In einer weiteren Folge unserer Serie bringen wir auch heute Licht ins Dunkel der M&A-Fachbegriffe: Earn-out, Deferred Compensation und Escrow beschreiben jeweils eine Zahlungsmodalität, durch die der Verkäufer den vollständigen Kaufpreis erst nach Closing erhält.
Der Earn-out (dt. „Besserungsschein″ oder „Mehrerlösklausel″) ist die komplexeste der drei Gestaltungsvarianten. Häufig gehen die Vorstellungen der Vertragsparteien über die zu erwartende Entwicklung eines Unternehmens und den daran anknüpfenden angemessenen Kaufpreis beträchtlich auseinander.
Diese Differenzen kann ein Earn-out, jedenfalls anfänglich, überbrücken. Hierbei sagt der Käufer zu, neben einem fixen Kaufpreis eine variable Kaufpreiskomponente zu zahlen, deren Höhe abhängig von der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens ist. Stellt sich der Verkäufer geschickt an, kann er den Verkaufserlös insgesamt maximieren. Vorteil für den Käufer ist, dass er den vollen Kaufpreis nur bei Eintritt bestimmter Prognosen zahlen muss. Nachteilig ist jedoch, dass der Verkäufer auch nach Closing noch einen Teil des unternehmerischen Risikos trägt, obwohl er dann keinen oder nur noch reduzierten Einfluss auf das Unternehmen hat. Aus diesem Grund und zum Schutz vor Manipulationen wird sich der Verkäufer absichern wollen, was wiederum dem Käufer eine schnelle Integration der Gesellschaft in seinen Konzern oder eine (teilweise) Weiterveräußerung erschwert. Nicht überraschend werden daher häufig kontroverse Verhandlungen über die Bedingungen des Earn-out geführt und es kommt nicht selten nach dem eigentlichen Abschluss der Transaktion, wenn es an die Zahlung des Earn-out geht, zu Differenzen. Auch deshalb sind Earn-out Regelungen in europäischen Transaktionen mit nur 14 Prozent eher unbeliebt. Wird ein Earn-out vereinbart, ist er in 65 Prozent der Fälle binnen einer relativ kurzen Frist von 24 Monaten zahlbar. Für die Berechnung des Earn-out wird häufig an die Entwicklungen des EBITDA angeknüpft, allerdings sind auch Earn-outs auf der Basis des Nettogewinns oder des Umsatz nicht unüblich.
„Deferred Compensation″ oder „Deferred Purchase Price″ bedeutet in M&A‑Transaktionen hingegen lediglich, dass nicht der gesamte Kaufpreis sofort fällig wird. Die zukünftige Entwicklung des Unternehmens lässt den Kaufpreis im Gegensatz zum Earn-out jedoch grundsätzlich unberührt; der Verkäufer partizipiert nicht mehr an den unternehmerischen Chancen und Risiken und braucht sich insoweit nicht gegen Manipulationen schützen. Der Verkäufer muss v.a. darauf achten, dass sein Kaufpreisanspruch angemessen verzinst und gesichert wird.
Bei Verwendung eines Escrow wird der Kaufpreis in Teilen auf ein Treuhand- oder Anderkonto gezahlt. Anders als bei der Deferred Compensation befindet sich der Kaufpreis damit nicht mehr in der Sphäre des Verkäufers. Ein Escrow wird z.B. verwendet, wenn ein Teil des Kaufpreises noch eventuelle Garantieansprüche sichern soll. Regelungsbedürftig ist in diesem Fall, wem die anfallenden Zinsen zustehen und wie die Gelder freigegeben werden. Zu beachten ist, dass für ein Escrow-Konto erhebliche Gebühren anfallen können.
Von besonderen Konstellationen (z.B. in Joint Ventures) abgesehen, ist die Vereinbarung eines Earn-out aufgrund des Konfliktpotentials meist nicht zu empfehlen. In der Regel ist es vorzugswürdig, Differenzen über die Kaufpreisfindung vor der Transaktion im Verhandlungsweg zu überbrücken und nach Closing getrennte Wege zu gehen. In einem Joint Venture kann sich ein Earn-out anbieten, um den Verkäufer zu incentivieren und auf den Erfolg des Unternehmens zu verpflichten.
Hier geht es zu den weiteren Folgen unserer Serie (Siehe auch: CMS European M&A Study 2012 und CMS M&A Glossar, bestellbar auf unserer Website; sowie Schmidt-Hern/Behme, NZG 2012, 81).