6. Oktober 2020
Reform Stiftungsrecht
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Die Reform des Stiftungsrechts kommt näher – Das BMJV legt seinen Referentenentwurf vor

Es geht voran. Der Referentenentwurf des BMVJ zur Neuregelung des deutschen Stiftungsrechts schürt Hoffnungen, aber er gibt bestehenden Stiftungen auch Anlass zum Handeln.

Am 28. September 2020 hat das BMJV den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts vorgelegt. Grundlage des Referentenentwurfs ist der bereits im Februar 2018 vorgelegte Diskussionsentwurf der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Stiftungsrecht″.

Die inhaltlichen Eckpunkte:

Der Referentenentwurf sieht umfassende Änderungen des deutschen Stiftungsrechts vor. Die wesentlichen Eckpfeiler sind:

  • die Vereinheitlichung des Stiftungszivilrechts auf Bundesebene im BGB,
  • die Einführung eines zentralen Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung sowie Meldefiktionswirkung im Sinne des Geldwäschegesetzes,
  • die Einführung einer eigenständigen Haftungsnorm für Stiftungsorgane und Kodifizierung der Business Judgement Rule als Sorgfaltsmaßstab,
  • die Kodifizierung eines umfassenden Ermächtigungskatalogs zur Vornahme von Satzungsänderungen, Zweckänderungen, Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung, Zu- und Zusammenlegung sowie die Auflösung der Stiftung.

Vereinheitlichung auf Bundesebene und eigenständige Kodifikation

Der Referentenentwurf beinhaltet eine bundeseinheitliche Kodifizierung des Stiftungszivilrechts im BGB. Dies wird dazu führen, dass umfangreiche Kürzungen in den Landesstiftungsgesetzen erfolgen werden und dazu, dass das Bundesstiftungsrecht eigenständiger, d.h. mit weniger Verweisen in das Vereinsrecht an zentraler Stelle im BGB normiert sein wird.

Erfasst sind insbesondere umfangreiche Regelungen zur Organisationsverfassung der Stiftung, zum Stiftungsvermögen, dessen Einteilung in dauerhaft zu erhaltendes Grundstockvermögen und verbrauchbares Vermögen, den Vermögenserhalt, die Vermögensverwaltung, besonderen Vorgaben für die Verbrauchsstiftung sowie Voraussetzungen und Ablauf von Satzungs- und Grundlagenänderungen.

Es soll nun doch ein Stiftungsregister mit Publizitätswirkung geben

Wissenschaft und Praxis waren sich seit langem einig, es braucht ein Stiftungsregister mit Publizitätswirkung. Umso größer war die Enttäuschung darüber, dass der Diskussionsentwurf der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein solches Register nicht vorgesehen hatte.

Der Referentenentwurf beinhaltet nun das lang ersehnte Stiftungsregister mit Publizitätswirkung (§ 82d BGB-RE). Das Register soll beim Bundesamt für Justiz zentral geführt werden und es sollen alle bestehenden und neu errichteten Stiftungen in das Register eingetragen werden. Wesentliche Inhalte des Registers sind Angaben über die vertretungsberechtigten Organe und deren Vertretungsbefugnis sowie Name, Sitz, Grundlagen- und Satzungsänderungen der Stiftung. Stiftungen wird damit endlich der Nachweis der Vertretungsberechtigung im Rechtsverkehr erleichtert werden. Und schließlich soll das Register auch als meldefiktionsfähiges Register im Sinne des § 20 Abs. 2 des Geldwäschegesetzes vorgesehen werden.

Nach erfolgter Eintragung sollen rechtsfähige Stiftungen künftig einen Rechtsformzusatz „e.S.″ bzw. „eingetragene Stiftung″ oder „e.VS.″ bzw. „eingetragene Verbrauchsstiftung″ im Namen tragen, § 82c BGB-RE.

Die Grundlagen der Haftung von Stiftungsorganen werden geregelt

Neuerungen sieht der Referentenentwurf auch im Bereich der Haftung von Stiftungsorganen vor. Aus dem Diskussionsentwurf übernimmt der Referentenentwurf die Kodifizierung der aus dem Aktienrecht entlehnten und von der stiftungsrechtlichen Rechtsprechung übernommenen Business Judgement Rule. Nach § 84a Abs. 3 S. 2 BGB-RE soll ein Stiftungsorgan dann nicht pflichtwidrig handeln, wenn es unter Beachtung gesetzlicher und satzungsmäßiger Vorgaben vernünftiger Weise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln.

Im Falle eines Pflichtverstoßes soll künftig nicht mehr das Organmitglied sein fehlendes Verschulden, sondern umgekehrt die Stiftung das positive Verschulden des Organmitglieds darlegen und beweisen müssen, § 84a Abs. 3 BGB-RE.

Eine satzungsmäßige Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit soll künftig nur noch in der Errichtungssatzung durch den Stifter selbst vorgesehen werden können, § 84a Abs. 3 S. 3 BGB-RE.

Es soll ein umfassender Ermächtigungskatalog zu Satzungs- und Grundlagenänderungen kommen

Im Bereich der Satzungs- und Grundlagenänderungen übernimmt der Referentenentwurf im Wesentlichen den gestuften Ermächtigungskatalog des Diskussionsentwurfs in die § 85 ff. BGB-RE. Künftig sollen damit im BGB einheitliche Regelungen über die Voraussetzungen und den Ablauf von einfachen und wesentlichen Satzungsänderungen, Zweckänderungen, die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung, die Zulegung und Zusammenlegung sowie die Auflösung der Stiftung normiert werden. Die landesgesetzlichen Regelungen werden damit obsolet. Für Stiftungen, deren Satzungen in diesen Punkten keine oder nur rudimentäre Regelungen enthalten, würde die Reform eine erhebliche Flexibilisierung und Anpassungsmöglichkeiten bringen.

Im Bereich der Zu- und Zusammenlegung sieht der Entwurf umfangreiche Regelungen vor, die von der dringend erforderlichen Gesamtrechtsnachfolge über detaillierte Regelungen zum Ablauf bis zum Gläubiger- und Rechtsschutz reichen. Insbesondere die Gesamtrechtsnachfolge wird die Zu- und Zusammenlegung zu einem attraktiveren Instrument im Umgang mit notleidenden Stiftungen machen. Noch nicht zu Ende gedacht sind indes die steuerrechtlichen Regelungen zur Zu- und Zusammenlegung. Es fehlt eine Einbettung in das System des Umwandlungssteuerrechts. Zudem sieht der Entwurf ohne jegliche Begründung vor, dass der Vermögenserwerb im Rahmen einer Zu- und Zusammenlegung ein grundsätzlich schenkungsteuerbarer Vorgang sein soll. Zwar wären gemeinnützige Stiftungen über § 13 Abs. 1 Nr. 16 b) ErbStG von dieser Schenkungsteuer wiederum befreit, für privatnützige Stiftungen würde dies jedoch in vielen Fällen die Zu- und Zusammenlegung faktisch unmöglich machen. Hier besteht Nachbesserungsbedarf.

Die gesetzlichen Ermächtigungsvoraussetzungen sind nach der Intensität der einzelnen Maßnahme gestuft und sollen zukünftig für den Stifter nur zum Teil und nur in der Errichtungssatzung dispositiv sein. Weiterhin sollen primär die Stiftungsorgane ermächtigt bleiben. Die Stiftungsbehörden sollen auch weiterhin nur subsidiär die Kompetenz zu entsprechenden Maßnahmen haben.

Der Entwurf beinhaltet vielversprechende Änderungen, aber bestehende Stiftungen sollten jetzt auch ihren Handlungsbedarf prüfen

Es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur lang erwarteten Stiftungsrechtsreform getan. Der Referentenentwurf beinhaltet viele wichtige Änderungen, die dazu beitragen werden, das Stiftungsrecht in Deutschland zu vereinheitlichen sowie Transparenz und Rechtssicherheit zu erhöhen. Die Stiftung wird hiervon als Rechtsform profitieren, sowohl im gemeinnützigen Bereich als auch als Gestaltungsmittel in der Unternehmens- und Vermögensnachfolge.

Für viele bestehenden Stiftungen werden die geplanten Änderungen Handlungsoptionen v.a. im Bereich der Grundlagenänderungen eröffnen bspw. im Hinblick auf Zweckänderungen, die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung oder die Zu- und Zusammenlegung.

Bestehende Stiftungen sollten aber auch dringend prüfen, ob noch vor Umsetzung der Reform allfällige Satzungsänderungen umgesetzt werden sollten, bevor durch die Reform in Teilbereichen eine Änderung nicht mehr möglich sein wird. Denn die Reform sieht in einzelnen Bereichen vor, dass eine Disposition über die gesetzlichen Regelungen nur noch dem Stifter in der Errichtungssatzung offenstehen soll, wie beispielsweise der Erleichterung von Satzungs- und Grundlagenänderungen oder der Haftungsprivilegierung für Stiftungsorgane. Hier besteht Handlungsbedarf.

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