2017 war ein lebhaftes M&A-Jahr. Den Investitionsdruck der Käufer konnten die Verkäufer vermehrt dazu nutzen, für sie günstige Bedingungen durchzusetzen.
Heute ist es wieder soweit: CMS legt die zehnte Auflage der CMS European M&A-Study vor. In der diesjährigen M&A-Study haben wir 438 Transaktionen aus dem Jahr 2017 ausgewertet, bei denen CMS entweder die Käufer oder die Verkäufer beraten hat. Diese Transaktionen haben wir mit insgesamt über 3.650 Transaktionen aus den Jahren 2007 bis 2017 verglichen.
Wir werten dabei auf anonymer Basis die Regelungen des zwischen den Parteien geschlossenen Unternehmenskaufvertrags anhand vorher festgelegter Parameter aus. Wir untersuchen etwa die Häufigkeit bestimmter Formen der Kaufpreisanpassung oder die Länge der Verjährungsfristen.
Anhand der aus der Auswertung gewonnenen Erkenntnisse können wir den Lesern der M&A-Study einen Eindruck vermitteln, wie hoch die Chancen sind, bestimmte Positionen – sei es als Verkäufer oder als Käufer – durchzusetzen. Auch wenn es sich dabei naturgemäß um eine rückschauende Betrachtung handelt, gewährt diese einen guten Einblick auch in das laufende M&A-Jahr 2018. Mit der M&A-Study in der (Hinter-)Hand lässt sich in Vertragsverhandlungen der Gegenseite oftmals eine Position besser vermitteln. Durch die M&A-Study bekommt dabei insbesondere der häufig verwendete Begriff „marktüblich″ eine verlässlichere Zahlenbasis.
Ergebnisse der M&A-Study 2018 im Überblick
Der europäische M&A-Markt zeigte sich im gesamten Jahr 2017 lebhaft. Diese Entwicklung fand vor dem Hintergrund der politischen Ungewissheit statt, die unter anderem durch die Parlamentswahlen in Frankreich, Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden hervorgerufen wurde.
Dank der soliden Wirtschaftsdaten in Europa stieg das Gesamttransaktionsvolumen in Europa gegenüber 2016 um 14 % auf 929,3 Milliarden US-Dollar. Die strukturellen Veränderungen, die sich durch die „America First“-Politik von Präsident Trump und den Brexit ergaben, ziehen in Verbindung mit der guten Wirtschaftsleistung der Eurozone nach wie vor ausländische Investoren, insbesondere aus den USA und Asien, an. Die Transaktionsdaten für 2018 deuten darauf hin, dass sich der Trend von 2017 fortsetzt, sodass voraussichtlich ein weiteres produktives M&A-Jahr bevorsteht.
W&I Versicherungen im Aufwind
Bei den europäischen Transaktionen gab es 2017 eine starke Zunahme der Versicherungen gegen Garantie- und Freistellungsansprüche (W&I-Versicherungen), die auf das höchste Niveau seit zehn Jahren stiegen. 2017 kam bei 14 % aller europäischen Abschlüsse eine W&I-Versicherung zur Anwendung, 2016 war dies lediglich bei 9 % aller Abschlüsse der Fall. Hierbei handelt es sich insbesondere um Transaktionen mit einem Volumen von mehr als 100 Millionen Euro.
Der höchste Anteil von Abschlüssen mit W&I-Versicherung wurde in der Immobilien- und Baubranche verzeichnet, wo 42 % der Abschlüsse eine derartige Struktur enthielten. Der Anteil war 2017 in den anderen Sektoren niedriger: Konsumgüter (9 %), TMC (9 %), Hotel und Freizeit (7 %), Energie (7 %), Infrastruktur (4 %), Industrie (7 %) und sonstige Unternehmensdienstleistungen (15 %). Aus der M&A-Study geht hervor, dass die Zunahme der W&I-Versicherungen traditionell durch Private-Equity-Aktivitäten vorangetrieben wurde, wobei große Buy-out-Transaktionen stetig zugenommen haben.
Stärkerer Einsatz von Locked-Box-Regelungen
Der Einsatz von Locked-Box-Regelungen nahm weiter zu. Aus den Daten geht hervor, dass diese Struktur 2017 bei 25 % aller europäischen Transaktionen zum Tragen kam. Im Jahr 2016 lag der entsprechende Wert bei 23 %. Die M&A-Study zeigt deutlich, dass Locked-Box-Regelungen eher bei höherem Transaktionsvolumen angewendet wurden, sofern keine Kaufpreisanpassung vereinbart wurde. Den größten Anteil an Locked-Box-Regelungen gab es bei Transaktionen mit einem Volumen von mehr als 100 Millionen Euro (88 %). Im Vergleich dazu wurden Locked-Box-Regelungen bei nur 39 % der Transaktionen mit einem Volumen von bis zu 25 Millionen Euro angewendet.
Zwischen 2016 und 2017 gab es auch im Vereinigten Königreich und den deutschsprachigen Ländern einen deutlichen Anstieg bei der Anwendung von Locked-Box-Regelungen. So wurde im Vereinigten Königreich eine Zunahme von 40 % der Abschlüsse auf 51 % beziehungsweise in den deutschsprachigen Ländern von 38 % der Abschlüsse auf 49 % verzeichnet. Der Einsatz von Locked-Box-Regelungen in Südeuropa nahm von 36 % der Abschlüsse im Jahr 2016 auf 58 % im Jahr 2017 zu. Den größten Rückgang gab es in den Benelux-Ländern, wo diese Struktur 2017 bei 50 % der Abschlüsse zum Tragen kam, gegenüber 71 % im Jahr 2016.
Niedrigere Haftungshöchstgrenzen
Bei den Haftungshöchstgrenzen, die sich 2016 scheinbar stabilisiert hatten, war eine rückläufige Entwicklung zu beobachten: Bei 60 % aller Abschlüsse im Jahr 2017 betrug die Haftungshöchstgrenze weniger als die Hälfte des Kaufpreises. 2017 betrug bei 21 % der Abschlüsse die Haftungshöchstgrenze weniger als 10 % des Kaufpreises; 2016 waren es 14 %. Diese niedrigeren Haftungshöchstgrenzen kamen vor allem bei einem Transaktionswert von mehr als 100 Millionen Euro vor. Darin kommt die größere Verhandlungsmacht der Verkäufer zum Ausdruck, wobei die Zunahme der W&I-Versicherungen einer der Hauptgründe für die niedrigeren Haftungshöchstgrenzen ist. Der Käufer kann sich in Bezug auf Garantien durch den Erwerb einer Versicherung, die zusätzlich zu der mit dem Verkäufer vereinbarten Höchstgrenze abgeschlossen wird, noch besser absichern.
Innereuropäische Unterschiede
Die M&A-Study zeigt deutliche Unterschiede bei der Anwendung der einzelnen Mechanismen in Europa auf. Zu Vergleichszwecken wurden die Transaktionsdaten vier europäischen Regionen zugeordnet: die Benelux-Länder, Mittel- und Osteuropa, die deutschsprachigen Länder und Südeuropa. Frankreich und das Vereinigte Königreich bilden eigenständige Kategorien.
Europaweit wird beispielsweise ein Earn-out-Element bei 21 % der Transaktionen vereinbart. Der Anteil ist in den Benelux-Ländern, Südeuropa und den deutschsprachigen Ländern jedoch mit 30 %, 33 % beziehungsweise 28 % deutlich höher. Der Anteil der Transaktionen mit Earn-out-Regelung ist dagegen in den MOE-Ländern (15 %), Frankreich (8 %) und dem Vereinigten Königreich (15 %) wesentlich geringer.
In Frankreich nahmen Transaktionen mit einer niedrigeren Haftungshöchstgrenze von bis zu 25 % des Kaufpreises von 70 % auf 76 % zu, was somit deutlich über dem europäischen Durchschnittswert von 42 % liegt. Im Vereinigten Königreich waren die Haftungshöchstgrenzen der Verkäufer höher als in allen anderen Regionen außer Südeuropa.
Vergleich Europa und USA
Die M&A-Study zeigt zudem in Bezug auf die Risikoverteilung zwischen Verkäufer und Käufer eine Reihe von deutlichen Unterschieden zwischen den USA und Europa auf. Ein eklatantes Beispiel ist die Einbindung von MAC-Klauseln in 93 % der US-amerikanischen Abschlüsse gegenüber nur 13 % der Abschlüsse in Europa. Trotz der Unterschiede prognostiziert die M&A-Study, dass sich US-Unternehmen neben Investoren aus Asien und der Eurozone auch weiterhin für europäische M&A-Transaktionen interessieren werden.
Rückblick auf 2007 und 2008
CMS veröffentlichte die erste CMS European M&A-Study im Jahr 2009. In dieser ersten Ausgabe haben wir insgesamt nahezu 500 Transaktionen aus den Jahren 2007 und 2008 untersucht. Insgesamt haben wir nun Datenmaterial aus den Jahren 2007 bis 2017 (mehr als 3.650 Transaktionen) und betrachten daher erstmals den gesamten Erscheinungszeitraum der M&A-Study.
Der M&A-Markt strauchelte im Zuge der Finanzkrise – die Jahre 2008 bis 2011 waren daher eher von Zurückhaltung der Investoren geprägt. Insbesondere jedoch die letzten vier Jahre (2014 bis 2017) waren aus Sicht der Transaktionsberater sehr erfolgreiche Jahre.
Insgesamt konnten wir innerhalb der letzten elf Jahre deutliche Verschiebungen der Risikoverteilung ausmachen. Insbesondere aus der steigenden Beliebtheit Locked-Box-Regelungen wird deutlich, dass die Verkäufer es hier vermehrt geschafft haben, die aus ihrer Sicht wesentliche Vertragskomponente „Kaufpreis″ zu ihren Gunsten abzusichern. Dies wird begleitet durch einen starken Rückgang der Absicherungen für Garantieansprüche und einen Anstieg der W&I Versicherungen. Auch bei der Risikoverteilung sind die Verkäufer deutlich selbstbewusster geworden und schaffen es hier, niedrigere Haftungshöchstgrenzen und kürzere Verjährungsfristen durchzusetzen als noch in 2007.
Fazit: Markt für M&A-Transaktionen deutlich verkäuferfreundlicher
CMS begleitete im Jahr 2017 insgesamt 438 Transaktionen. Während die M&A-Aktivitäten 2017 weltweit um 3 % zurückgingen, nahm die Zahl der europäischen M&A-Transaktionen deutlich um 14 % auf mehr als 7.000 Deals mit einem Gesamtwert von 929,3 Milliarden US-Dollar zu.
Trotz politischer Ungewissheiten in Europa zeigte sich der Markt für M&A-Transaktionen im gesamten Jahr 2017 lebhaft. Die Risikoverteilung auf dem Markt für Fusionen und Übernahmen hat sich weiter in Richtung der Käufer verschoben. Die Verkäufer nutzten 2017 den hohen Investitionsdruck, unter dem die Käufer standen, indem sie das bei Ihnen verbleibende Restrisiko auf das Niveau von 2015 drücken konnten – und teilweise sogar noch darunter.
Weitere Informationen erhalten Sie auf www.cms.law/int/M-A-Study-2018.