21. Juni 2018
DIN Regeln der Technik
Real Estate

Wer trägt das Risiko einer Änderung der anerkannten Regeln der Technik?

Ändern sich DIN-Normen während des Baus, so schuldet der Auftragnehmer eines VOB/B Vertrages stets die zum Zeitpunkt der Abnahme geltende DIN-Norm.

Ein Auftraggeber beauftragte die Errichtung von drei Hallen auf Basis eines VOB/B-Vertrags. In der Gebäudebeschreibung ist eine Schneelast von 80 kg/m2 angegeben, die der DIN 1055-5 (1995) entsprach. Diese technischen Vorgaben änderten sich jedoch durch die DIN 1055-5 (2005), wonach seit deren Einführung eine Schneelast von 139 kg / m2 anzusetzen ist.

Die Halle wurde dennoch unter Zugrundelegung der DIN 1055-5 (1995) in der Zeit bis August 2007 errichtet. In der Folgezeit kam es zur Durchbiegung der Dachkonstruktion und der Auftraggeber forderte den Auftragnehmer zur Verstärkung der Dachkonstruktion auf. Dabei vertrat er die Auffassung, der Auftragnehmer habe die Dachkonstruktion unter Berücksichtigung der in der (neuen) DIN 1055-5 (2005) vorgesehenen Schneelast von 139 kg/m2 zu ertüchtigen, also die Änderung der anerkannten Regeln der Technik zu berücksichtigen.

Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme geschuldet

Der BGH teilte diese Auffassung und entschied mit Urteil vom 14. November 2017 (Az.: VII ZR 65 / 14), dass der Auftragnehmer des VOB / B-Vertrags grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme schulde. Dies gelte auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme.

In einem solchen Fall habe der Auftragnehmer den Auftraggeber über die Änderungen und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt.

Die hieraus für den Auftraggeber resultierenden Handlungsoptionen beschrieb der BGH wie folgt:

Zum einen kann er die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen mit der Folge, dass ein aufwändigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen war. In diesem Fall kann der Auftragnehmer im Regelfall eine entsprechende Anpassung der Vergütung verlangen. Alternativ kann der Auftraggeber aber auch auf die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verzichten und damit eine etwaige Verteuerung des Bauvorhabens vermeiden.

Praxistipp – Klarstellungsvereinbarung bei Vertragsschluss

Nach der Rechtsprechung des BGH bleibt es den Parteien unbenommen, bereits bei Vertragsschluss eine Vereinbarung zu treffen, nach der die Bauausführung hinter den aktuellen oder den künftigen allgemein anerkannten Regeln der Technik, soweit deren Einführung bereits absehbar ist, zurückbleibt. Dies erfordert jedoch, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber klar auf die Bedeutung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und die mit der Nichteinhaltung verbundenen Konsequenzen und Risiken hinweist.

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