Die Löschung des Erbbaurechts aus dem Grundbuch ohne Rücksicht auf die Entschädigungsforderung ist unzulässig. Der BGH nennt die Gründe.
Wie kann der Eigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks das Erbbaurecht zum Erlöschen bringen, wenn das Erbbaurecht durch Zeitablauf erloschen ist und der Erbbauberechtigte die Löschung des Erbbaurechts im Grundbuch nicht bewilligt?
Der BGH hat nunmehr zu dieser Fragestellung und den daraus resultierenden Folgen in einer Leitsatzentscheidung Stellung genommen.
Löschung des Vorkaufsrechts und Erbbaurechts aus Grundbuch beantragt
Die Beteiligte ist Eigentümerin eines Grundstücks, welches mit einem Erbbaurecht belastet ist. Darüber hinaus ist im Erbbaugrundbuch zu Gunsten des jeweiligen Erbbauberechtigten ein Vorkaufsrecht eingetragen. Nach Ablauf des Erbbaurechts beantragte die Grundstückseigentümerin die Löschung des Erbbaurechts und Vorkaufsrechts.
Das Grundbuchamt hat den Antrag mit einer Zwischenverfügung beanstandet und zur Begründung vorgetragen, die Löschung könne ohne die gleichzeitige Eintragung der Entschädigungsforderung nicht erfolgen und deshalb müsse die Eintragung dieser Forderung beantragt werden – es sei denn, der Entschädigungsanspruch ist (was hier nicht der Fall war) ausgeschlossen oder der Erbbauberechtigte verzichtet auf diese Eintragung in der Form des § 29 GBO.
Nachdem die gegen die Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde erfolglos geblieben war, verfolgte die Grundstückseigentümerin ihre Löschungsanträge im Wege der Rechtsbeschwerde weiter. Der BGH schloss sich der Auffassung des Beschwerdegerichts an und wies die Rechtsbeschwerde zurück.
Grundbuchberichtigung notwendig
Mit Zeitablauf des Erbbaurechts wird das Grundbuch aus mehreren Gründen unrichtig: Zum einen ist das im (Erbbau-)Grundbuch eingetragene Erbbaurecht erloschen, zum anderen ist mit Erlöschen des Erbbaurechts die Entschädigungsforderung des Erbbauberechtigten (§ 27 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG) entstanden. Diese Entschädigungsforderung haftet auf dem belastenden Grundstück anstelle des Erbbaurechts und mit dessen Rang (§ 28 ErbbauRG).
Wie die zuvor genannte Unrichtigkeit zu beseitigen ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach einer Auffassung ist das Erbbaurecht nicht im Wege der Grundbuchberichtigung (§ 22 GBO), sondern auf Bewilligung des Erbbauberechtigten hin zu löschen. Fehlt es an dieser Bewilligung, wird weiter vertreten, dass das Erbbaurecht auf Berichtigungsantrag des Grundstückseigentümers hin (§§ 12, 22 GBO) nach Fristablauf im Grundbuch gelöscht werden kann – und zwar ohne Rücksicht auf die Entschädigungsforderung. Zur Begründung wird angeführt, das Erlöschen des Erbbaurechts stünde in keinem Zusammenhang mit der Entschädigungsforderung.
Das Konsensprinzip des Grundbuchrechts
Der BGH hat sich gegen diese Auffassung ausgesprochen. Er steht auf dem Standpunkt, dass die Löschung des Erbbaurechts durch Berichtigung des Grundbuchs (§§ 13, 22 GBO) erst dann erfolgen kann, wenn gleichzeitig auf Antrag des Grundstückseigentümers hin die Entschädigungsforderung im Grundbuch eingetragen wird. Der BGH begründet seine Ansicht unter Verweis auf § 19 BGO, wonach derjenige, dessen Recht durch eine Eintragung betroffen ist, die Eintragung bewilligen muss, sog. formelles Konsensprinzip des Grundbuchrechts.
Die Betroffenheit des Erbbauberechtigten im Falle der Löschung des Erbbaurechts nach Zeitablauf ohne die gleichzeitige Eintragung der Entschädigungsforderung ergibt sich daraus, dass die Löschung des Erbbaurechts den Erbbauberechtigten rechtlich beeinträchtigt, weil die Entschädigungsforderung ranggleich an die Stelle des Erbbaurechts tritt (§ 28 ErbbauRG) und deshalb der Berechtigte eine Berechtigungsbewilligung (§ 894 BGB) nur Zug um Zug gegen Befriedigung oder Sicherung des Entschädigungsanspruchs abgeben muss.
Zuletzt hat der BGH klargestellt, dass die Entschädigungsforderung als dingliches Sicherungsmittel eigener Art eintragungsfähig ist. Für die Eintragung kommen die Vorschriften über Reallasten entsprechend zur Anwendung. Steht die Höhe der Entschädigungsforderung nicht fest, so kann die Eintragung ohne Nennung eines Geldbetrages erfolgen, denn es ist – wie auch bei der Eintragung einer Reallast – ausreichend, wenn die Höhe bestimmbar ist.
Fazit: Löschung des Erbbaurechts aus Grundbuch nur gegen Entschädigung
Der Entscheidung des BGH ist inhaltlich zuzustimmen. Die Tatsache, dass die Löschung des Erbbaurechts ohne Rücksicht auf die Entschädigungsforderung unzulässig ist, ergibt sich bereits daraus, dass das Erbbaurecht und die Entschädigungsforderung nicht zwei voneinander unabhängige Rechte sind, vielmehr hängen sie voneinander ab: Die Entschädigungsforderung entsteht mit der Entstehung des Erbbaurechts als bedingtes Recht, ihre Fälligkeit ist lediglich bis zum Erlöschen des Erbbaurechts aufgeschoben.
An die Stelle des erloschenen Erbbaurechts tritt – ranggleich – die Entschädigungsforderung und für diese Forderung haftet nicht nur der Grundstückseigentümer persönlich, sondern auch das Grundstück (§ 28 ErbbauRG). Hinzu kommt, dass nur durch die Eintragung der Entschädigungsforderung im Grundbuch der Erbbauberechtigte vor einem gutgläubigen lastenfreien Erwerb geschützt ist.