15. April 2020
Risikoverteilung
Mergers & Acquisitions (M&A)

Private Equity Transaktionen: Dauerbrenner Risikoverteilung

Krisenzeiten bergen auch Opportunitäten für Investoren. Risikoverteilung (v.a. beim Kaufpreis) bedarf dann einer besonders differenzierten Ausgestaltung.

Dass in der Praxis nicht selten die Kaufpreisvorstellungen von Investor und Verkäufer auseinanderliegen, liegt zumeist an divergierenden Einschätzungen hinsichtlich der Ertragskraft und der zukünftigen Rentabilität des Zielunternehmens.

Diese Dauerbrenner-Diskussion hat sich mit der Corona-Krise weiter verschärft: Trotz der erkennbaren Tendenz, laufende Private Equity Deals aufgrund der Krisensituation abzubrechen bzw. geplante Private Equity Deals auszusetzen, zeigen die Vorab-Ergebnisse des aktuellen FINANCE Private Equity Panels, dass die Verkäufer oft weiter an ihren Kaufpreisvorstellungen festhalten. Befragt wurden von FINANCE gemeinsam mit CMS Ende März 2020 rund 50 führende in Deutschland tätige Private Equity Häuser.

Sind vor diesem Hintergrund laufende Transaktionen überhaupt noch zu retten bzw. inwiefern können (geplante) Deals überhaupt noch durchgeführt oder derzeitige Opportunitäten genutzt werden? Die Antwort lautet: Ja, die Beteiligten werden sich aber vermehrt Gedanken über die Risikoverteilung machen müssen.

Das geeignete Ausgleichsinstrument finden

Wenn sich in den Verhandlungen über die Kaufpreisberechnung keine (abschließende) Einigung zwischen Investor und Verkäufer abzeichnet, können Instrumente zur Risikoverteilung und zur nachgelagerten Kaufpreisfindung Abhilfe schaffen.

  1. MAC-Klauseln: Sogenannte „Material-Adverse-Change Klauseln″ sind letztlich kein Instrument zur Kaufpreisfindung. Vielmehr teilen sie das wirtschaftliche Risiko bei erwarteten nachteiligen (Markt- oder Unternehmens-)Entwicklungen zwischen Unterzeichnungs- und Vollzugstag zwischen dem Investor und dem Verkäufer auf. Unter gewissen Voraussetzungen – die im Einzelfall sorgfältig verhandelt werden müssen – geben MAC-Klauseln dem Investor das Recht, den Vollzug des Unternehmenskaufvertrages zu verweigern. Die CMS European M&A Study 2020 zeigt, dass sich immerhin in 16 % der in der Studie analysierten Deals aus dem Jahr 2019 MAC-Klauseln finden, was eine leichte Steigerung zu den vorangegangenen Jahren bedeutet.
  2. Earn-Out Klauseln: Bei Earn-Out Klauseln handelt es sich, anders als bei MAC-Klauseln, um „echte″ bedingte Kaufpreisbestandteile. Neben dem fixen, bei Vollzug zu zahlenden Kaufpreis erhält der Verkäufer einen nachgelagerten variablen Kaufpreis bei Erreichen bestimmter Ergebnisziele. Bei wegen der derzeitigen Krise stark eingebrochenen Gewinnen, kann ein Earn-Out die gewünschte Brücke zwischen Investor und Verkäufer bauen. Der Ausgestaltung von Earn-Out Klauseln sind dabei nur wenige Grenzen gesetzt. Die Gestaltung von längeren Earn-Out Perioden (üblich sind Zweijahreszeiträume) und ein höherer variabler Anteil am Kaufpreis kann ein gutes Instrument darstellen, um die in der Krise schwierige Einschätzung der weiteren Entwicklung des Zielunternehmens zu überwinden.
  3. Liquidationspräferenzen: Letztendlich werden wir in nächster Zeit mehr Investments direkt in die Zielgesellschaft im Wege einer Kapitalerhöhung bzw. Kombinationen von Kapitalerhöhung und Erwerb von Geschäftsanteilen sehen. Ähnlich wie bei VC-Investments wird der Investor für seinen Mut in Krisenzeiten zu investieren durch eine Liquiditätspräferenz „belohnt″. Sollte sich das Geschäft schlecht entwickeln und ein „negativer″ Exit durchgeführt werden, erhält der Investor – prioritär, ggf. trotz negativem Exit sogar in Höhe seines (verzinsten) Investments – Exit-Erlöse; das Risiko des Investors ist demnach geringer als jenes der Altgesellschafter, da diese erst „ins Geld″ kommen, wenn der Investor mindestens „break even″ ist. Im Falle eines späteren gewinnbringenden Verkaufs erhält der Investor sein (verzinstes) Investment vorrangig vor dem Verkäufer zurück und ggf. darüber hinaus auf ihn entfallende Erlöse bzw. Überschüsse. Gestaltet man die Liquidationspräferenz darüber hinaus sogar als „nicht anrechenbar″, erhält der Investor sein Investment „on top″ sämtlicher zukünftiger Exit-Erlöse der Gesellschaft, an denen er dann zusätzlich pro rata partizipiert, zurück.
  4. Roll-Over Modell: Ein sog. „Roll-Over″ oder „steuerneutraler Anteilstausch″ bietet letztlich eine alternative Erwerbsstruktur für Investor und Verkäufer. Durch den Verkauf von weniger als 100 % der Verkäuferanteile an dem Zielunternehmen unter gleichzeitiger Rückbeteiligung des Verkäufers an dem Erwerbsvehikel des Investors, kann eine angemessene Risikoverteilung zwischen den Beteiligten erreicht werden. Der Investor zahlt zunächst also nur einen Teil des Kaufpreises für die Anteile an dem Zielunternehmen sofort an den Verkäufer, den restlichen Teil des Kaufpreises für die zum Zwecke der Rückbeteiligung in das Erwerbsvehikel eingebrachten Anteile erhält der Verkäufer erst bei einem Exit. Der Investor läuft dadurch weniger Gefahr, zu viel für die Anteile gezahlt zu haben und der Verkäufer hat unter steuerlich begünstigten Voraussetzungen die Chance, an einer positiven Ertragsentwicklung zu partizipieren. Es ist durchaus denkbar, dass wir aufgrund aktueller Umstände in naher Zukunft höhere Rückbeteiligungen der Verkäufer im Rahmen von Roll-Over Modellen (ggf. bis zu 49% wo es vielleicht vorher <25% gewesen wären), in Kombination mit trotzdem ausgeprägten Gesellschafterrechten seitens der Käufer/Investoren, sehen werden.

Fazit: Bei Private Equity- und weiteren M&A-Transaktionen frühzeitig um Risikoverteilung kümmern und nichtvorschnell die Reißleine ziehen

Mehr denn je kommt es in Krisenzeiten darauf an, dass die Beteiligten frühzeitig über eine angemessene Risikoverteilung verhandeln. Bei Differenzen oder schwierigen Marktlagen vorschnell die Deal-Reißleine zu ziehen oder gar nicht erst in Verhandlungen zu treten, könnte sich für Investoren rächen, wenn andere Investoren das Momentum nutzen, um zu investieren.

Die kommenden Monate werden zeigen, welche neuen Marktstandards sich bei M&A Transaktionen herausbilden und wie gut findige Transaktionsbeteiligte den Raum für alte und auch neue Gestaltungsmöglichkeiten nutzen.


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Tags: Private Equity Risikoverteilung Transaktion