Nach dem Brexit muss der LL.M. mit dem Universitätsnamen kombiniert werden. Droht nun eine Abmahnwelle wegen falscher Namensbezeichnungen auf Kanzleiwebseiten?
Es klingt wie ein schlechter Aprilscherz. Rechtsanwalt Dr. Max Muster hat vor einigen Jahren seine Ausbildung mit einem Master of Laws an der Universität Bristol abgeschlossen. Seitdem steht der Name Rechtsanwalt „Dr. Max Muster, LL.M.″ fast überall: Auf seinen Visitenkarten, seinem Briefkopf, dem Bronze-Schild am Eingang der Kanzlei, der Website, seinem Facebook-Profil.
Genaugenommen weiß Rechtsanwalt Dr. Max Muster, LL.M. gar nicht ganz genau wo sein Name überall so steht. Er hat den Überblick verloren. Und genau das könnte ihm zum 1. April 2019 Ärger bereiten. Denn ab dann heißt er schlicht Rechtsanwalt „Dr. Max Muster″ oder – 3 mal so lang – „Dr. Max Muster, LL.M. (University of the West of England)„. Ändert er nicht seine Visitenkarten, sein Kanzleischild und alle anderen Unterlagen könnten gar Abmahnungen oder Post von der Staatsanwaltschaft drohen.
Brexit hat auch Auswirkungen auf Nennung akademischer Titel
Zum 29. März 2019 – einem Freitag – wird England die EU verlassen. So jedenfalls haben es sich die Engländer in einem Referendum gewünscht. Derzeit ist nicht absehbar wie dieser Prozess aussehen wird. Zwischen einem geordneten Austritt gemäß dem ausgehandelten Austrittsvertrag mit der EU bis zu einem Hard-Brexit inklusive Zoll- und Reisechaos erscheint alles möglich.
Eins aber erscheint sicher, wenn man sich den Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 21. September 2001 i. d. F. vom 26. Juni 2015 ansieht: Rechtsanwalt Dr. Max Muster, LL.M. ist nicht mehr berechtigt, seinen Namen wie bisher zu schreiben. Statt bisher 14 Buchstaben sind es plötzlich 42, also exakt 3 mal so viele. Akademische Grade, die im EU-Ausland erworben wurden, dürfen – sofern die Bundesrepublik Deutschland kein Abkommen mit dem jeweiligen Staat über die Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich abgeschlossen hat – nur unter Angabe der verleihenden Hochschule geführt werden.
Ausweislich der von der Kultusministerkonferenz im Internet veröffentlichten Liste entsprechender Abkommen wurden solche zwar unter anderem mit Frankreich, Österreich und den Niederlanden abgeschlossen, aber (noch) nicht mit England. Höchste Zeit also für neue Verhandlungen.
Wer akademischen Titel führt, muss die verleihende Universität nennen
Das Führen eines im Ausland erworbenen akademischen Grades ohne Angabe der verleihenden Universität ist auch kein Kavaliersdelikt. Nach § 132a Abs. 1 StGB kann das fehlerhafte Führen eines akademischen Grades mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden. Hinzu kommt, dass akademischen Graden bei der Auswahl des Rechtsanwalts eine besondere Bedeutung zukommen soll und dementsprechend Fehler bei der Anwaltsbezeichnung regelmäßig eine wettbewerbsrechtliche Relevanz haben. Nach Auffassung des OLG Stuttgart kann demnach sogar das verwaltungsrechtlich zulässige Führen eines ausländischen akademischen Grades wettbewerbsrechtlich unzulässig sein, weil
„demjenigen, welcher die Bezeichnungen „Prof.“ oder „Professor“ und „Dr. h. c.“oder einen dieser Titel führt, […] vom durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der der Bezeichnung mit situationsadäquater Aufmerksamkeit begegnet, regelmäßig ein besonderes Vertrauen in Bezug auf seine intellektuellen Fähigkeiten, seinen Ruf, seine Seriosität und seine Zuverlässigkeit entgegengebracht [wird]″ (OLG Stuttgart, Urteil vom 22.10.2015 – 2 U 35/15).
Rechtsanwalt Dr. Max Muster hat nochmal Glück gehabt. Seinen Doktortitel hat er an der Universität Bochum erworben und eine Hoffnung bleibt: Vielleicht wird es mit dem Brexit ja irgendwie doch nichts!