28. Juni 2011
Europäische Privatgesellschaft (SPE)
Corporate / M&A International

Europäische Privatgesellschaft (SPE) in spe?

Seit dem Jahr 2008 nehmen die Planungen der EU für eine Europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea – SPE) zunehmend an Fahrt auf: Die SPE soll eine europäische Kapitalgesellschaft für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sein, die für KMU die Vorteile einer nach europaweit einheitlichen Rechtsprinzipien gegründeten Gesellschaftsform nutzbar macht.

Anknüpfen soll sie an die Erfolgsstory der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE). Aller Abschluss scheint aber schwer. Neben der Frage der Gestaltungsmöglichkeiten für den Gesellschaftssitz und der Höhe des Stammkapitals besteht auch mit Blick auf die Ausgestaltung des Mitbestimmungsmodells, d. h. der Arbeitnehmerbeteiligung in den bzw. dem Leitungsorgan(en) der SPE, weiterhin Uneinigkeit zwischen den Mitgliedsstaaten. Ein am 23.05.2011 von der ungarischen Ratspräsidentschaft vorgelegter Kompromissvorschlag zu den bis heute umkämpften Punkten führte erneut nicht zu einer Einigung.

Der Vorschlag sah als Grundregel eine Arbeitnehmerbeteiligung nach Maßgabe des Rechts des Sitzstaats der SPE vor. Würden allerdings für einen Zeitraum von 3 Monaten nach der Gründung 500 Arbeitnehmer ständig nicht in dem Sitzstaat, sondern in einem anderen Mitgliedsstaat mit höherem Mitbestimmungsniveau beschäftigt, sollte über eine Vereinbarung zur Arbeitnehmerbeteiligung verhandelt und – falls keine Einigung erzielt wird – das Recht des Staates mit dem höheren Mitbestimmungsniveau angewendet werden. Im Fall einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung in einen Mitgliedsstaat mit niedrigerem Mitbestimmungsniveau sollten die Beteiligungsrechte des Heimatstaates anwendbar bleiben, wenn mindestens 1/3 der Arbeitnehmer der SPE (jedoch nicht weniger als 500) dort beschäftigt würden. Ein durch Vereinbarung mit den Arbeitnehmern geschaffenes Mitbestimmungsmodell sollte durch eine Sitzverlegung unberührt bleiben. Ziel dieser Lösung war es sicherzustellen, dass existierende Mitbestimmungsrechte auch fortbestehen, wenn die SPE Arbeitnehmer in mehreren Mitgliedsstaaten beschäftigt oder Beschäftigungs- und Sitzstaat auseinander fallen.

Dieser (sinnvolle) Kompromiss konnte sich leider nicht durchsetzen. Hintergrund hierfür ist die Sorge mancher Mitgliedsstaaten, das nationale Schutzniveau ihrer Arbeitnehmer könne ausgehöhlt werden. Zuletzt lehnte Schweden die „ungarische Lösung″ ab, da der Schwellenwert für eine Unternehmensmitbestimmung der Arbeitnehmer in Schweden deutlich unter 500 Beschäftigten liegt.

Die EU gibt allerdings nicht auf. Das Ringen um die SPE geht beim nächsten Treffen des Wettbewerbsfähigkeitsrats noch in diesem Monat weiter.

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