1. Dezember 2021
Koalitionsvertrag Emissionshandel
Ampel 21 – Auswirkungen des Koalitionsvertrages Energiewirtschaft & Klimaschutz

Koalitionsvertrag: Grünes Licht für den Emissionshandel?

Inwiefern nimmt die Ampelkoalition im Zeichen des Klimaschutzes den europäischen und nationalen Emissionshandel unter die Lupe? Ein Überblick.

Im Koalitionsvertrag hat sich das Bündnis aus SPD, Grünen und FDP ehrgeizige Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels gesetzt. Im Sinne der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals) soll die Wirtschaft klimafreundlich umgestaltet werden. 

Ein zentrales marktwirtschaftliches Instrument ist dabei der Handel mit Emissionszertifikaten, der Emittenten zum Ausstoß einer bestimmten Menge an Treibhausgasen berechtigt. Indem überschüssige Zertifikate am Markt gehandelt werden können und die erlaubten Emissionsmengen sukzessive verknappt werden, werden für bestimmte Sektoren Anreize zur Senkung ihrer Emissionen geschaffen. 

Ausweitung des Emissionshandels ist zentraler Bestandteil des Koalitionsvertrages

Der Emissionshandel nimmt in der Klimaschutzstrategie der Ampelkoalition eine zentrale Rolle ein. Dies hängt mit mehreren Faktoren zusammen: Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass der Kohleausstieg möglichst auf das Jahr 2030 vorverlegt werden soll. Ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien wird hierdurch notwendiger denn je. Gleichzeitig soll die EEG-Umlage – und damit das wichtigste Instrument zur (Re-)Finanzierung der Energiewende – zum Ende des kommenden Jahres abgeschafft werden. 

Bisher sind die erneuerbaren Energien jedoch nicht vollständig in die Energiemärkte integriert, sodass auch weiterhin Mittel zur Verfügung stehen müssen, um die Umstellung auf eine regenerative Energieerzeugung zu finanzieren. Neben einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt soll dies durch eine Überarbeitung und Ausweitung des Emissionshandels geschehen.

Europäischer Emissionshandel soll gestärkt werden

Der Koalitionsvertrag thematisiert den Emissionshandel sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene. Derzeit komplementieren sich beide Systeme: Während der europäische Emissionshandel (EU-ETS) die Sektoren Energieerzeugung, Industrie und Luftfahrt adressiert, betrifft der nationale Brennstoffemissionshandel die emissionsintensiven Sektoren Verkehr und Wärme. Strukturelle Unterschiede für betroffene Unternehmen ergeben sich vor allem daraus, dass der EU-ETS den Verbrauch des jeweiligen Energieträgers als maßgeblichen Anknüpfungspunkt betrachtet, der nationale Brennstoffhandel hingegen die Handlung des Inverkehrbringens. 

Die EU-Kommission plant nunmehr im Rahmen der „Fit for 55“-Initiative mittels einer Novellierung der EU-Emissionshandelsrichtlinie die Sektoren Verkehr und Wärme über die Schaffung eines zweiten europäischen Emissionshandelssystems in den EU-ETS einzubeziehen. Dies wird von der Ampelkoalition begrüßt. Auch für die Einführung eines CO2-Mindestpreises auf europäischer Ebene möchte sich die künftige Bundesregierung einsetzen. 

Keine weitere Erhöhung des CO2-Preises im nationalen Brennstoffemissionshandel geplant

Im Vorfeld des Koalitionsvertrages wurde eine Erhöhung des CO2-Preises im nationalen Brennstoffemissionshandel intensiv diskutiert. Die Ampelkoalition hat sich jedoch entschieden, den bisher im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vorgesehenen Preispfad beizubehalten. Dieser hebt den gesetzlich festgelegten Preis pro Tonne CO2-Äquivalent von EUR 25 im Jahr 2021 bis auf EUR 55 im Jahr 2025 an (§ 10 Abs. 2 S. 1 BEHG).

Auch im Jahr 2026 wird ein Preiskorridor beibehalten, sodass sich der CO2-Preis erst ab dem Jahr 2027 frei am Markt bilden kann. Grund für die Beibehaltung dieses Preispfades ist laut Koalitionsvertrag vor allem der Aspekt des Verbraucherschutzes angesichts der jüngst rasant gestiegenen Endverbrauchspreise im Energiesektor. Der derzeitige Preis von EUR 60/t CO2 im EU-ETS soll daher als Benchmark dienen. Erst bei langfristiger Unterschreitung dieses Wertes oder fehlender Einführung eines Mindestpreises im EU-ETS plant die künftige Bundesregierung die Überprüfung möglicher Maßnahmen auf nationaler Ebene. Hierzu könnte auch die Einführung eines nationalen Mindestpreises für CO2gehören, wie bereits von anderen europäischen Ländern umgesetzt. 

Anpassungsbedarf für das BEHG wird sich daneben aus der geplanten Ausweitung des EU-ETS ergeben. Bisher regelt die Kollisionsnorm des § 7 Abs. 5 BEHG in Verbindung mit § 11 der Emissionsberichterstattungsverordnung 2022 (EBeV 2022), dass Doppelbelastungen durch den EU-ETS und den nationalen Brennstoffemissionshandel durch Meldungen bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) vermieden werden sollen. Eine Einbeziehung der Sektoren Verkehr und Wärme in den EU-ETS wird langfristig den nationalen Brennstoffemissionshandel obsolet machen. Aufgabe der Ampelkoalition wird es daher sein, einen reibungslosen Übergang zwischen beiden Emissionshandelssystemen sicherzustellen. Hierzu schweigt sich der Koalitionsvertrag bisher aus.

Schaffung eines globalen Emissionshandels bleibt Zukunftsmusik

Bei der letzten Weltklimakonferenz in Glasgow (COP26) war die Schaffung eines globalen Emissionshandels das Thema der Stunde. Basierend auf dem zuvor nicht umgesetzten Art. 6 des Pariser Klimaschutzabkommens einigten sich die Vertragsstaaten schließlich auf ein gemeinsames Regelwerk. Dieser Punkt wird auch im Koalitionsvertrag aufgegriffen. Die Ampelkoalition will sich im Rahmen ihrer Klima- und Energieaußenpolitik für die Schaffung eines globalen Emissionshandelssystems einsetzen, das mittelfristig die Schaffung eines einheitlichen internationalen Preises für CO2zum Ziel hat. Gelegenheit hierfür soll sich vor allem während der G7-Präsidentschaft Deutschlands im kommenden Jahr bieten. 

Von der Idee eines globalen Emissionshandels bis zur Umsetzung in die Praxis ist es allerdings noch ein weiter Weg. Insbesondere die Problematik der Doppelzählung von Zertifikaten nahm bereits im Rahmen von COP26 viel Raum ein und wird auch in Zukunft eine zentrale Herausforderung des internationalen Klimaschutzes bleiben. Die Pläne der Ampelkoalition zur Schaffung eines globalen Emissionshandels dürften daher eher als Absichtserklärung denn als fester Bestandteil der deutschen Klimaschutzstrategie aufzufassen sein.

In unserer Blog-Serie „Ampel 21 – Auswirkungen des Koalitionsvertrages“ halten wir Sie zu den Auswirkungen des Koalitionsvertrages für in den verschiedenen Sektoren tätige Unternehmen auf dem Laufenden.

Tags: Emissionshandel Energiewirtschaft & Klimaschutz Koalitionsvertrag