24. Mai 2011
Schachfiguren
Wettbewerbsrecht (UWG)

Die Internet-Fußnote und das Wettbewerbsrecht

Das deutsche Wettbewerbsrecht ist streng. Allerdings ist nicht alles, was dem Wettbewerber nicht passt, auch „abmahnbar“ und am Ende zu verbieten. Einem DSL-Anbieter, der einem Konkurrenten mit einem besonders spitzfindigen Angriff das Leben schwer machen wollte, hat das Landgericht Hamburg (Urteil v. 24.02.2011, 327 O 469/10) nun geradezu schulmäßig die Grenzen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) aufgezeigt.

Stein des Anstoßes war der irgendwo am Ende einer mehrzelligen Fußnote zu einem Flatrate-Angebot auf der Internetseite des Anbieters enthaltene, als allgemeiner Preisänderungsvorbehalt gemeinte Hinweis: 

„Angebote gültig bis 03.08.2010 für Internet und Telefon Neukunden.“

So weit, so banal. Oder nicht? In dem Fußnotentext sah das angreifende Unternehmen jedenfalls den Versuch, den Verbraucher unter Druck zu setzen. Mit dem Hinweis, so die Klägerin, würde eine „zeitliche Befristung“ für das Angebot herbeigeführt. Tatsächlich sei das Angebot aber überhaupt nicht befristet gewesen. Dies sei als irreführende „Scheinaktion“ zu werten, weil das Angebot keine Sonderaktion darstelle, sondern als dauerhaftes Angebot den regulären Preis bewerbe. Darauf will muss man als großer Telko-Anbieter erst einmal kommen.

Nachdem das abgemahnte Unternehmen die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verweigert hatte, zog der klagende DSL-Anbieter vor das LG Hamburg. Das deklinierte die von der Klägerin aufgehäuften Paragrafen des UWG schulmäßig durch – und wies den Unterlassungsanspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zurück: 

Keine Veranlassung des Verbrauchers zu einer sofortigen Entscheidung   

Nach § 3 Abs. 1, Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 7 des Anhangs dürfen zwar bestimmte Waren oder Dienstleistungen allgemein oder zu bestimmten Bedingungen nicht nur für einen sehr begrenzten Zeitraum als verfügbar beworben werden, um den Verbraucher zu einer sofortigen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, ohne dass dieser Zeit und Gelegenheit hat, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden. Im konkreten Fall passe die Vorschrift allerdings nicht: 

„Die Angabe ‚Angebote gültig bis 03.08.2010‘ sagt nämlich für sich genommen noch nichts darüber, ob es tatsächlich objektiv eine Befristung des Angebots gibt oder nicht. Dies kommt durch die Formulierung ‚gültig bis‘ zum Ausdruck. Damit bleibt schlichtweg offen, wie es nach dem Ablauf der Gültigkeitsperiode mit dem Angebot und der zugrunde liegenden Preisgestaltung weiter gehen solle.“

Kein übertriebenes Anlocken

Es sei – durch den Text in der Fußnote – auch nicht von einem „übertriebenen Anlocken″ im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG auszugehen: 

„Die Annahme der Klägerin, die Werbung übe einen zeitlichen Druck auf die Verbraucher aus, kann […] nicht geteilt werden. Dies gilt insbesondere, weil es sich bei der streitgegenständlichen Werbung um eine Werbung im Internet handelt; derjenige Verbraucher, der sich im Internet über die Preise des einen Wettbewerbers erkundigt, kann und wird dies im Allgemeinen auch über die Preise eines oder mehrerer anderer Wettbewerber tun.“

Keine Irreführung über zeitliche Befristung des Angebots

§ 5 Abs. 1, S. 2 Nr. 2 UWG bestimmt, dass die Preiswerbung keine unrichtige Angaben über Höhe, Dauer, Ausmaß und Gründe des Angebots enthalten darf. Auch hier sahen die Hamburger Richter aber kein unlauteres Verhalten durch die angebliche „Befristung″ in der Fußnote: 

„Tatsächlich wird in dem Angebot mit keinem Wort eine Befristung oder die Notwendigkeit zur sofortigen Kaufentscheidung erwähnt. Weder der Blickfang, noch die sonstige Gestaltung der Werbung, einschließlich der Auflösung der Fußnote, vermitteln weder für sich genommen, noch in der Zusammenschau den Eindruck einer befristeten Aktion.“

Keine Täuschung über den Ausgangspreis

Eine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 4 UWG aufgrund einer von dem angreifenden Unternehmen ins Feld geführten wiederholten Verlängerung des streitgegenständlichen Angebots in der Vergangenheit sahen die Hamburger Richter schließlich ebenfalls als nicht gegeben an:

„Wie bereits ausgeführt, wird der in der Fußnote genannte Gültigkeitsendpunkt des Angebots vom angesprochenen Verkehr nicht als Befristung verstanden, sondern lediglich als ein kaufmännisch üblicher (und u.U. auch sinnvoller) Änderungsvorbehalt, insofern unterscheidet sich die hiesige Fallkonstellation auch generell von denjenigen Fällen, in denen Alt- und Neupreis, beispielsweise durch Durchstreichen des Altpreises, gegenübergestellt oder verglichen werden.“

Fazit:

Ein allgemeiner Hinweis, mit dem sich der Unternehmer Preisänderungen vorbehält, kann nicht als Wettbewerbsverstoß geahndet werden.

Das ob seiner angeblichen Strenge im Wettbewerbsrecht oft gescholtene Landgericht Hamburg darf nach dieser ausführlich begründeten Entscheidung durchaus gelobt werden: Nicht alles, was als böser Verstoß erscheint muss auch verboten werden. Dass wir das Urteil auch „in eigener Sache″ besprochen haben soll hier allerdings auch nicht verschwiegen werden.

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