18. Februar 2021
Ansprechpartner Insolvenzverfahren
Restrukturierung und Insolvenz

Wer ist zuständig? – Ein Überblick über die Ansprechpartner im (vorläufigen) Insolvenzverfahren

Zuständigkeiten und Ansprechpartner ändern sich schon bei Einleitung von Insolvenzverfahren. Vorsicht ist insbesondere bei Auskunftsersuchen geboten!

Wenn ein Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage gerät und Insolvenz beantragen muss, so wird ein gerichtliches Verfahren in Gang gesetzt. Für die Geschäftspartner dieses Unternehmens (Schuldner) stellt sich dann die Frage, wie weiter zu verfahren ist und insbesondere auch, wer für die weitere Fortführung der Geschäftsbeziehung der richtige Ansprechpartner ist.

Insolvenzgericht beginnt beantragtes Insolvenzverfahren mit Bestellung eines Sachverständigengutachters

Durch das Insolvenzgericht werden die Entscheidungsstrukturen bei dem Schuldner mehr oder weniger intensiv beeinflusst. Nach Eingang eines Insolvenzantrages bei dem zuständigen Amtsgericht als Insolvenzgericht wird der Insolvenzrichter bei einem Schuldner einen sogenannten Sachverständigengutachter bestellen. 

Aufgabe des Sachverständigengutachters ist es, die Rechts-, Geschäfts- und Vermögensverhältnisse des Schuldners zu klären. Er hat festzustellen, ob die vorhandenen Vermögenswerte ausreichen, um die Verfahrenskosten zu decken und ein Insolvenzverfahren zu eröffnen. Im Weiteren wird er feststellen, ob Insolvenzgründe wie Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung vorliegen. Er wird gegebenenfalls auch an die Geschäftspartner des Schuldners herantreten mit der Bitte, Auskünfte zu Forderungen und Verbindlichkeiten sowie bestehenden Vertragsverhältnissen zu erteilen. Der Sachverständigengutachter versteht sich wie ein Sachverständiger neben dem Schuldner, er hat keinerlei Verfügungs- oder Verwaltungsbefugnisse in Hinblick auf diesen. Für Geschäftspartner des Schuldners bleibt die Geschäftsführung weiterhin der richtige Ansprechpartner.

Stellt der Sachverständigengutachter fest, dass ein fortführungswürdiger Geschäftsbetrieb vorhanden ist oder der Schuldner über wesentliche gefährdete Vermögenswerte verfügt, wird er Sicherungsmaßnahmen bei dem Insolvenzgericht anregen.

Entscheidend für das Insolvenzgericht bei der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ist neben dem Erfordernis von Sicherungsmaßnahmen die vom Schuldner gewählte Verfahrensart. Hat der Schuldner ein klassisches Insolvenzverfahren eingeleitet, kann das Insolvenzgericht einen vorläufigen schwachen oder starken Insolvenzverwalter bestellen. Ist der Schuldner den Weg der Eigenverwaltung gegangen, wird ein sogenannter vorläufiger Sachwalter bestellt.

Insolvenzgericht bestellt einen vorläufig starken oder schwachen Insolvenzverwalter

Die Bestellung eines vorläufigen starken Insolvenzverwalters ist die absolute Ausnahme. Hier werden bereits wesentliche Wirkungen des späteren eröffneten Insolvenzverfahrens vorweggenommen. Der vorläufige starke Insolvenzverwalter tritt an die Stelle der Geschäftsführung und erhält bereits im Insolvenzantragsverfahren die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über Vermögenswerte des Schuldners. 

Er kann bereits im Insolvenzantragsverfahren Verbindlichkeiten gegen die Insolvenzmasse (Masseverbindlichkeiten) begründen, die im späteren Insolvenzverfahren vorrangig vor normalen Gläubigerforderungen bedient werden müssen. Ist ein vorläufiger starker Insolvenzverwalter bestellt, ist er für Geschäftspartner der richtige Ansprechpartner.

Üblich ist jedoch die Bestellung eines sogenannten vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters. Hier bestimmt das Insolvenzgericht im Detail, welche Aufgaben er wahrzunehmen hat und welche Rechte ihm zustehen. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal zum vorläufigen starken Insolvenzverwalter ist die fehlende Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners. 

Erkennbar ist die vorläufige schwache Insolvenzverwaltung im Gerichtsbeschluss in der Regel daran, dass ein Zustimmungsvorbehalt aufgenommen ist. Für Geschäftspartner ist weiterhin die Geschäftsführung zuständig und der richtige Ansprechpartner. Für Vermögensverfügungen des Schuldners, also beispielsweise die Bezahlung von Rechnungen oder die Herausgabe von Waren bedarf die Geschäftsführung allerdings der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. Ohne gesonderten Gerichtsbeschluss kann der vorläufige Insolvenzverwalter keine Masseverbindlichkeiten begründen. In der Praxis wird es so sein, dass die Geschäftsführung sich eng mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter abstimmt und der vorläufige Insolvenzverwalter trotz seiner beschränkten Rechte bei der Betriebsfortführung im Insolvenzantragsverfahren als Ansprechpartner und Entscheider auch nach außen eine sichtbare Rolle einnimmt. Geschäftspartner sollten hier die weitere Fortführung der Geschäftsbeziehung trotz der Zuständigkeit der Geschäftsführung auch mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter eng abstimmen, damit keine Rechtsnachteile erfolgen.

Bei Eigenverwaltung wird vorläufiger Sachwalter bestellt

Hat der Schuldner die Eigenverwaltung beantragt, wird in der Regel ein sogenannter vorläufiger Sachwalter bestellt. Dieser vorläufige Sachwalter hat regelmäßig lediglich eine Überwachungsfunktion. Er stellt Auge und Ohr des Gerichts dar. 

Ist der Antrag auf Eigenverwaltung aussichtsreich, ist also zu erwarten, dass die Geschäftsführung nicht zum Nachteil der Gläubiger handeln wird, bleibt es bei der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters. Die Geschäftspartner können sich dann darauf einstellen, dass zukünftig ein Eigenverwaltungsverfahren eröffnet werden wird. Zuständig und damit Ansprechpartner für den Geschäftspartner ist dann weiterhin die Geschäftsführung des Schuldners.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis dann entweder auf den Insolvenzverwalter im klassischen Insolvenzverfahren über oder sie verbleibt bei der Geschäftsführung im Rahmen der Eigenverwaltung.

Dauer des Insolvenzantragsverfahrens ist gesetzlich nicht festgelegt

Das Gericht wird einen Sachverständigengutachter bestellen, der parallel auch vorläufiger Insolvenzverwalter oder vorläufiger Sachwalter sein kann, und diesem ausreichend Zeit zur Erstellung seines Gutachtens geben. Dies werden in der Regel vier bis sechs Wochen sein, die bei Bedarf verlängert werden können. 

Bei einem laufenden Geschäftsbetrieb wird der vorläufige Insolvenzverwalter bzw. der vorläufige Sachwalter versuchen, die Fortführung über eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes sicherzustellen. Das Insolvenzgeld wird für bis zu drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt, sodass hier auch ungefähr abzuschätzen ist, dass das Insolvenzantragsverfahren so lange dauert, wie ein Insolvenzgeldanspruch besteht.

Für den Geschäftspartner und potentiellen Gläubiger besteht bei Auskunftsersuchen des Gutachters, vorläufigen Insolvenzverwalters oder vorläufigen Eigenverwalters immer die Gefahr, dass Informationen preisgegeben werden, die später nachteilig verwendet werden können. Dies betrifft insbesondere sogenannte Insolvenzanfechtungsansprüche. Hier kann der Insolvenzverwalter unter bestimmten Umständen Leistungen rückabwickeln oder herausfordern. Daher sollte stets abgewogen werden, welche Informationen erteilt werden. Zu beachten ist auch, dass die Auskunft im Insolvenzantragsverfahren eine spätere Forderungsanmeldung zur Insolvenztabelle nicht ersetzt. Diese muss zwingend im eröffneten Insolvenzverfahren erfolgen.

Tags: Ansprechpartner Eigenverwaltung Gutachter Insolvenzantrag Insolvenzverfahren vorläufig
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Eduard Baron von Hahn