22. März 2013
Bundeskartellamt
Kartellrecht

Beamte, die bellen, beißen auch – Ermittlungen des BKartA gegen den Sanitärgroßhandel waren angekündigt

Die Sanitärbranche steht seit längerem im Fokus des Bundeskartellamts und der Europäischen Kommission. 2010 verhängte die Europäische Kommission Millionen-Geldbußen gegen 17 Hersteller von Sanitärkeramik wegen unzulässiger Preisabsprachen. Schon 2006 waren Bußgelder in dreistelliger Millionenhöhe gegen Hersteller von Kupferfittings verhängt worden. Am 6. März 2013 haben auch Sanitär-Großhändler in Deutschland und ihr Verband, der Deutsche Großhandelsverband Haustechnik e.V. (DGH), Besuch vom Bundeskartellamt erhalten. Ein Bericht in der Welt legt nahe, die Durchsuchten hätten das Bundeskartellamt regelrecht eingeladen. Was steckt dahinter?

 

Der Markt für Badewannen, Waschbecken und Toilettenschüsseln war viele Jahrzehnte fest in der Hand des Großhandels und der von ihm beziehenden Gas- und Wasser-Installateure. Facheinzelhändler für Sanitärprodukte gab und gibt es dagegen kaum. Wer sein Bad neu einrichtet, beauftragt in aller Regel einen Handwerker. Die Kosten für die Beschaffung von Badewanne, Waschbecken und Toilette sind dabei nur ein Rechnungsposten, neben dem Werklohn des Installateurs und sonstigen Materialkosten.

Die Transparenz für den Kunden ist dementsprechend gering. Der Kunde kann in der Regel nicht erkennen, ob der von ihm beauftragte Installateur die gewünschte Ausstattung bei einem anderen Großhändler zu einem niedrigeren Preis beziehen könnte. Auch wird er den Handwerker nicht danach auswählen, zu welchen Preisen er die gewünschte Badezimmerausstattung vom Großhandel bezieht. Der Preisdruck auf die Fachgroßhändler ist entsprechend gering.

Gegner des Onlinehandels

Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass dem Sanitär-Fachgroßhandel die wachsende Konkurrenz durch andere Vertriebswege, insbesondere das Internet, ein Dorn im Auge ist. Der Fachgroßhandel und die Hersteller haben in der Vergangenheit auch keinen Hehl aus ihrer Feindschaft zu den Internethändlern gemacht. So sprach ein Hersteller in einer Pressemitteilung von 2006 offen von einer „Offensive gegen die Online-Vermarktung“.

Aufgrund verschiedener Beschwerden insbesondere von Seiten der Internethändler ist das Bundeskartellamt im Jahr 2010 tätig geworden und hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Hersteller Aloys F. Dornbracht GmbH & Co. KG eingeleitet. Das Verfahren wurde jedoch schnell eingestellt, nachdem Dornbracht eine Überarbeitung der Vertriebsverträge zugesagt hatte. Das Bundeskartellamt sah von der Verhängung eines Bußgelds ab, erhob aber gegenüber der gesamten Branche mahnend den Finger. In dem Fallbericht zum Dornbracht-Fall mahnte das Bundeskartellamt im Dezember 2011:

„Das Bundeskartellamt erwartet, dass auch andere Hersteller, die ähnliche Verträge abschließen, ihre Regelungen anpassen. Sollte sich der erwünschte Erfolg nicht einstellen, nämlich eine kartellrechtskonforme Belieferung aller Vertriebswege zu erreichen, behält sich das Bundeskartellamt vor, weitere Verfahren in diesem Bereich zu führen.“

Doch hat sich der erwünschte Erfolg eingestellt? Nach Erkenntnissen der Welt plante die Branche anlässlich der diesjährigen ISH-Messe in Frankfurt (12. bis 16. März 2013) eine Absichtserklärung des DGH und des Sanitär-Zentralverbands zu unterschreiben, in der der dreistufige Vertriebsweg betont und eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Großhandel und Handwerk vereinbart werden sollte.

Die Entscheidung der Hersteller und Fachgroßhändler, trotz der ausdrücklichen Warnung des Bundeskartellamts an ihrer grundsätzlichen Ablehnung des Internetvertriebs festzuhalten, war mutig. Zunächst schien dieser Mut auch belohnt zu werden. Das OLG Düsseldorf hat die Auffassung des DGH bestätigt, dass er als Handelsverband keine Versandhändler aufnehmen muss. Ebenso ohne Erfolg geblieben ist bisher die Schadenersatzklage eines Onlinehändlers in Höhe von 2,5 Millionen gegen Dornbracht, wegen der kartellrechtswidrigen Diskriminierung des Onlinehandels. Das LG Köln stellte zwar die Kartellrechtswidrigkeit fest, lehnte den Schadenersatzanspruch aber wegen Mängeln bei der Darlegung des konkreten Schadens ab.

Es bleibt abzuwarten, welchen Maßstab das Bundeskartellamt letztlich auf das Verhältnis zwischen Markenherstellern und dem Fachhandel bezüglich der Beschränkung des Internetvertriebs anwendet. Das (vorläufige) Fazit der erneuten Ermittlungen: Was für Hunde gilt, muss nicht für Beamte gelten. Beamte, die bellen, beißen auch!

Tags: Badewannenkartell Onlinehandel Sanitärhandel