17. Juni 2019
Ticketverkauf wettbewerbswidrig
Wettbewerbsrecht (UWG)

Wettbewerbswidrigkeit von Ticketverkäufen auf dem Zweitmarkt

Personalisierte Eintrittskarten für ein Konzert zu einem Preis anzubieten, der den Originalpreis um 25% übersteigt, kann wettbewerbswidrig sein.

Eintrittskarten zu Konzertveranstaltungen werden im Internet auf dem sog. Ticketzweitmarkt – oder auch „Ticketschwarzmarkt″ genannt – oft zu Preisen gehandelt, die den Preis der Tickets im autorisierten Vorverkauf deutlich übersteigen.

Was hat es damit auf sich? Tickets zu Konzertveranstalten werden vom Veranstalter des Events in der Regel über ausgewählte Vertriebspartner vertrieben. Der Veranstalter bindet das Recht, die Tickets an Endkunden zu verbrauchen, an bestimmte Vorgaben. So dürfen die Tickets nur zu den vom Veranstalter festgelegten Preisen und in den vom Veranstalter festgelegten Kategorien verkauft werden. Damit wollen die Veranstalter sicherstellen, dass sich auch weniger zahlungskräftige Fans ein Ticket für „ihre Band″ leisten können, und Preistreiberei verhindert wird.

Namhafte Konzertveranstalter kämpfen seit Jahren gegen den kommerziellen Tickethandel im Internet zu überhöhten Preisen. Dieser schädige Künstler, Veranstalter und Kartenkäufer gleichermaßen. Nicht-autorisierte Wiederverkäufer und Ticketplattformen rechtfertigen hingegen den hohen Weiterverkaufspreis mit den hohen Beschaffungspreisen für Tickets, da die Angebote nach ihrer Argumentation meist Veranstaltungen beträfen, die im autorisierten Vorverkauf bereits ausverkauft seien. Fakt ist jedoch, dass kommerzielle Tickethändler selbst zu einer „Verknappung″ des Angebots von Eintrittskarten beitragen. Sie kaufen frühzeitig große Kartenkontingente auf, um diese mit erheblichen Preisaufschlägen weiterzuverkaufen. Oftmals werden Tickets auch schon vor Beginn des offiziellen Vorverkaufs, z.B. über sog. Ticket-Alerts, angeboten, obwohl sie am Markt noch gar nicht erhältlich sind.

Ticketplattform vertrieb Tickets zu regelmäßig überhöhten Preisen

Mit dem Angebot von Tickets auf dem Ticketzweitmarkt hatte sich das Landgericht Hannover kürzlich zu beschäftigen. Geklagt hatte der BDKV Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft e. V. gegen eine in den Niederlanden ansässige Ticketplattform (LG Hannover, Urteil v. 21. Januar 2019 – 18 O 92/18). Auf dieser Ticketplattform sind online Tickets zu diversen Konzertevents erhältlich, doch in der Regel zu Preisen, die deutlich über dem Originalpreis liegen. Für die „Vermittlung″ des Geschäfts zwischen Ticketverkäufer und Ticketkäufer über die Plattform – von der Beklagten selbst „Ticketsuche″ genannt – nimmt die Ticketplattform eine Vermittlungsgebühr. Auf der Plattform wurden auch Tickets für das Konzert einer bekannten Sängerin angeboten, die Gegenstand der Entscheidung des Landgerichts Hannover sind. Diese Tickets waren personalisiert, d.h. der Name des Konzertbesuchers musste auf der Karte in eine Leerzeile eingetragen werden. Darunter hieß es dann

Das Recht zum Veranstaltungsbesuch steht nur dem Vertragspartner des Veranstalters zu. Auf einen Dritten ist die Zugangsberechtigung nur übertragbar, wenn der Dritte keinen höheren Preis als den Preis auf der Karte zahlt zzgl. max. 25% Nebenkosten (z.B. Porto, Vermittlungskosten) und alle Vertragspflichten – auch das Weiterverkaufsverbot – übernimmt.

Entsprechende Hinweise wurden vom Konzertveranstalter auch beim Kauf der Tickets sowie in dessen AGB gegeben.

Irreführung der Kunden über die Übertragbarkeit der Tickets

Das Landgericht Hannover hat der Ticketplattform untersagt, auf ihren Internetseiten weiterhin derartige Eintrittskarten zum Verkauf anzubieten oder Verkaufsangebote Dritter zugänglich zu machen, wenn der Preis für die Karten höher ist als der Originalpreis auf der Karte zzgl. max. 25% Nebenkosten (z.B. Porto, Vermittlungskosten). Denn die Angebote der Ticketplattform seien wettbewerbswidrig. Das Gericht begründet dies im Kern mit einer Irreführung der Kunden der Plattform über die Verkehrsfähigkeit – also die Übertragbarkeit – der Tickets.

Rechtlicher Ausgangspunkt ist dabei, dass sog. personalisierten Eintrittskarten nicht wie „normale″ Eintrittskarten übertragen werden. Es wird hier nicht „das Ticket″ verkauft, sondern der vertragliche Anspruch gegen den Veranstalter auf Besuch des Konzertevents. Im entschiedenen Fall waren die Eintrittskarten für das Konzert sog. „unbenannte qualifizierte Legitimationspapiere gemäß § 808 BGB″, denn erst der Kartenkäufer musste den Namen desjenigen, der zum Besuch des Konzerts berechtigt sein soll, selbst eintragen.

Die Weiterverkaufsverbote in den Vertragsbedingungen des Veranstalters enthalten rechtlich gesehen Abtretungsbeschränkungen. Wird gegen sie verstoßen, bedeute dies, dass die Abtretung des Besuchsrechts vom Verkäufer auf den Käufer nicht wirksam ist und in Folge das Besuchsrecht nicht auf den Käufer übergeht. Die Weiterverkaufsverbote des Veranstalters hält das Gericht für wirksam. Im Kern führt das Gericht dazu aus, dass es wichtig sei, breiten Teilen der Bevölkerung die Teilnahmemöglichkeit an Veranstaltungen zu geben. Dieses Ziel werde durch eine Staffelung der Preise und eine Begrenzung der Weiterverkaufspreise durch den Veranstalter erreicht.

Die Klägerin konnte beweisen, dass die von der Plattform verlangten Gesamtpreise mindestens teilweise höher als der aufgedruckte Preis zuzüglich eines Aufschlages von 25% waren. Bei der Bemessung der Preisgrenze müsse – so das Gericht – auch die „Suchgebühr“ der beklagten Ticketplattform berücksichtigt werden. Daher kam das Landgericht Hannover zu dem Schluss, dass die Eintrittskarten nach dem Weiterverkauf über die Plattform dem Käufer nicht das Recht gäben, Zutritt zum Konzert zu verlangen. Da die Plattform aber den Eindruck erwecke, es handele sich um Tickets, die dem Kunden ihrer Plattform das Recht auf Zutritt zum Konzert verschaffen würde, läge ein Wettbewerbsverstoß vor § 3 Absatz 3 UWG i.V.m. Nr. 9 des Anhangs sowie gemäß § 5 Absatz 1 UWG).

EU will Tickethandel zu überhöhten Preisen im Internet unterbinden

Auf europäischer Ebene soll erstmals eine Regelung eingeführt werden, die sich gegen den Ticketzweitmarkt richtet. Die sog. Omnibus Richtlinie der EU (Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der EU-Verbraucherschutzvorschriften) adressiert das Thema durch Einfügung einer neuen Nr. 23a in die sog. „schwarze Liste“ des Art. 5 Abs. 5 S. 1 der UGP-Richtlinie (umgesetzt in Anhang I zu § 3 Abs. 3 UWG). Danach soll der Wiederverkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen an Verbraucher untersagt sein, wenn der Gewerbetreibende die Eintrittskarten unter Verwendung automatisierter Verfahren erworben hat, die dazu dienen, Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der von einer Person zu erwerbenden Eintrittskarten oder andere für den Verkauf der Eintrittskarten geltende Regeln zu umgehen. Konkret bedeutet dies ein Verbot des Weiterverkaufs von Eintrittskarten, wenn diese unter Einsatz von sog. „Ticket Bots″ oder „Ticket-Kauf-Software″ erworben wurden.

Eine Preisregulierung für den Weiterverkauf von Tickets sieht die Richtlinie indes nicht vor.

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