Der Kampf gegen Produktpiraterie: Wie Unternehmen die Strafverfolgungsbehörden aktiv bei den Ermittlungen unterstützen können.
Durch Produktpiraterie entstehen Unternehmen jährlich Schäden in Milliardenhöhe. Die immer professioneller agierenden internationalen Fälscherringe stellen für Unternehmen eine ernstzunehmende wirtschaftliche Beeinträchtigung dar. Die OECD beziffert den weltweiten jährlichen Schaden auf rund 461 Milliarden Dollar.
Von Produktpiraterie betroffen sind nicht nur Markenrechtsinhaber, sondern auch andere Inhaber gewerblicher Schutzrechte (insb. Patent- und Geschmacksmusterrechte) und Urheberrechte.
Produktpiraterie trifft Produkthersteller aller Branchen
In der Vergangenheit haben besonders Unternehmen aus der Mode- und Elektronikindustrie die Auswirkungen der Produktpiraterie gespürt. Das Geschäft mit gefälschten Marken hat mittlerweile jedoch nahezu alle branchenübergreifenden Märkte erschlossen: Uhren, Füllfederhalter, Autoteile, Tabakerzeugnisse, Arzneimittel und zunehmend auch Lebensmittel. Heutzutage wird also nahezu alles gefälscht.
Schutz der Marke nur durch konsequentes Vorgehen gegen die Fälscherringe
Ein konsequentes Vorgehen gegen Fälscherringe ist daher dringend geboten. Einige Unternehmen sind dahingehend bereits vorbildlich aufgestellt und treiben Produktpiraten nicht nur vor die Zivilgerichte, sondern immer mehr auch vor Strafgerichte.
In der Praxis erfährt das Markenstrafrecht aber nicht nur von den Ermittlungsbehörden eine gewisse Zurückhaltung, sondern auch von den Markenrechtsinhabern selbst. Dies mag vor allem daran liegen, dass den Markenrechtsinhabern die Geltendmachung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche im Vordergrund steht. Darüber hinaus wird die Zurückhaltung seinen Ursprung in gewissen Unsicherheiten im Umgang mit markenstrafrechtlichen Sachverhalten haben. Diese Unsicherheiten sollten und können überwunden werden, wie wir in unseren Beiträgen aufzeigen.
Aktive Unterstützung der Ermittlungsbehörden bei Produktpiraterie
Ob Verletzter oder nicht: Die Anzeige einer Straftat führt beim Bestehen eines Anfangsverdachts stets zur Aufnahme von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft. Die Mitwirkungsmöglichkeiten von Markenrechteinhabern beginnen daher bereits vor dem Ermittlungsverfahren und damit noch vor der eigentlichen Tätigkeit der Staatsanwaltschaft selbst.
Rechteinhaber können beispielsweise die üblichen Vertriebsplattformen wie eBay, auf denen die jeweiligen Artikel angeboten werden, sichten. Bei Verdacht von markenrechtsverletzenden Handlungen zeigen Rechteinhaber diese den Ermittlungsbehörden an und bringen damit das Ermittlungsverfahren ins Rollen.
Markenrechteinhaber sollten dabei selbst dann einen Antrag auf Strafverfolgung stellen, wenn Ermittlungen bereits laufen. Denn mit der förmlichen Mitteilung, dass das betreffende Ereignis behördlich untersucht und strafrechtlich verfolgt werden soll, entstehen weitere Rechte des Verletzten. Beispielsweise hat die Ermittlungsbehörde nach einer Einstellung des Verfahrens den antragstellenden Markenrechteinhaber gem. § 171 StPO qualifiziert zu bescheiden. Auch wenn dieser Weg in aller Regel nicht gewählt wird, steht Verletzten nach Einstellung des Verfahrens gem. § 172 StPO die Beschwerde und sodann das Klageerzwingungsverfahren zur Verfügung.
Auch wenn Markenrechteinhaber die Aufgabe der Staatsanwaltschaft nicht ersetzen können, sollten sie die Ermittlungsbehörden in jeder Stufe der Ermittlungen bei der Sachverhaltsaufklärung unterstützen. Bei der Verifizierung der Markenrechtsverstöße können sie die rechtsverletzenden Objekte selbst oder deren Lichtbilder in Augenschein nehmen, chemische Analysen durchführen und die Objekte auf Echtheit überprüfen. Gemeinsam mit den Ermittlungsbehörden können sie so das Ermittlungsverfahren vorantreiben.
Die Markenrechtsinhaber können als Verletzte einer Straftat im Hauptverfahren die Nebenklage gem. § 395 StPO erheben. Die vielfältigen in § 397 StPO aufgeführten Verfahrensrechte des Nebenklägers werden für Wirtschaftsunternehmen zumeist zwar nur von untergeordnetem Interesse sein, bei geständigen Angeklagten kann aber beispielsweise das Fragerecht gem. § 240 Abs. 2 StPO gegebenenfalls zur weiteren Aufklärung beitragen.
Fazit: Bei Produktpiraterie sollten Rechteinhaber das Verfahren mitgestalten
Markenrechtsinhaber können das Strafverfahren daher nicht nur von außen beobachten, sie können und sollten dieses aktiv mitgestalten. Sie sollten daher bei Verdachtsmomenten die Ermittlungen in Gang setzen und bei der Verifizierung der Markenrechtsverstöße den Ermittlungsbehörden im Kampf gegen Produktpiraterie die Unterstützung zusichern und ihre Expertise einbringen.
In unserer Beitragsreihe zeigen wir die Möglichkeiten von Markenrechtsinhabern auf, um gegen Produktpiraterie vorzugehen. Im ersten Teil haben wir dargestellt, dass Markenrechtsverletzungen strafbar sind. Dieser Teil der Serie erklärt die Folgen der Produktpiraterie und die Möglichkeit, als Markenrechtsinhaber an der Strafverfolgung mitzuwirken. Teil drei widmet sich der Geltendmachung und Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche innerhalb eines Strafverfahrens.