13. Juni 2024
Spielmanipulation Internetwette Fußball
Fußball & Recht

Risiko Spielmanipulation und Internetwetten

Mögliche Spielmanipulationen sind ein großes Risiko, sowohl für die Integrität des Sports als auch betroffene Sportvereine, -verbände und Unternehmen.

Die bevorstehende Europameisterschaft bietet einen geeigneten Anlass, um das Risiko von Spielmanipulation und Internetwetten genauer zu betrachten. Bei korrupten Verhaltensweisen wie Spielmanipulation und Sportwettbetrug machen sich gemäß den §§ 265c ff. StGB nicht nur Sportler, Trainer und Schiedsrichter strafbar. Auch Geschäftsleiter und Führungspersonen von Sportvereinen, Sportverbänden und Unternehmen im Profisportbereich sind einem Strafbarkeitsrisiko ausgesetzt. Zudem besteht ein erhebliches Haftungsrisiko für die Vereine, Verbände und Unternehmen sowie deren Geschäftsleiter. Dies macht präventive Compliance-Maßnahmen zur Verhinderung von Spielmanipulation und Korruption, insbesondere für Profisportvereine und Sportverbände, heute unumgänglich.

Erweiterung der Strafvorschriften im Jahr 2017

Das Spektrum strafbarer Handlungen im Zusammenhang mit Spielmanipulation und Sportwettbetrug wurde 2017 durch die Einführung der Straftatbestände des Sportwettbetrugs gemäß § 265c StGB und der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben gemäß § 265d StGB erheblich erweitert.

Bereits vor 2017 konnte Spielmanipulation strafbar sein als Betrug (§ 263 StGB) oder Computerbetrug (§ 263a StGB), wenn auf das manipulierte Spiel Wetten abgeschlossen wurden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine betrugsrelevante Täuschung darin, dass die Täter selbst oder durch Mittelsmänner bei der Wettabgabe gegenüber den Wettanbietern stillschweigend erklärten, der Verlauf oder das Ergebnis der gewetteten Spiele sei nicht von ihnen beeinflusst worden. Ob dabei Betrug oder Computerbetrug vorliegt, hängt grundsätzlich davon ab, ob eine natürliche Person (dann Betrug) oder ein Computer/Wettautomat (dann Computerbetrug) „getäuscht“ wird.

Ein prominentes Beispiel für Spielmanipulation ist der Fall Robert Hoyzer aus dem Jahr 2004. Herr Hoyzer nahm gegen erhebliche Geldbeträge falsche Schiedsrichterentscheidungen in Fußballspielen der Regionalliga, 2. Bundesliga und im DFB-Pokal vor. Das Landgericht Berlin verurteilte ihn wegen Beihilfe zum Betrug, ein Urteil, das später vom BGH bestätigt wurde.

Dennoch bestanden große Strafbarkeitslücken, da der Nachweis eines Betrugs hohe Anforderungen stellt. Betrugstatbestände als vermögensschützende Delikte setzen voraus, dass einem Geschädigten, etwa dem Wettanbieter, ein Vermögensschaden entstanden ist und dieser konkret beziffert werden kann. Die Strafjustiz sah oft Schwierigkeiten, diesen Schadensnachweis zu erbringen, besonders in Fällen, in denen der Wettgewinn nicht ausgezahlt wurde. Diese Lücken sollten durch die neuen Straftatbestände der §§ 265c und 265d StGB geschlossen werden, die keinen Vermögensschaden voraussetzen. 

Der Straftatbestand des Sportwettbetrugs erfasst nun nach § 265c Abs. 2 und Abs. 4 StGB bereits die einseitige Initiative zu einer Manipulationsabsprache, ohne dass diese tatsächlich zustande kommen, eine Wette abgeschlossen, ein Gewinn ausgezahlt werden oder es zu einer Beeinflussung des Wettbewerbs gekommen sein muss. Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, das weit im Vorfeld der eigentlichen Schädigung ansetzt. Nach § 265c Abs. 1 und Abs. 3 StGB sind darüber hinaus Unrechtsvereinbarungen mit Strafe bewehrt, die die Beeinflussung durch Sportler, Trainer, Schieds-, Wertungs- oder Kampfrichter mit Wettbezug beinhalten. Auch die Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben nach § 265d StGB, für die es einer (beabsichtigten) Sportwette nicht bedarf, stellt ein abstraktes Gefährdungsdelikt dar, das bereits die einseitige Initiative zu einer Manipulationsabsprache unter Strafe stellt. 

Sportwettbetrug (§ 265c StGB) und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben (§ 265d StGB): Ein Überblick

Beide Strafvorschriften wurden in Anlehnung an den Korruptionstatbestand des § 299 StGB entwickelt, der nur den wirtschaftlichen Wettbewerb erfasst. Die §§ 265c ff. StGB pönalisieren daneben die „Sport-Korruption“. Die Handlungsmodalitäten sind mit denjenigen der sonstigen Korruptionsdelikte identisch.

§ 265c StGB und § 265d StGB ist gemein, dass sie die Integrität und Glaubwürdigkeit des Sports schützen sollen. Daneben wird der Vermögensschutz bezweckt. Dies betrifft beim Sportwettbetrug (§ 265c StGB) das Vermögen der Anbieter von Sportwetten sowie der Wettteilnehmer und bei der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben (§ 265c StGB) das Vermögen anderer Beteiligter am sportlichen Wettbewerb (Veranstalter, Konkurrenten).

Der Sportwettbetrug (§ 265c StGB) bestraft, wie bereits sein Name vermuten lässt, nur Spielmanipulationen im Zusammenhang mit öffentlichen Sportwetten. Dagegen erfasst die Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben (§ 265d StGB) auch solche Sportwettbewerbe, die keinen Bezug zu einer Sportwette haben. Der Tatbestand des § 265d StGB ist demgegenüber in anderer Sicht enger als der des § 265c StGB. Denn er ist auf berufssportliche Wettbewerbe beschränkt. Amateursportveranstaltungen fallen nicht darunter. § 265c StGB hingegen umfasst auch den Amateursport, sofern die Wettbewerbe von den zuständigen Sportorganisationen anerkannt sind. Privat organisierte Sportveranstaltungen ohne Einbindung einer Sportorganisation werden auch dort nicht erfasst.

Spielmanipulation ohne Sportwettbezug: Strafbar im Fußball grundsätzlich ab der 3. Liga

Der Tatbestand der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben (§ 265d StGB) ist nur auf „berufssportliche Wettbewerbe“ anwendbar. Hierbei muss es sich zunächst um eine Sportveranstaltung handeln, die von einem Sportbundesverband oder einer internationalen Sportorganisation veranstaltet oder in deren Auftrag oder mit deren Anerkennung organisiert wird (§ 265d Abs. 5 Nr. 1 StGB). Dies ist bei der UEFA EURO 2024, die gemeinsam von der Europäischen Fußball-Union (UEFA) und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) organisiert wird, unzweifelhaft der Fall. Im Bereich des nationalen Fußballs fehlt es hingegen für die Kreis- und Landesligen und nach überwiegender Auffassung auch für die Regionalligen an einem „berufssportlichen Wettbewerb“. Der von § 265d StGB erfasste Profibereich beginnt daher beim Fußball erst ab der 3. Liga. Das Spiel eines Amateursportvereins kann im Einzelfall dennoch vom Tatbestand des § 265d Abs. 5 Nr. 1 StGB erfasst sein, etwa im Rahmen des vom DFB organisierten DFB-Pokals.

Für – intendierte – Manipulationen von Sportveranstaltungen, die von Regional- und Landesverbänden in eigener Verantwortung durchgeführt werden, gilt § 265d StGB somit nicht. Insoweit kommt eine Strafbarkeit daher grundsätzlich nur bei Vorliegen eines Wettbezugs in Betracht (nach § 265c StGB sowie §§ 263, 263a StGB). Vor diesem Hintergrund hat die Staatsanwaltschaft Magdeburg das Ermittlungsverfahren gegen Herrn A. Petersen, den ehemaligen Sportdirektor und Trainer des Regionalligisten Germania Halberstadt, eingestellt. Herr A. Petersen, Vater des Ex-Nationalspielers Herr N. Petersen, war in Spielmanipulationsvorwürfe verwickelt, nachdem der Trainer des SV Babelsberg 03 ihn beschuldigt hatte, seine Spieler durch finanzielle Anreize zu „schlechten Leistungen“ angespornt zu haben. Herr A. Petersen bestritt die Vorwürfe. Die Ermittlungen wurden mangels eines „berufssportlichen Wettbewerbs“ eingestellt, da der Regionalligist Germania Halberstadt als Amateursportverein eingestuft wurde. 

Darüber hinaus setzt der Begriff des „berufssportlichen Wettbewerbs“ voraus, dass Regeln einzuhalten sind, die von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation mit verpflichtender Wirkung für ihre Mitgliedsorganisationen verabschiedet wurden (§ 265d Abs. 5 Nr. 2 StGB). Insoweit wird es im Bereich des Fußballs aber nur selten Unklarheiten geben.

Das Vorliegen eines „berufssportlicher Wettbewerb“ erfordert weiterhin, dass an der Sportveranstaltung überwiegend Sportler teilnehmen, die durch ihre sportliche Betätigung unmittelbar oder mittelbar Einnahmen von erheblichem Umfang erzielen (§ 265d Abs. 5 Nr. 3 StGB). Auch dies ist bei der UEFA EURO 2024 ohne Weiteres der Fall. Insbesondere ist unerheblich, ob es sich bei den Prämien, die die deutsche Fußball-Nationalmannschaft vom DFB bzw. Sponsoren erhält, um Einkünfte im Sinne von § 265d Abs. 5 Nr. 3 StGB handelt. § 265d Abs. 5 Nr. 3 StGB setzt gerade nicht voraus, dass ein Fußball-Nationalspieler die Einnahmen aus der EM erzielen muss. Es ist ausreichend, dass die Spieler generell ihre beruflichen Einkünfte aus der sportlichen Betätigung erzielen. Dies ist bei der weit überwiegenden Mehrheit der an der UEFA EURO 2024 teilnehmenden Spieler, die in den (europäischen) Profiligen spielen, der Fall.      

Strafbarkeitsrisiken auch für Leitungspersonen

Auch die Leitungspersonen von Sportvereinen oder Sportverbänden oder der sie tragenden Kapitalgesellschaften können sich strafbar machen, insbesondere wenn sie von betriebsbezogenen Straftaten ihrer Beschäftigten (etwa Spieler, Trainer oder Schiedsrichter) wissen und diese nicht verhindern, obwohl sie es könnten. 

Laut herrschender Meinung in der Literatur und der Ansicht des Bundesgerichtshofs kann Leitungspersonen eine Garantenstellung zur Verhinderung von Straftaten zukommen. Die Entstehung einer Garantenstellung folgt aus der Überlegung, dass denjenigen, dem Obhutspflichten für eine bestimmte Gefahrenquelle übertragen sind, dann auch eine „Sonderverantwortlichkeit“ für die Integrität des von ihm übernommenen Verantwortungsbereichs trifft. Erforderlich für die Begründung einer Garantenstellung ist auch die tatsächliche Übernahme des Pflichtenkreises. Allerdings begründet nicht jede Übertragung von Pflichten eine Garantenstellung im strafrechtlichen Sinne. Hinzutreten muss regelmäßig ein besonderes Vertrauensverhältnis, das besondere Schutzpflichten begründet. 

Vor diesem Hintergrund ist eine Strafbarkeit von Leitungspersonen nicht ausgeschlossen, wenn diese Kenntnis von einem Wettbetrug, einer Spielmanipulation oder einem Bestechungsversuch hat und nicht einschreitet. So könnte sich eine Leitungsperson im Einzelfall dann selbst strafbar machen, wenn sie weiß, dass ein Spieler der eigenen Mannschaft in einen Wettbetrug oder in eine Spielmanipulation verwickelt werden soll.

Haftungsrisiken für betroffene Vereine, Verbände und Unternehmen

Nicht zuletzt bestehen im Zusammenhang mit Spielmanipulationen und den genannten Strafvorschriften – vermittelt durch die §§ 30, 130 OWiG – auch erhebliche Haftungsrisiken für Sportvereine und Sportverbände.

Die Verhängung einer Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG gegen einen Sportverein oder Sportverband (bzw. betroffene Kapitalgesellschaft) droht dann, wenn eine Leitungsperson bzw. ein Organ des Verbandes eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat (Anknüpfungstat), die im Zurechnungszusammenhang zum Sportverein bzw. Sportverband steht. Als mögliche Anknüpfungstaten sind hier insbesondere Verletzungen der Aufsichtspflicht nach § 130 OWiG sowie Straftaten nach §§ 265c, 265d, 263, 263a StGB zu nennen. Die Aufsichtspflicht nach § 130 Abs. 1 OWiG schreibt der Geschäftsleitung die Errichtung erforderlicher Maßnahmen vor, um Zuwiderhandlungen gegen bestehende Pflichten zu verhindern. Kommt es gleichwohl zu Pflichtverletzungen, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wären, kann dies ein Bußgeld zur Folge haben.

Eine Geldbuße kann neben dem sog. Abschöpfungsanteil, nach der wirtschaftliche Vorteil der Anknüpfungstat abgeschöpft werden soll, im sog. Ahndungsteil im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu EUR 10,0 Mio. bzw. im Falle einer fahrlässigen Straftat bis zu EUR 5,0 Mio. betragen. Bei der Bemessung des Ahnungsteils spielt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wiederum eine wichtige Rolle, inwieweit der Verband seiner Pflicht, Rechtsverletzungen aus der Sphäre des Unternehmens zu unterbinden, genügt und ein effizientes Compliance-Management installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss. 

Vor diesem Hintergrund wird die Geschäftsleitung von Sportverbänden, Sportvereinen und Unternehmen des Profisports dazu gehalten sein, je nach Risikoprofil und Größe präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten im Bereich der Spielmanipulation und des Sportwettbetrugs zu ergreifen. Dies dient dem Schutz des Sportvereins bzw. -verbands – sowohl vor einem etwaigen Bußgeld als auch einer damit einhergehenden negativen öffentlichen Berichterstattung. Auch für die Geschäftsleitung und Leitungspersonen ist dies essenziell, um im Falle der Fälle nicht selbst „ins Fadenkreuz der Ermittler“ zu gelangen oder sich der Gefahr einer persönlichen Haftung auszusetzen.

Fazit: Ein funktionstüchtiges Compliance-Management-System benötigt Präventivmaßnahmen speziell zur Verhinderung von Spielmanipulation und Sportwettbetrug 

In der öffentlichen Wahrnehmung sind Werte wie Fairness, Regelkonformität und Integrität heute von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Dies gilt umso mehr für Sportvereine, Verbände und Kapitalgesellschaften des Profisports, die in besonderem Maße im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen.

Ein funktionierendes Compliance-Management-System, das auf die relevanten Risikobereiche, wie insbesondere Spielmanipulation und Sportwettbetrug, ausgerichtet ist, wird regelmäßig neben der Schaffung von Regelwerken (sog. Compliance-Richtlinien und Verhaltenskodizes) auch die Schaffung klarer Verantwortlichkeiten für die identifizierten Risikobereiche und die regelmäßige Schulung der Mitarbeitenden, Sportler und sonstigen Verpflichteten über ihre Pflichten erfordern, um nur einige Compliance-Maßnahmen zu nennen.

Neben der Installation von Präventivmaßnahmen ist es nicht minder wichtig, auf einen etwaigen Verstoß oder Verdachtsfall vorbereitet zu sein, um im Ernstfall angemessen und auch schnell reagieren zu können. Hier sind insbesondere klare Prozesse, Zuständigkeiten und interne wie externe Berichtswege (insbesondere zu rechtlichen Beratern) sowie eine öffentliche Kommunikationsstrategie zu nennen. Auch hier gilt es, sich in der Verteidigung gut aufzustellen, um den eigenen „Kasten sauber zu halten“.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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