Rechtsschutz

Die Frage der Hinzuziehung von Beratern ist häufig auch Gegenstand von einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Dabei kann sich das Bedürfnis nach einstweiligem Rechtsschutz in diametral entgegengesetzten Zielrichtungen ergeben:

Zum einen kann das Bedürfnis bestehen, durch eine einstweilige Verfügung zu erreichen, dass ein Berater an einer Gesellschafterversammlung teilnehmen kann. Jedoch kommt auch die entgegengesetzte Stoßrichtung in Betracht, wenn es darum geht, die Teilnahme eines Beraters an einer bestimmten Gesellschafterversammlung zu verhindern.

Keine Unzulässigkeit im Hinblick auf das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung

Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Eilrechtsschutzes in diesem Fall werden mitunter mit Blick auf das Vorwegnahmeverbot der Entscheidung in der Hauptsache geäußert. Eine Entscheidung bezüglich der Anwesenheit eines Beraters im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hätte eine faktische Endgültigkeit zur Folge, welche dem einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich fremd sei.

Jedoch lässt sich eine generelle Verweigerung einer einstweiligen Verfügung in diesen Fällen letztlich nicht mit dem verfassungsrechtlich garantierten Gebot des effektiven Rechtsschutzes vereinbaren. Ferner bestünde ohne die Möglichkeit des Erlasses einer einstweiligen Verfügung oftmals die Gefahr, dass wegen einer Verletzung des Teilnahmerechts eines Gesellschafters fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse gefasst werden könnten, und damit mitunter vollendete Tatsachen geschaffen würden, für welche der Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren zu spät käme. Hieran ändert grundsätzlich auch eine mögliche Anfechtbarkeit der unter Ausschluss des Beraters gefassten Beschlüsse nichts.

Allein der Verstoß gegen das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung führt daher nicht zur Unzulässigkeit eines Vorgehens im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Vielmehr sind lediglich an Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. So bedarf es einer detaillierten Interessenabwägung im Einzelfall, welcher Partei eine Präjudizierung zugemutet werden kann. Sofern ein Gesellschafter glaubhaft machen kann, dass ihm ohne die Begleitung seines Beraters eine sachgerechte Wahrnehmung seiner Rechte in der Gesellschafterversammlung nicht möglich ist und eine irreparable Schädigung seiner Rechte droht, erscheint der Einsatz einstweiligen Rechtsschutzes durchaus als aussichtsreich.

Unsere Beitragsreihe informiert rund um das Thema Gesellschafterstreitigkeiten. Bereits erschienen sind Beiträge zur Entstehung von Gesellschafterkonflikten, die mögliche Steuerung durch Gestaltung der Gesellschafterverträge und wie streitige Gesellschafterversammlungen vorbereitet und durchgeführt werden können.

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