Die Entscheidung des EuGH zu CBD von November 2020 zeigt nun auch Auswirkungen für die Kosmetikindustrie.
Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat in seiner viel beachteten Entscheidung vom 19. November 2020 (C-663/18) entschieden, dass natürlich gewonnenes Cannabidiol (CBD) nicht als Betäubungsmittel einzustufen ist.
Die Entscheidung sorgte insbesondere bei Herstellern und Händlern von CBD-Produkten für Freude. Denn im Vorfeld der EuGH-Entscheidung hatte die EU-Kommission zunächst alle laufenden Anträge auf Zulassung von CBD-Produkten als sog. Novel Food mit der Begründung gestoppt, natürlich gewonnenes CBD sei als Betäubungsmittel zu behandeln. Infolge der EuGH-Entscheidung hat die EU-Kommission von dieser vorläufigen Bewertung allerdings Abstand genommen.
Auch auf internationaler Ebene zeigte das EuGH-Urteil Wirkung: Die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (UN) folgte in einer historischen Abstimmung am 2. Dezember 2020 der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und hat Cannabis und Cannabisharz von der höchsten Gefahrenklasse von Suchtstoffen (wie Heroin) in Anlage I des UN-Einheitsübereinkommens von 1961 in die niedrigste Gefahrenklasse herabgestuft. Der Begriff „Cannabis“ bezieht sich nach dem UN-Einheitsübereinkommen auf die Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze, denen das Harz nicht entzogen worden ist. Ausgenommen hiervon sind die nicht mit solchen Ständen vermengten Samen und Blätter.
Anfang Februar hat die EU-Kommission nun darüber hinaus weitere Konsequenzen aus der Einordnung des EuGH gezogen und auch ihre Datenbank Cosmetic Ingredients Database (kurz: CosIng) um einen Eintrag zu natürlichgewonnenem CBD ergänzt.
EU-Kommission nimmt natürliches CBD in CosIng-Datenbank auf
CosIng ist eine Datenbank der EU-Kommission über Substanzen und Inhaltsstoffe und deren Zwecke und Funktionen in Kosmetikprodukten. Die Datenbank enthält alle Stoffe seit der Verabschiedung der Kosmetikrichtlinie von 1976 (Richtlinie 76/768/EWG) und listet insbesondere alle Inhaltsstoffe, die in der EU-Kosmetikverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1223/2009) aufgeführt sind.
Die CosIng-Datenbank ist allerdings nicht rechtsverbindlich. Sie dient den Mitgliedstaaten und der Industrie als Orientierungshilfe und soll die Harmonisierung der Produktkennzeichnung in der EU ermöglichen, um den freien Warenverkehr innerhalb der EU zu erleichtern. Einzelne Einträge (INCI Name/Substance Name) sind dabei mit Hinweisen auf zu beachtende rechtliche Einschränkungen verbunden, z.B. unerlaubte Inhaltsstoffe nach der EU-Kosmetikverordnung.
Über die regulatorische Einstufung und die rechtlichen Anforderungen an das Produkt entscheiden weiterhin die zuständigen nationalen Behörden im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Merkmale des Produkts.
Zuvor wurde nur synthetisches CBD im CosIng gelistet
Die EU-Kommission stufte Hanfextrakte in Kosmetikprodukten unter Verweis auf das UN-Einheitsübereinkommen bislang als verbotene Stoffe gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel ein. Die bisherige CosIng-Datenbank sah bis zur Überarbeitung ausdrücklich nur synthetisch gewonnenes CBD als zulässigen Inhaltsstoff in Kosmetik vor.
Diese Einschätzung der EU-Kommission für den Kosmetikbereich stand allerdings mit der jüngsten Bewertung von CBD durch die WHO und durch den EuGH nicht mehr im Einklang. Die WHO kam bereits 2018/2019 zu dem Ergebnis, dass CBD bei ihren Untersuchungen keine Effekte gezeigt habe, die auf Missbrauchs- oder Abhängigkeitspotenzial oder gesundheitliche Probleme hingewiesen hätten. Zu dieser Einschätzung gelangte auch der EuGH: Er führt in seinem Urteil aus, dass er aus den ihm vorliegenden Daten nicht erkennen könne, dass CBD auf der Grundlage der verfügbaren wissenschaftlichen Daten psychotrope Wirkungen und schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit habe. Dementsprechend sei natürlich gewonnenes CBD kein Betäubungsmittel im Sinne des UN-Einheitsübereinkommens.
Vor diesem Hintergrund ist zu begrüßen, dass die EU-Kommission nun einen neuen Eintrag für Cannabidiol aus Extrakt, Tinktur oder Harz von Cannabis unter anderem mit der Funktion als Antioxidans und Hautschutzmittel in den CosIng aufgenommen hat. Der Eintrag ist folgerichtig nicht mit Hinweisen zu rechtlichen Einschränkungen nach der Kosmetikverordnung oder dem UN-Einheitsübereinkommen verbunden.
Die Klarstellung im CosIng ist ein weiteres Puzzleteil hin zu einem in sich konsistenten regulatorischen Rechtsrahmen für CBD-Produkte in der EU.
Entscheidend bleibt die Einzelfallprüfung
Hersteller und Händler von CBD-haltigen Kosmetikprodukten müssen neben der den Vorgaben der EU-Kosmetikverordnung auch weiterhin die nationalen Vorgaben für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Kennzeichnung der kosmetischen Produkte beachten. Ob ein Kosmetikprodukt mit CBD verkehrsfähig ist, hängt dabei insbesondere auch davon ab, ob die THC-Grenzwerte des nationalen Betäubungsmittelrechts eingehalten werden. Die einzuhaltenden THC-Grenzwerte können dabei unter den Mitgliedsstaat variieren. Um eine legale Vermarktung sicherzustellen, bedarf es deshalb stets einer konkreten Prüfung des CBD-haltigen Kosmetikprodukts im Einzelfall.