11. Mai 2017
CMS Umwelt- und Planungsrechtstag 2017
Öffentliches Wirtschaftsrecht

CMS Umwelt- und Planungsrechtstag 2017

Der diesjährige CMS Umwelt- und Planungsrechtstag bot erneut Platz für Vorträge und Gespräche. Auch Lösungsvorschläge zu bestehenden Problemen wurden diskutiert.

Am 23. März 2017 drehte sich bei dem zweiten CMS Umwelt- und Planungsrechtstag alles um die Frage, wie sich Verzögerungen bei großen Bau- und Planungsvorhaben vermeiden lassen.

Neben Vorträgen zu den Ursachen für langwierige Genehmigungsverfahren wurde auch der Entwurf des Modernisierungsgesetzes zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung dargestellt.

Podiumsdiskussionen am CMS Umwelt- und Planungsrechtstag

Nach den Vorträgen folgte eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Verzögerung in der Vorhabenzulassung-Abhilfe in Sicht?“. Auf dem Podium diskutierte Frau Dr. Ulrike Bick, Richterin im 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, Herr Dr. Christof Sangenstedt, Leiter des Referats G I 2 im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit (BMUB), Herr Volker Steingroß, Leiter des Geschäftsbereichs strategische Flughafenentwicklung am Flughafen Köln-Bonn, und Herr Dr. Fritz von Hammerstein. Die Diskussion wurde von Herrn Dr. Christian Scherer-Leydecker moderiert.

Im Anschluss an die Frage, warum die europäischen Vorgaben insbesondere in Deutschland zu erheblichen Schwierigkeiten führen, diskutierte das Podium – unter reger Beteiligung des Publikums – über Gründe und Lösungsmöglichkeiten.

Diskussion zu: Komplexität der rechtlichen Regelungen, Angst vor Veränderungen und fehlenden Detailregelungen auf Bundesebene

Eine Vielzahl von Gründen für die Verzögerungen bei Vorhabenzulassungen wurden diskutiert. Dazu zählte unter anderem die Komplexität der rechtlichen Regelungen sowie die Verschiedenheit der Anforderungen. In Erinnerung an das gescheiterte Umweltgesetzbuch wurde festgestellt, dass die Angst vor Veränderung einer Anpassung der Rechtsgrundlagen häufig im Wege stünde. Ein Konsens könne häufig nur für die Abschaffung, nicht aber für Neuregelungen gefunden werden.

Bemängelt wurden zudem fehlende Detailregelungen auf Bundesebene. Der Gesetzgeber lasse den Vollzug hiermit allein. Es werde beispielsweise versucht, Regelungslücken durch die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaften zu schließen, ohne die Industrie einzubeziehen.

Weitere Gründe für Verzögerungen

Die Kritik richtete sich nicht nur gegen den Gesetzgeber. Auch der fehlende Mut der Politik, unpopuläre Vorhaben durchzusetzen, die Einmischung der Politik in die Tätigkeit der Behörden, fehlende Kapazitäten auf Seiten der Verwaltung, überspannte Anforderung bei der Sachverhaltsaufklärung durch die Gerichte und langwierige Gerichtsverfahren wurden als Probleme identifiziert.

Zulassungsverfahren seien zunehmend geprägt von übermäßigem Perfektionismus und fehlendem Pragmatismus. Wie beispielsweise anhand der bei Großvorhaben in der Regel mehrere tausend Seiten umfassenden Antragsunterlagen zum Ausdruck komme. Dies überschreite das handhabbare Maß.

Differenzierung zwischen Genehmigungs- und Anhörungsbehörde – sinnvoll oder nicht?

Ob eine Differenzierung zwischen Genehmigungs- und Anhörungsbehörde – wie dies bei planfeststellungspflichtigen Vorhaben in zahlreichen Bundesländern vorgesehen ist – sinnvoll ist, wurde kontrovers diskutiert und mehrheitlich die Trennung als überflüssig und hinderlich empfunden. Auch der Sinn des Erörterungstermins – der EU-rechtlich nicht erforderlich sei – wurde in Frage gestellt, da er in aller Regel keinen Beitrag zur Befriedung leistet. In jedem Fall wurde eine stärkere Fokussierung auf die Punkte, die aus Behördensicht für aufklärungsbedürftig gehalten werden, für sinnvoll erachtet.

Lösungsvorschläge richten sich an die Legislative, Exekutive und Judikative

Zudem wurden zahlreiche Lösungsvorschläge erörtert. Auch diese richteten sich an alle drei Gewalten. Der Gesetzgeber müsse klarere Regelungen schaffen. Hier wurde insbesondere der Wunsch geäußert, sich mehr auf das Europarecht einzulassen und dieses besser mit dem deutschen Recht in Einklang zu bringen.

Gefordert wurden verfahrensrechtliche Änderungen. Im Gespräch waren unter anderem Fristenvorgaben für Klagebegründungen mit Ausschlusswirkung, wie sie im Ausland und bei der EU üblich sind. Andererseits wurde auf die unterschiedlichen Rechtstraditionen hingewiesen.

Der Wunsch nach klaren Regelungen für die Auslegungsorte der Antrags- und Genehmigungsunterlagen im Zulassungsverfahren wurde ebenfalls formuliert. Dies sei insbesondere bei der Betroffenheit von Fließgewässern problematisch. Die fehlenden Vorgaben führten bislang dazu, dass Antragsunterlagen zur Vermeidung von Fehlern über mehrere 100 Kilometer in einer Vielzahl von Gemeinden ausgelegt würden. Dies könne beispielsweise über eine Veröffentlichung im Internet vermieden werden.

Außerdem wurde die Ausweitung der Beurteilungsspielräume der Behörden genannt. Die Gerichtsverfahren seien mit der vielfach anzutreffenden Detailprüfung überfordert. Dem wurde entgegengehalten, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur grundgesetzlichen Rechtsschutzgarantie diesen Prüfungsmaßstab fordere.

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müsse zukünftig größere Beachtung finden

Für die Behörden wurde zum einen eine bessere Ausstattung, zum anderen aber auch ein pragmatischer Umgang gefordert. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müsse insgesamt mehr beachtet werden; insbesondere auch im Hinblick auf die beizubringenden Unterlagen. Langwierige Verfahren führen zur Veralterung von Gutachten, die dann aktualisiert werden müssten. Hierzu sollten Stichtage festgelegt werden, etwa der Zeitpunkt des Scoping-Termins. In diesem Zusammenhang wurde auch vorgeschlagen, spätere Entwicklungen über nachträgliche Ersatzmaßnahmen abzuarbeiten.

Im Bereich der Judikative sei ebenfalls eine personelle Aufstockung erforderlich. Zudem sollten die Gerichte von den bereits bestehenden Möglichkeiten, Fristen zu setzen, mehr Gebrauch machen und möglichst frühzeitig mit den Parteien kommunizieren. Auf diesem Wege könnten schriftliche Ausführungen zu Aspekten, die aus Sicht des Gerichts nicht relevant sind, weitestgehend vermieden werden.

Der nächste CMS Umwelt- und Planungsrechtstag wird voraussichtlich im Frühjahr 2018 stattfinden.

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