Die befürchtete Vermögenssteuer steht nicht auf der Agenda der neuen Regierung. Aber werden andere Regelungen für familiäre Vermögen kommen?
Wer den Koalitionsvertrag mit dem Ziel durchsucht, die geplanten Veränderungen für familiäre Vermögen zu finden, wird bei dem von den Ampel-Partnern gefassten Papier nicht fündig werden.
Wichtig ist somit, was nicht geschrieben wurde. Zum Verständnis ist jedoch ein Überblick über den Kontextnotwendig.
Hintergrund: Sorge um private Vermögen durch Vermögenssteuer bzw. Vermögensabgabe
Die Diskussion, ob eine Vermögenssteuer oder eine Vermögensabgabe die bessere oder einfachere Möglichkeit sei, wie eine faire Vermögensverteilung herbeigeführt werden könnte, wurde leidenschaftlich geführt. Als SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP die Gespräche aufnahmen, war klar: Die drei unterschiedlichen Positionen unter einen Hut zu bekommen, ist eine Herausforderung.
Sondierungsgespräche gaben Hinweise auf geplante Änderungen bei der Besteuerung von familiären Vermögen
Die Spannung stieg mit der Veröffentlichung des Papiers zum Ergebnis der Sondierung. Dort stand u.a. (Seite 10/11):
Wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen und Steuern wie zum Beispiel die Einkommen-, Unternehmens oder Mehrwertsteuer nicht erhöhen.
Für die Betroffenen wurden die Abkehr von der Vermögensteuer und Vermögensabgabe sowie die Absage an eine Erhöhung von Einkommen-, Mehrwert- und Körperschaftsteuer als Sieg gesehen. Das Papier ließ jedoch genügend Raum für Spekulationen.
Der Koalitionsvertrag enthält (nur) Andeutungen von Anpassungen bei der Besteuerung von familiären Vermögen
Der Koalitionsvertrag beschäftigt sich allerdings mit diesem vieldiskutierten Thema nicht. Enthalten sind jedoch Ausführungen zur Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (zuvor GmbH in Verantwortungseigentum) und zum steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht.
Es wird ausgeführt, dass zu einer modernen Unternehmenskultur auch neue Formen wie bspw. Gesellschaften mit gebundenem Vermögen gehören sollen. Für Unternehmen mit gebundenem Vermögen soll eine geeignete Rechtsform geschaffen werden, die Steuersparkonstruktionen ausschließt (Rz. 915 des Koalitionsvertrages). Alle drei Parteien hatten sich im Wahlkampf positiv zur Gesetzesinitiative bzgl. der GmbH mit gebundenem Vermögen geäußert. Wir werden die nun anstehende Entwicklung, ob diese Rechtsform tatsächlich neben die bestehenden unternehmensverbundenen Stiftungskonstruktionen treten kann, beobachten und hierüber berichten.
Im Hinblick auf das Gemeinnützigkeitsrecht äußert sich der Koalitionsvertrag dahingehend, dass gemeinnützige Tätigkeiten über EU-Grenzen hinweg gefördert werden sollen (Rz. 4463 des Koalitionsvertrages). Daneben sollen bestehende steuerrechtliche Hürden für Sachspenden an gemeinnützige Organisationen durch einfachere Regelungen beseitigt werden (Rz. 5610 des Koalitionsvertrages).
Äußerungen zu konkreten steuerlichen Maßnahmen sucht man hingegen vergebens.
Die Spekulation: Steuersparmodelle kommen trotzdem auf den Prüfstand
Am wahrscheinlichsten ist, dass die Koalitionäre sich nicht auf konkrete Maßnahmen einer geänderten Besteuerung von familiären Vermögen einigen konnten.
Gleichwohl ist zu vermuten, dass dies nicht über die kommenden vier Jahre so bleiben muss. Zwar erklärte Herr Lindner nach Veröffentlichung des Koalitionsvertrages, es gäbe keine Steuererhöhungen. Die Aussagen in dem Sondierungspapier lassen aber dennoch Raum für Spekulationen, da der Koalitionsvertrag keine klare Absage enthält.
Im Koalitionsvertrag wird die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und ‑gestaltung intensiv behandelt. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht überraschend, wenn sich die neue Regierung kritisch mit verbliebenen Gestaltungsmodellen auseinandersetzen würde, die bei der Strukturierung von größeren Vermögen genutzt werden. In die Diskussion könnten bspw. Gestaltungen im Kontext des § 28 a ErbStG (Erlassmodell bzw. Verschonungsbedarfsprüfung), das Wohnungsunternehmen oder KGaA-Modelle rücken. Zudem spricht manches dafür, dass die Verschonungsregelungen für unternehmerisches Vermögen zwar nicht abgeschafft, aber geringfügig (symbolisch) reduziert werden könnten.
Familien sind gut beraten, die Strukturierung des Vermögens und die Nachlassplanung mit den bestehenden Möglichkeiten umzusetzen – es ist zu erwarten, dass die Rahmenbedingungen sich in dieser Legislaturperiode ändern werden
Das Zitat „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ wurde bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages wiederholt genutzt. Warten wir ab, welche Maßnahmen „aus dem Hut gezaubert werden“, wenn ein wenig Zeit unter der neuen Koalition verstrichen ist. Zwar enthält der Koalitionsvertrag im Grunde keine konkreten Aussagen über mögliche veränderte Regelungen für familiäre Vermögen. Dennoch könnten in den kommenden vier Jahren Veränderungen beschlossen werden. Fest steht: Wir werden die Entwicklung beobachten und darüber berichten.
Bestimmte Trends lassen sich jedoch bereits feststellen: Die Nachfrage nach nationalen, aber vor allem auch nach internationalen Lösungen steigt, insbesondere Familienstiftungen als „internationale Familienpools“ im Ausland werden häufiger nachgefragt. Daneben bleibt der Trend zur Professionalisierung des Familienvermögens inklusive Family-Office-Dienstleistungen ungebrochen.
In unserer Blog-Serie „Ampel 21 – Auswirkungen des Koalitionsvertrages“ halten wir Sie zu den Auswirkungen des Koalitionsvertrages für in den verschiedenen Sektoren tätige Unternehmen auf dem Laufenden.