21. Oktober 2010
Corporate / M&A

Quo vadis Frauenquote?

Über das Thema Frauenquote wird derzeit viel öffentlich diskutiert. Allerdings sind es nicht nur große politische Parteien, die überlegen, ob und wenn ja welche Quote angemessen ist. Man kann davon ausgehen, dass auch die deutschen börsennotierten Aktiengesellschaften darüber diskutieren. Schließlich enthält die aktuell geltende Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) für sie konkrete Vorgaben (am 20.07.2010 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht). Auch wenn der Kodex selbst kein zwingendes Recht ist, müssen Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften nach dem Prinzip des „comply or explain″ gemäß § 161 Aktiengesetz jedes Jahr eine Entsprechenserklärung hinsichtlich der Inhalte des DCGK abgeben. Wenden sie die Empfehlungen nicht an, müssen sie dies erklären.

Auch wenn die Deutsche Telekom kürzlich angekündigt hat, sie wolle bis 2015 30 % der Stellen im mittleren und oberen Management an Frauen vergeben, so sieht die Realität in deutschen Unternehmen meist anders aus: Aktuellen Statistiken zufolge sind in Deutschland nur etwa 12 % der Aufsichtsratsmandate der DAX Gesellschaften und rund 8,7 % der MDAX Gesellschaften an Frauen vergeben. Vor diesem Hintergrund ist der Aufsichtsrat jetzt aufgefordert worden, konkrete Ziele zu benennen, um bei seiner Besetzung die angemessene Beteiligung von Frauen zu erreichen. Die Aufforderung zur Angabe eines konkreten Ziels legt nahe, dass die Nennung einer Quote oder einer bestimmten Anzahl von Mandaten erwartet wird. Im Vorstand sollen Frauen hingegen lediglich angemessenen beteiligt werden. Dies wird derzeit (noch) nicht als Pflicht zur konkreten Quote verstanden.

Diese Neuerungen mögen auf den ersten Blick schon fast revolutionär anmuten, dennoch hat Deutschland im Hinblick auf die Frauenquote in der Wirtschaft keine Vorreiterrolle in Europa eingenommen. Der DCGK enthält keine starre Frauenquote. In Norwegen ist das anders, dort ordnet das Aktiengesetz seit 2003 an, 40 % der Aufsichtsratsmandate an Frauen zu vergeben. Seit diese Regelung verbindlich wurde, soll der Frauenanteil bis heute von 7 % auf rund 42 % gestiegen sein. Die hohe Akzeptanz überrascht nicht, denn bei Nichterfüllung der Quote kann eine norwegische Aktiengesellschaft sogar durch Gerichtsbeschluss aufgelöst werden.

Dem norwegischen Beispiel folgen bereits einige EU-Mitgliedsstaaten. So läuft in Frankreich derzeit ein Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Quote, wonach 40 % der Aufsichtsratsmandate der börsennotierten Unternehmen bis 2016 mit Frauen besetzt sein sollen. Die Niederlande planen ein Gesetz, wonach ab 2016 Vorstand und Aufsichtsrat von Gesellschaften mit mindestens 250 Mitarbeitern jeweils zu mindestens 30 % mit Frauen besetzt sein müssen. Österreich will bis 2014 in den 392 Bundesunternehmen eine Frauenquote von 25 % verwirklichen und diese bis 2018 auf 40 % steigern. In Spanien ist aktuell noch keine feste Quote vorgesehen, es soll aber bis 2015 ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern im Aufsichtsrat angestrebt werden.

Diese Entwicklung scheint sich europaweit noch zu verstärken, denn die EU-Kommissarin für Justiz- und Gleichstellungsfragen, Viviane Reding, denkt derzeit laut darüber nach, einen Frauenanteil von 30 % in Aufsichtsräten vorzugeben, der bis 2015 erreicht und bis 2020 auf 40 % erhöht werden soll.  Bislang könnte diese Quote wohl nur in Norwegen erfüllt werden…

Tags: Aufsichtsrat Corporate Governance DAX Frauenquote Vorstand