6. April 2011
Markenrecht

Bösgläubige Markenanmeldungen – Die Last mit der Beweislast

Markenrecht ist nicht Beamtenmikado: Wer zuerst zuckt und die Marke anmeldet, gewinnt in aller Regel. Denn nur in Ausnahmefällen wie der bösgläubigen Markenanmeldung kann die Löschung einer prioritätsälteren Marke verlangt werden. Der Nachweis für die Bösgläubigkeit muss aber von demjenigen erbracht werden, der das Löschungsverfahren gegen die angeblich bösgläubig angemeldete Marke betreibt. Doch ist der böse Glaube etwas höchst Subjektives – und wird damit nicht selten zum Nachweisproblem.

Ist die bösgläubige Markenanmeldung somit der zahnlose Tiger des Markenrechts? Fast könnte man dies meinen, liest man die Entscheidung der Löschungsabteilung des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt vom 17.03.2011 (Az. 3744 C):

„Eine präzise Definition der Bösgläubigkeit existiert nach wie vor jedoch nicht. […] Da es sich bei dieser Absicht aber um ein subjektives Tatbestandsmarkmal handelt, kann sie nur anhand objektiver Fallumstände bestimmt werden.″

Da schlägt das Herz eines jeden Juristen höher: Es gibt zwar keine präzise Definition, aber immerhin das beliebte Gegensatzpaar subjektiv-objektiv! Was also einem Mandanten raten, der eine angeblich bösgläubige Markenanmeldung angreifen möchte?

Hierfür hat die Löschungsabteilung allerdings doch noch eine klare Handlungsanweisung:

„Die behauptete Bösgläubigkeit ist im Nichtigkeitsverfahren nicht von Amts wegen zu ermitteln, sondern allein durch den Antragsteller darzulegen und zu beweisen.″

Mit diesen Vorbemerkungen widmete sich die Löschungsabteilung dem Vortrag des Antragstellers: Der Antragsteller hatte im Jahr 2006 einen sog. Muskelstab unter der Bezeichnung „Reha-Swing″ auf einer Messe ausgestellt. Im Vorfeld der Messe hatte der Antragsteller seine Kunden über dieses neue Produkt auch im Rahmen eines Rundschreibens informiert. Auf der Messe war auch ein Wettbewerber des Antragstellers vertreten, der ebenfalls eine Muskelstab anbot. Dieses Angebot erfolgte allerdings unter der Bezeichnung „Staby″. Unmittelbar nach Ende der Messe meldete der Wettbewerber des Antragstellers die Gemeinschaftsmarke „Reha-Swing″ u.a. auch für Muskelstäbe an. Aus diesen Umständen folgerte der Antragsteller die Bösgläubigkeit der Markenanmeldung „Reha-Swing″.

Die Löschungsabteilung des HABM sah dies allerdings anders: Der Vortrag des Antragstellers reiche für den Nachweis der Bösgläubigkeit der Markenanmeldung „Reha-Swing″ durch den Wettbewerber des Antragstellers nicht aus. Zwar erscheine das Agieren des Markenanmelders (Wechsel voon der Bezeichnung „Staby″ zu „Reha-Swing″) „auf den ersten Blick etwas befremdlich″. Allerdings habe die Antragstellerin es versäumt, rechtzeitig selbst das Zeichen „Reha-Swing″ als Marke anzumelden. Somit sei das Zeichen für eine Markenanmeldung durch den Wettbewerber der Antragstellerin frei gewesen. Objektive Fallumstände, die für eine Bösgläubigkeit sprächen, seien nicht nachgewiesen. Somit müsse es bei dem Grundsatz bleiben, dass grundsätzlich jedermann eine noch freie Bezeichnung als Marke anmelden kann.

Wer also keine objektiven Anhaltspunkte für die Bösgläubigkeit hat, hat vor allem eines: Nämlich schlechte Karten. Mag es zwar hin und wieder auch Konstellationen geben, in denen die Bösgläubigkeit relativ eindeutig vorliegt (Straßenkampf im Großstandtschungel – Keine Zukunft für Markenpaparazzi?), führt die Beweislastverteilung oft zu unüberwindlichen Hürden. Das Lehrgeld des „Reha-Swing″-Antragstellers kann man sich allerdings sparen, wenn man neue Zeichen vor dem ersten Marktauftritt als Marke anmeldet. So schwer dies auch im Eifer des Gefechtes sicherzustellen zu sein mag – an diesem vielleicht wichtigsten markenrechtlichen Gebot führt zumindest für die Kernbezeichnungen eines jeden Unternehmens kein Weg vorbei.

Tags: Beweislast bösgläubige Markenanmeldung Gemeinschaftsmarke Löschung REHA SWING