19. August 2021
DPMA beA
Markenrecht Patentrecht & Gebrauchsmusterrecht

beA-Nachricht ans DPMA: Kein Anschluss unter diesem Kanal?

Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) kann viel, aber nicht alles. Daher aufgepasst: "Elektronische Form" bedeutet nicht immer beA.

Wie so manch andere technische Neuerung wirft auch das beA nach mehr als 24 Monate seines Betriebs mit zumindest passiver Nutzungspflicht noch immer Fragen auf. 

So stand die Frage auf dem Prüfstand des BPatG, ob Anwälte über das beA mit dem DPMA kommunizieren können (Beschluss v. 21. Juni 2021, Az. 26 W (pat) 55/20). Ausgangspunkt war ein markenrechtliches Widerspruchsverfahren, in welchem es zur Teillöschung der angegriffenen Marke kam. Der entsprechende Beschluss über die Teillöschung enthält folgende Rechtsmittelbelehrung:

Die Beschwerde kann […] auch in elektronischer Form eingereicht werden (§ 95a Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 130a Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO), § 12 der Verordnung über das Deutsche- Patent- und Markenamt (DPMAV), §§ 1 ff. der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Deutschen Patent- und Markenamt (ERVDPMAV)). Die näheren (technischen) Voraussetzungen sind in der ERVDPMAV aufgeführt. 

Beschwerde wurde via beA an das DPMA übermittelt

Daraufhin zahlte die Verfahrensbevollmächtigte der Inhaberin der angegriffenen Marke die geschuldete Beschwerdegebühr und reichte am letzten Tag der Frist die Beschwerdeschrift über das beA beim DPMA ein. Eine Kanzleimitarbeiterin erkundigte sich am selben Tag vorsorglich telefonisch beim DPMA, ob die Beschwerde per beA angekommen sei. Über das beA selbst hatte die Kanzleimitarbeiterin bereits einen positiven Zustellvermerk erhalten. Bei der telefonischen Anfrage betonte sie, dass es sich um eine Beschwerde und eine Fristsache handele. Die Mitarbeiterin des DPMA teilte ihr mit, dass das DPMA erst einige Tage später mitteilen könne, ob die Beschwerde via beA eingegangen sei. Sie wies dabei allerdings nicht darauf hin, dass eine Beschwerde über beA beim DPMA nicht wirksam eingelegt werden kann. Die Kanzleimitarbeiterin ging daher aufgrund des Zustellvermerks über beA auch ohne weitere Bestätigung des DPMA von einem fristgerechten Zugang aus.

DPMA lehnt Bearbeitung der via beA übermittelten Beschwerde ab

Später aber das böse Erwachen: Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin rief eine Nachricht des DPMA über beA ab, die darüber informierte, dass über das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo, so heißt das beA-Pendant auf Behördenseite) keine schutzrechtsbezogenen Eingaben übermittelt werden könnten und ihre Nachricht daher nicht bearbeitet werde.

Daraufhin wird von der Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss des DPMA über die Teillöschung aufzuheben sowie hilfsweise Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde zu gewähren.

Keine Kommunikation über beA bei schutzrechtsbezogenen Eingaben

Aus Sicht des BPatG war die Beschwerde unzulässig. Sie sei nicht form- und fristgerecht nach § 66 Abs. 2 MarkenG eingelegt worden, da die Beschwerde nicht über die elektronische Annahmestelle des DPMA für den Empfang elektronischer Schutzrechtsdokumente eingereicht worden ist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ERVDPMAV sei zur Einreichung solcher Dokumente ausschließlich dieser Übertragungsweg bestimmt. Hierauf weise das DPMA auch auf seiner Homepage hin. 

Der Kommunikationsweg über das beBPo als Teil der Infrastruktur des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) steht nur in Verwaltungsangelegenheiten zur Verfügung. Es ist ausdrücklich weder für die Einreichung schutzrechtsbezogener Eingaben noch für Eingaben zu den Verfahren der Schiedsstellen des DPMA geeignet. Wer mit dem DPMA auf elektronischem Wege auch schutzrechtsbezogen kommunizieren möchte, muss somit die Zugangs- und Übertragungssoftware DPMAdirektPro oder DPMAdirektWeb nutzen, die die Nachrichten an die elektronische Annahmestelle des DPMA übermitteln.

Die rechtzeitige Zahlung der Beschwerdegebühr kann den Formfehler aus Sicht des BPatG ebenfalls nicht heilen. Aus der Zahlung selbst gehe nicht der eindeutige Wille hervor, dass gleichzeitig Beschwerde eingelegt werden solle. Die konkreten Absichten des Beschwerdeführers könnten lediglich der Beschwerdeschrift selbst entnommen werden.

Antrag auf Wiedereinsetzung bleibt erfolglos

Im Ergebnis hatte auch der hilfsweise gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde keinen Erfolg. Der Antrag erfüllt zwar die Zulässigkeitsvoraussetzungen, allerdings ist der Antrag nach Auffassung des BPatG unbegründet, da die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin die Frist des § 66 Abs. 2 MarkenG zur formwirksamen Einlegung der Beschwerde schuldhaft versäumt hat. Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO steht das Verschulden der Bevollmächtigten dem Verschulden der Verfahrensbeteiligten gleich. Die Antragstellerin muss sich das Verschulden daher zurechnen lassen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Frist ohne Verschulden versäumt, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall zumutbar war. Zusätzlich kommt es darauf an, was objektiv von einer dem Säumigen vergleichbaren Person im konkreten Einzelfall erwartet werden konnte. Es gelten also umso strengere Maßstäbe für die Sorgfalt von Rechtsanwälten.

Das Verhalten der Verfahrensbevollmächtigten hat diesen Sorgfaltsanforderungen vorliegend nicht entsprochen. Sie ist dem vermeidbaren Rechtsirrtum unterlegen, dass elektronische Dokumente in Schutzrechtsverfahren über das beA bzw. beBPo beim DPMA eingereicht werden können. Es ist jedoch die Pflicht eines jeden Verfahrensbeteiligten, sich mit dem Recht des jeweiligen Verfahrens vertraut zu machen – Gesetzesunkenntnis oder Rechtsirrtum stellen eben keine Widereinsetzungsgründe dar.

Auch eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts als Entschuldigungsgrund kommt hier nicht in Betracht. Dies wäre denkbar, wenn die Verfahrensbevollmächtigte die volle von Rechtsanwälten zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hätte, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Es ist jedoch lediglich eidesstattlich versichert worden, dass die Verfahrensbevollmächtigte aufgrund des Hinweises in der Rechtsmittelbelehrung auf die elektronische Form davon ausgegangen ist, dass eine Übermittlung per beA möglich sei. Es wurde somit in dem Wiedereinsetzungsantrag gerade nicht vorgetragen, dass die in der Rechtsmittelbelehrung konkret angegebenen Vorschriften zur Kenntnis genommen wurden. Somit wurde es pflichtwidrig unterlassen, sich bei der Vornahme der Übersendung an den in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich genannten Vorschriften zu orientieren und die Kanzleimitarbeiterin entsprechend anzuweisen.

Zudem hätte sich die Kanzleimitarbeiterin nicht darauf verlassen dürfen, dass die Beschwerde tatsächlich eingegangen ist, als ihr auf Nachfrage gesagt wurde, dass hierüber noch keine Auskunft erteilt werden könne. Aufgrund der Ausschöpfung der Frist bis zum letzten Tag traf die Verfahrensbevollmächtigte eine besonders erhöhte Sorgfaltspflicht, die es erfordert hätte, anlässlich der bestehenden Unklarheit über den Eingang der Beschwerde, die Beschwerdeschrift noch am selben Tag zusätzlich über einen anderen Kommunikationskanal zu übermitteln. 

Mitursächlichkeit des DPMA für die Fristversäumung?

Ein Widereinsetzungsgrund ergibt sich laut BPatG auch nicht aufgrund einer für das Versäumnis mitursächlichen Pflichtverletzung des DPMA. Das DPMA sei nicht verpflichtet gewesen, den Eingang des elektronischen Dokuments zu überprüfen, um – falls erforderlich – sofort auf die Behebung von Formmängeln hinzuweisen. Dies würde zum einen die Anforderungen des DPMA überspannen und zum anderen würde hierdurch den Verfahrensbeteiligten die Verantwortung über die Formalien vollständig abgenommen werden.

Formvorschriften vor Übermittlung via beA prüfen!

Folglich hatte die Antragstellerin weder mit ihrer Beschwerde noch mit ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist Erfolg. Auch wenn das beA gerade zu Zeiten der Corona-Pandemie bei Rechtsanwälten an Beliebtheit gewonnen hat, bleibt also Vorsicht geboten. Es muss genau geprüft werden, welche Übertragungswege wirklich für das jeweilige Anliegen geeignet sind, wenn von „elektronischer Form″ die Rede ist. Gleichwohl ist es fraglich, ob es zeitgemäß ist, dass schutzrechtsbezogene Eingaben beim DPMA via beA nicht möglich sind. Denn die Zulassung dieses Kommunikationsweges würde durchaus zu einer höheren Benutzerfreundlichkeit beitragen.

Es geht übrigens auch andersherum: In vielen Bundesländern gilt vor den Arbeitsgerichten bereits jetzt die Pflicht, ausschließlich über beA zu kommunizieren. 

Tags: beA Beschwerde DPMA Wiedereinsetzung