6. April 2018
Sanktionen Russland
International

EU verlängert abermals Sanktionen gegen Russland

Die Fronten verhärten sich. Die EU hat die Wirtschaftssanktionen um ein weiteres halbes Jahr verlängert. Die USA veröffentlichen eine „Kreml-Liste“, sehen jedoch (vorerst) von weiteren Sanktionen ab. Trotz allem fällt die Prognose nicht eindeutig aus.

Seit unserem letzten Beitrag zu US-Sanktionen gegen Russland hat sich einiges getan. Wir möchten Sie hiermit über die aktuellsten Entwicklungen im EU- und US-Sanktionsregime informieren sowie abschließend einen kurzen Ausblick für ihr Russlandgeschäft geben.

Derzeit geltendes EU-Sanktionsregime

Am 21. Dezember 2017 wurden die Wirtschaftssanktionen gegen Russland um weitere 6 Monate verlängert. Die bereits beschrieben Sanktionen gelten damit bis zum 31. Juli 2018. Auch die Beschränkungen der Wirtschaftsbeziehungen zur Krim und Sewastopol, die zuletzt im Juni vergangenen Jahres verlängert wurden, bleiben bis zum 23. Juni 2018 in Kraft.

Zuletzt hatte die EU im Zusammenhang mit dem Gasturbinen-Konflikt weitere drei russische Staatsangehörige und drei Unternehmen in die Sanktionsliste aufgenommen. Hintergrund war ein Vertrag über die Lieferung von Gasturbinen zwischen der russischen Siemens Tochter SGTT und dem russischen Unternehmen Technopromexport. Nachdem die Siemens Turbinen absprachewidrig auf die Halbinsel Krim gelangten, verklagte der deutsche Mutterkonzern das russische Unternehmen und forderte die Rückabwicklung des gesamten Geschäfts oder den Rücktransport der Turbinen. Sowohl diese, als auch eine entsprechende Klage zweier Siemens Töchter, blieben vor den russischen Gerichten erfolglos. Technopromexport, die Tochter des Staatskonzerns Rostec, reagierte ihrerseits mit einer Gegenklage, um den Vertrag von 2015 für teilweise unwirksam erklären zu lassen.

US-Sanktionsregime

Weiterhin gültig bleibt auch das US-Sanktionsregime. Der im letzten Beitrag besprochene Gesetzesentwurf zu US-Sanktionen gegen Russland wurde am 2. August 2017 unterschrieben und ist formal in Kraft getreten.

Ende Januar dieses Jahres haben die USA zudem ihre Sanktionslisten um weitere 21 Unternehmen und 21 Personen erweitert. Aufgenommen wurden unter anderem einige an dem Siemens-Konflikt beteiligte Personen und Unternehmen.

Die neuste Entwicklung ergab sich am 29. Januar dieses Jahres, als die sog. „Kreml-Liste“ veröffentlicht wurde. Der in Russland zum Teil spöttisch mit der Forbes-Liste oder dem Telefonbuch Kremls verglichene Bericht, beinhaltet Namen von 210 russischen Politikern, Beamten und Oligarchen, die nach Ermittlungen der US-Behörden enge Beziehungen zu Wladimir Putin unterhalten. Unmittelbar ergeben sich keine negativen Folgen. Es wurde ausdrücklich betont, dass die Liste keinerlei Sanktionen oder Einschränkungen für die genannten Personen bedeutet. Nichtsdestotrotz ist die Kreml-Liste als Warnung zu verstehen, da sie als Grundlage für spätere Sanktionen dienen kann. Erstellt wurde die Liste infolge eines im Sommer 2017 beschlossenen Gesetztes, durch welches der Kongress auf die Moskau zur Last gelegte Beeinflussung der US-Wahl reagiert hatte. Der amerikanische Präsident Donald Trump machte seine Abneigung gegenüber dem Gesetz deutlich und unterzeichnete nur widerwillig das Gesetz. Auch die vom Kongress geforderte Liste wurde nur mehrere Stunden vor Fristablauf an den Kongress gesendet. Nichtsdestotrotz ist die ablehnende Haltung Trumps mit Vorsicht zu genießen. Die Sanktionen sind weiterhin in Kraft und für Trump gilt weiter „America first“.

Auswirkungen: Unternehmen geraten unter Druck

Auch wenn kritische Stimmen immer wieder die Effektivität der Sanktionen bezweifeln, hinterlässt das Sanktionsregime seine Spuren. Vor allem US-Unternehmen geraten unter großen Druck.

Anfang März gab das US-amerikanische Erdölkonzern ExxonMobil bekannt, die gemeinsamen Erdöl- und Gaserkundungen mit Rosneft in Westsibirien, am Schwarzen Meer und am Polarmeer ab sofort beenden zu wollen. Grund dafür seien die gegen Russland verhängten Sanktionen. Im Sommer vergangenen Jahres hatte das US-Finanzministerium eine Strafzahlung von zwei Millionen US-Dollar von ExxonMobil gefordert. Der Konzern hatte sich über die verhängten Russland-Sanktionen hinweggesetzt und Verträge mit dem russischen Unternehmer Igor Setschin abschlossen. Dieser steht seit der Annexion der Krim aufgrund seiner engen Verbindungen zu Wladimir Putin auf der Sanktionsliste der USA.

Der Austritt wird das Unternehmen schätzungsweise einen Verlust von bis zu 200 Millionen US-Dollar einbringen. Weiterhin fortgesetzt wird lediglich das von den Sanktionen nicht umfasste Projekt Sachalin.

Zudem verschärfte der US-Softwarehersteller Oracle erst vor kurzem die Bedingungen für die Lieferung von Produkten und Dienstleistungen an russische Kunden aus dem Öl- und Gassektor. Seit Ende Januar 2018 sind sowohl neue Transaktionen mit den gelisteten Personen, als auch die Verlängerung, Änderung und Erneuerung bestehender Verträge begrenzt. Möglich sind lediglich Finanzdienstleistungen, wie Buchhaltung und Versicherung. Betroffen sind u.a. Gazprom, Rosneft und LUKOIL sowie ihre Tochtergesellschaften und ausländische Unterhemen. Da die Industrie extrem abhängig von ausländischer Software ist, wird nach Ansicht der Experten die Entscheidung des US-Unternehmens dem Öl- und Gassektor großen Schaden zufügen.

Russlands Reaktion: Lokalisierungspolitik

Dem Sanktionsregime steuert Russland immer stärker durch seine Lokalisierungspolitik entgegen. Den Unternehmen werden Anreize gegeben in Russland zu investieren und vor Ort zu produzieren. Die aktuellste Neuerung ist die die Neufassung der Verordnung Nr. 719 „Made in Russia“ vom 1. Februar 2018. Die Verordnung schließt neue Produktgruppen ein und verschärft bestehende Lokalisierungsvorschriften. Betroffen ist unter anderem die Automobilindustrie. An die Anerkennung eines Kraftfahrzeugs als „Made in Russia“ werden neue Mindestverarbeitungsschritte für Schlüsselkomponenten wie Motor oder Elektronik gestellt. Betroffen sind ferner Bereiche der Lebensmittel- sowie der Öl- und Gasindustrie. Damit einhergehend gelten die Sonderinvestitionsverträge, die das zweite Förderinstrument Russlands darstellen. Diese wurden vergangenen Dezember novelliert und für neue Branchen wie den Energiesektor geöffnet.

Welche Chancen und Herausforderungen sich daraus ergeben können, können sie in unserem Artikel zur Erneuerbaren Energie im russischen Energiesektor lesen.

Fazit: Änderungen in der russischen Lokalisierungs- und Investitionsvertragspolitik im Auge behalten

Zunächst ist festzuhalten, dass es sich inhaltlich, bis auf die Aufnahme weiter Personen und Unternehmen in die Sanktionslisten, wenig an dem geltenden EU- und US-Sanktionsregime geändert hat. In zeitlicher Hinsicht wurden die EU-Sanktionen erneut verlängert. Ebenso bleiben die US-Sanktionen weiterhin in Kraft.

Ungeachtet des geltenden Sanktionsregimes fällt die Prognose nicht eindeutig aus. Einerseits werden vor allem amerikanische Unternehmen stark von den US-Sanktionen belastet und es besteht weiterhin die Möglichkeit neuer Sanktionen auf Grundlage der Kreml-Liste. Anderseits wächst trotz der geltenden Sanktionen der deutsche Handel mit Russland. Erstmals seit fünf Jahren steigt der Handel zwischen beiden Ländern sowohl im Export- als auch Importbereich. Auch politisch ist die Lage zweideutig. Während auf der einen Seite die Sanktionen verlängert werden, werden auf der anderen Seite immer wieder Stimmen sowohl aus den USA als auch aus Deutschland laut, die die Russland-Sanktionen in Frage stehen und einen schrittweisen Abbau der Sanktionen fordern.

Zusammenfassend ist für Unternehmen weiterhin Vorsicht geboten. Insbesondere das US-Sanktionsregime hat weitreichende Folgen. Nichtsdestotrotz sind Geschäfte mit Russland gleichwohl möglich und unter Umständen lohnenswert. Dabei gilt es weiterhin, die Änderungen in der russischen Lokalisierungs- und Investitionsvertragspolitik kritisch zu verfolgen.

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