11. September 2025
Tierhaltungskennzeichnung
Gewerblicher Rechtsschutz

Verbindliche Haltungskennzeichnung – Was gibt es Neues im Bereich Tierwohl? 

Die Einführung des verpflichtenden staatlichen Tierhaltungslabels ist auf 2026 verschoben worden – wie es jetzt weitergeht und was sich zudem ändern soll.

Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz (TierHaltKennzG) war bereits 2023 unter der Ampelregierung beschlossen worden. Mit dem staatlichen Label „Tierhaltung“ soll für mehr Transparenz und Klarheit in Bezug auf die Haltungsform von Tieren gesorgt werden. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen dadurch in die Lage versetzt werden, eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen. Was sich seit unserem Beitrag „Startschuss für verbindliche Tierhaltungskennzeichnung gefallen“ geändert hat und wie die weiteren Pläne der Bundesregierung im Bereich Tierwohl aussehen, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

Tierhaltungskennzeichnung: Was war bisher geplant?

Das nach dem TierHaltKennzG vorgesehene stattliche Tierhaltungslabel gibt Auskunft über fünf Haltungsformen:

  • Stall: Erfüllung der gesetzlichen Mindestanforderungen.
  • Stall + Platz: Die Tiere sollen mindestens 12,5 Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben erhalten. Die Ställe sind entweder durch verschiedene Elemente strukturiert oder den Tieren steht jederzeit ein Auslauf zur Verfügung.
  • Frischluftstall: Die Tiere haben die Möglichkeit, sich in unterschiedlichen Klimabereichen aufzuhalten. Dabei wird den Tieren entweder innerhalb des Stalls ein dauerhafter Kontakt zum Außenklima oder ein Auslauf ermöglicht.
  • Auslauf/Weide: Die Tiere haben 50 Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben und entweder Auslauf und einen Liegebereich oder sie leben dauerhaft im Freien und haben einen geschützten Liegebereich.
  • Bio: Die Tiere haben mindestens 150 Prozent mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben, es gibt Auslaufmöglichkeiten und sie erhalten biologisches Futter (= Haltung entsprechen der EU-Ökoverordnung).

Begonnen werden sollte mit einer verpflichtenden Kennzeichnung für frisches Schweinefleisch aus Deutschland ab dem 1. August 2025. Zu einem späteren Zeitpunkt sollte diese Kennzeichnungspflicht dann auf andere Fleischarten wir Rind und Geflügel ausgeweitet werden. 

Neben dem staatlichen Tierhaltungskennzeichen „Tierhaltung“ existiert bereits seit 2019 die freiwillige, farblich gestaltete „Haltungsform“-Kennzeichnung. Diese umfasst neben Schweinen auch weitere Tierarten wie Hähnchen, Rinder, Puten, Kaninchen, Pekingenten und Milchkühe. Hierbei handelt es sich um ein freiwilliges Label von Handel und Landwirtschaft, das ausschließlich bei den teilnehmenden Händlerinnen und Händlern zu finden ist. Ursprünglich unterschied die „Haltungsform“-Kennzeichnung nur zwischen 4 Haltungsformen. Seit Sommer 2024 wurden diese auf die staatliche Tierhaltungskennzeichnung abgestimmt und inhaltlich angeglichen, sodass nun auch die freiwillige Kennzeichnung zwischen den oben genannten fünf Kategorien unterscheidet. 

Anwendungsbeginn des verpflichtenden Tierhaltungslabels auf 2026 verschoben

Ende Mai 2025 hat das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) in einer Pressemitteilung darüber informiert, dass die Übergangsregelung zur Tierhaltungskennzeichnung angepasst und die Frist zu Umsetzung bis zum 1. März 2026 verlängert werden. Hierum hatte die Agrarministerkonferenz gebeten. Der Bundesminister Alois Rainer hat dies damit begründet, dass die verpflichtende Kennzeichnung von Beginn an funktionieren müsse und die Länder noch Zeit benötigen würden, um das Gesetz umzusetzen. Die Verlängerung wurde inzwischen gesetzlich umgesetzt: Das entsprechende Erste Gesetz zur Änderung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes wurde am 17. Juli 2025 beschlossen und ist am 23. Juli 2025 in Kraft getreten.

Grundlegende Reform soll mehr Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen

Die Koalition aus CDU/CSU und SPD plant zudem eine grundlegende Reform des TierHaltKennzG. Ziel ist es, die bestehenden Regelungen praxistauglicher zu gestalten und stärker auf das Tierwohl auszurichten. Dabei sollen alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette von der Landwirtschaft über den Handel bis hin zur Gastronomie einbezogen werden. Auch sei eine Schwachstelle der derzeitigen Regelungen, dass die bisherige Kennzeichnung nur den maßgeblichen Haltungsabschnitt (die Mastphase) umfasse.

Die gesetzlichen Entwicklungen sollten von den Wirtschaftsakteuren aufmerksam verfolgt und die Kennzeichnungssysteme rechtzeitig an die neuen Anforderungen angepasst werden.

Weitere Pläne der neuen Koalition – Ambitioniertere Regelungen zu tierwohlgerechtem Stallbau, Online-Handel und Tierversuchen

Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien zudem verschiedene weitere Vorhaben zur Stärkung von Tierschutz und Tierwohl angekündigt. 

Weniger Bürokratie und schnellere Genehmigungen sollen tierfreundlichere Haltungsformen erleichtern

Ein zentrales Vorhaben betrifft den tierwohlgerechten Stallbau. Um Landwirtinnen und Landwirten den Umstieg auf tierfreundlichere Haltungsformen zu erleichtern, sollen genehmigungsrechtliche Hürden abgebaut und Verfahren beschleunigt werden. Weniger Bürokratie und schnellere Genehmigungen stehen dabei im Fokus. 

  • Ein wesentlicher Bestandteil ist der geplante Bestandsschutz: Neu- und umgebaute Tierwohlställe sollen für mindestens 20 Jahre rechtlich abgesichert sein. Ziel ist es, Investitionen in bessere Haltungsbedingungen durch mehr Planungssicherheit zu fördern.
  • Auch der Wechsel der Tierart innerhalb bestehender Ställe soll künftig erleichtert werden. So soll es möglich sein, etwa von der Schweine- zur Hühnerhaltung zu wechseln, ohne dafür ein vollständig neues Genehmigungsverfahren durchlaufen zu müssen.
  • Darüber hinaus ist ein einmaliges Prüf- und Zulassungsverfahren für neue Stallsysteme vorgesehen. Innovative Konzepte sollen so schneller in die Praxis überführt und moderne, tiergerechte Haltungssysteme flächendeckend etabliert werden können.

Landwirtschaftliche Betriebe sollten diese Entwicklungen aufmerksam verfolgen und sich frühzeitig mit Möglichkeiten zur Modernisierung ihrer Stallanlagen beschäftigen, um von den geplanten gesetzlichen Neuerungen zu profitieren.

Verbot des anonymen Handels mit Tieren im Internet und im öffentlichen Raum

Der Onlinehandel mit Haus- und Heimtieren nimmt weiter zu – häufig jedoch zulasten des Tierschutzes. Dem möchte die neue Koalition nun entgegenwirken: Geplant ist ein Verbot des anonymen Handels mit Tieren im Internet sowie im öffentlichen Raum. Eine entsprechende Änderung des Tierschutzgesetzes wurde bereits von der Ampelkoalition angestoßen. Der Gesetzesentwurf sah unter anderem vor, dass Anbieter von Tieren auf Online-Plattformen eindeutig identifizierbar sein müssen. Das sollte unseriöse Händler abschrecken und den illegalen Tierhandel eindämmen. Gleichzeitig sollte so der Schutz der Tiere verbessert werden, die häufig unter schlechten Bedingungen transportiert und gehalten werden. Dieser Gesetzesentwurf blieb nach dem Bruch der Ampelkoalition in der ersten Lesung stecken. Es bleibt abzuwarten, welchen Weg die schwarz-rote Koalition einschlagen wird.

Gesetz für Tierversuche geplant

Im aktuellen Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD ein eigenes Gesetz für Tierversuche angekündigt. Bislang waren die entsprechenden Regelungen auf verschiedene Gesetze verteilt. Mit dem neuen Gesetz sollen einheitliche, transparente und rechtssichere Rahmenbedingungen geschaffen werden. Auffallend ist, dass die Koalitionsparteien diese Gesetzesinitiative unter dem Titel „Innovationsfreiheitsgesetz“ und nicht im Kontext „Nutztierhaltung und Tierschutz“ eingeordnet haben. Dies lässt die Frage offen, ob der Fokus des Gesetzes zukünftig stärker auf dem Tierwohl oder auf der Förderung wissenschaftlicher Innovationen liegen wird.

Aus Sicht der Wissenschaft wird das Vorhaben zum Teil schon jetzt positiv bewertet: Forscherinnen und Forscher erwarten von einem solchen Gesetz mehr Rechtssicherheit und eine langfristige Stärkung der Qualität und Effizienz der Forschung in Deutschland. Forschungseinrichtungen und Unternehmen mit eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen sollten die weitere Ausgestaltung des Gesetzes aufmerksam verfolgen. 

Fazit: Ein klares Signal für mehr Tierwohl

Die Pläne der Koalition enthalten mehrere Ansätze, um den Tierschutz und das Tierwohl zu stärken – darunter Maßnahmen zur Kennzeichnung von Tierhaltungsformen, zum Stallumbau sowie zur Regulierung des Tierhandels und von Tierversuchen. Konkreter Handlungswille zeigt sich vor allem beim Abbau bürokratischer Hürden. In anderen Bereichen bleiben viele Fragen offen, etwa zur Ausweitung der Kennzeichnungspflichten oder zur Ausgestaltung eines Tierversuchsgesetzes. Die weitere gesetzgeberische Entwicklung bleibt abzuwarten und sollte aufmerksam verfolgt werden.

Tags: Gewerblicher Rechtsschutz Tierhaltungskennzeichnung