10. November 2022
Hochzeitsliste Mitgift JV
Joint Ventures

Hochzeitsliste und Mitgift – Die initiale Ausstattung des JV

Als Gemeinschaftsunternehmen wird das Joint Venture (JV) von den JV-Partnern mit den erforderlichen Vermögenswerten und sonstigen Ressourcen ausgestattet.

Bei der Gründung eines JV sind daher zunächst zwei Fragen zu stellen: Was braucht das Gemeinschaftsunternehmen für eine erfolgreiche Zukunft (Hochzeitsliste)? Welche Vermögensgegenstände kann jeder Partner in das JV einbringen oder ihm zur Verfügung stellen (Mitgift)?

Bedeutung der initialen Ausstattung eines JV

Die initiale Ausstattung der JV-Gesellschaft ist von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Gemeinschaftsunternehmens. Bereits in der Planungsphase sollten sich die künftigen Partner daher konkrete Gedanken dazu machen, 

  • über welche Vermögensgegenstände und Ressourcen das JV als eigene Ausstattung verfügen soll und 
  • welche Leistungen durch die JV-Partner oder Dritte über Dienstleistungs-, Lizenz- oder sonstige Vereinbarungen erbracht werden können. 

Die Grundfrage dabei lautet, wie unabhängig und autark von seinen Gesellschaftern* das Gemeinschaftsunternehmen am Markt auftreten und operieren darf. Dabei sind die Beteiligungsverhältnisse der Gesellschafter untereinander genauso zu berücksichtigen wie die Stellung, die das JV nach der Intention der JV-Partner am Markt einnehmen soll. Soll das JV beispielsweise eindeutig einem der Gesellschafter zugeordnet und in dessen Gruppenstruktur integriert werden können oder soll das Gemeinschaftsunternehmen möglichst „stand alone“ operieren, beispielsweise weil beide JV-Partner planen, einen für sie gänzlich neuen Markt zu erschließen?

Die zwischen den JV-Partnern abgestimmte Hochzeitsliste ist sodann in der Beteiligungsdokumentation, insbesondere in dem regelmäßig abzuschließenden JV-Vertrag, detailliert zu beschreiben und es sind Mechanismen zu ihrer Umsetzung zu beschließen.

Finanzierung des Unternehmens: Eigenkapital und Fremdfinanzierung

Ein wesentlicher Aspekt der initialen Ausstattung ist die Finanzierung des Gemeinschaftsunternehmens – die Gegenstände, die auf der Hochzeitsliste stehen, müssen vielfach mit eigenen finanziellen Mitteln des JV erworben werden, wenn sie nicht als Sacheinlagen von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellt werden. Dabei steht den JV-Partnern grds. das gesamte Spektrum an Finanzierungsinstrumenten zur Verfügung: Eigenkapital, eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen, sonstige Mezzanine-Finanzierungen oder echtes Fremdkapital. 

Je nach Gesellschaftsform muss das JV-Unternehmen nach den anwendbaren Rechtsvorschriften über ein mehr oder weniger hohes Grund- oder Stammkapital als Mindestkapital verfügen, das von den JV-Partnern mind. zur Hälfte voll eingezahlt werden muss. Damit allein wird das Gemeinschaftsunternehmen aber i.d.R. nicht auskommen. Vielmehr muss der Umfang der durch die JV-Partner bei Gründung zur Verfügung gestellten Finanzmittel so gewählt sein, dass eine hinreichende Liquidität zur Deckung der Betriebsausgaben des JV vorhanden ist und eine Unterkapitalisierung vermieden wird, bis es sich aus seinen Erträgen selbst finanzieren kann. 

Zur Ermittlung der erforderlichen Anschubfinanzierung wird i.d.R. ein Business-Plan erstellt, der die erwarteten Erträge und Kosten des JV in den ersten drei bis fünf Jahren enthält. Auf Basis dieses Business-Plans vereinbaren die JV-Partner, welche Finanzierungsbeiträge die Parteien zu leisten haben und auf welche Weise sie zu erbringen sind. Dabei muss nicht jeder JV-Partner einen identischen finanziellen Beitrag leisten. Es ist bei Gemeinschaftsunternehmen nicht unüblich, dass ein JV-Partner vor allem finanzielle Ressourcen bereitstellt und der andere JV-Partner vorrangig Sacheinlagen, z.B. in Form von Know-how, in das JV einbringt. Trotz ungleicher finanzieller Beiträge können die JV-Partner gesellschaftsrechtlich in derselben Höhe an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt sein.

Leistung von Sacheinlagen

Die Leistung von Sacheinlagen kann sich – neben der schon erwähnten Bereitstellung von Know-how – z.B. anbieten, wenn ein JV-Partner über ein Grundstück oder Produktionsanlagen verfügt, die durch das JV genutzt werden sollen. Als Sacheinlagegegenstände sind zudem eine bereits auf einen JV-Partner eingetragene Marke oder bestimmte Forderungen aus laufenden Verträgen denkbar.

Da bei der Sachgründung und der Sacheinlage strenge Regelungen zur Kapitalaufbringung zu beachten sind, werden die JV-Partner i.d.R. von der Leistung echter Sacheinlagen absehen. Stattdessen werden diese Vermögensgegenstände im Wege eines Kauf-, Miet- oder Pachtvertrags (z.B. bei Grundstücken), durch den Abschluss einer Lizenzvereinbarung (insbesondere bei Marken) oder durch Forderungsabtretung oder Vertragsübernahme (z.B. bei laufenden Vertragsverhältnissen) auf das Gemeinschaftsunternehmen übertragen. Alternativ kann in diesen Konstellationen auch die umwandlungsrechtliche Ausgliederung von bestimmten Vermögensgegenständen auf das JV vorteilhaft sein.

Nachschusspflichten und Krisenfinanzierung

Im Verlaufe der weiteren Tätigkeit des JV können sich Situationen ergeben, in denen das Unternehmen auf die Bereitstellung weiterer Finanzmittel angewiesen ist. Um im Ernstfall, insbesondere in Krisensituationen, eine rasche Kapitalzufuhr zu ermöglichen, sollten bereits in dem JV-Vertrag bestimmte weitere Einlageleistungen, sog. Nachschusspflichten, geregelt werden. Auch diese können wiederum in Form von Eigenkapital – i.d.R. als Leistung in die Kapitalrücklage – oder über Gesellschafterdarlehen erfolgen. In Konstellationen, in denen einer der JV-Partner besonders finanzstark ist, der andere JV-Partner hingegen in erster Linie Know-how oder Mitarbeitende bereitstellt, sollte auf die Regelung derartiger Nachschusspflichten viel Aufmerksamkeit verwandt werden, um eine zu große Verwässerung des finanziell schwächeren JV-Partners zu vermeiden.

Anstelle von Nachschusspflichten können die JV-Partner auch vereinbaren, dass die Gesellschafter keinerlei Nachschusspflichten haben, sondern sich das JV ab dem Erreichen bestimmter Key Performance Indicators eigenständig mit Fremdkapital am Markt versorgen muss.

Patente, Markenrechte oder branchenspezifisches Know-how

Geistiges Eigentum, d.h. Technologien, Patente, Markenrechte oder branchenspezifisches Know-how, können den Großteil der in ein JV einzubringenden Vermögensgegenstände ausmachen. Gerade im Hochtechnologiebereich können durch Bündelung des bei den jeweiligen Partnern vorhandenen Know-hows entscheidende Wettbewerbsvorteile erzielt werden. 

Dabei müssen die JV-Partner entscheiden, ob das JV eine dem jeweiligen Partner gehörende Marke auch im Außenauftritt nutzen darf. Ist ein JV-Partner mehrheitlich beteiligt und soll das Gemeinschaftsunternehmen in die Gruppenstruktur dieses Mehrheitsgesellschafters eingebunden oder gar konsolidiert werden, wird es dem JV regelmäßig gestattet, dass es unter dessen Marke im Geschäftsverkehr auftreten darf. Bei paritätischen JV, bei denen die Gesellschafter also in gleicher Höhe beteiligt sind, ist diese Einbindung in die Gruppenstruktur eines Partners üblicherweise nicht der Fall und ist dementsprechend auch die Nutzung von dessen Marke und dessen Namensrechten i.d.R. nicht gewünscht.

Gewöhnlich werden gewerbliche Schutzrechte oder Know-how für die Dauer des Vorhabens dem JV von den Partnern aufgrund von Lizenzverträgen übertragen, anstatt diese endgültig als Sacheinlage einzubringen. In diesem Fall hat das JV für die Nutzung der gewerblichen Schutzrechte regelmäßig eine Lizenzgebühr zu zahlen, die bei der initialen Liquiditätsausstattung des Gemeinschaftsunternehmens und bei der Aufstellung des Business-Plans zu beachten ist.

Personelle Ressourcen

Die JV-Partner entscheiden auch, in welcher Form und in welchem Umfang das JV mit eigenen personellen Ressourcen ausgestattet werden soll. Die konkrete Ausgestaltung hängt insbesondere von der Branche und Unternehmensgröße ab. Während ein JV, das nur begrenzte eigene Geschäftstätigkeit entfalten soll, i.d.R. mit wenigen eigenen Mitarbeitenden auskommt, benötigt ein Gemeinschaftsunternehmen, das eine industrielle Produktionsstätte betreiben soll, eine große Anzahl von Mitarbeitenden, um operativ tätig werden zu können. 

Die zukünftigen Mitarbeitenden des Gemeinschaftsunternehmens können dabei von einem oder mehreren der JV-Partner selbst stammen oder extern am Markt rekrutiert werden. 

Häufig entsendet jeder JV-Partner eine oder mehrere Führungskräfte in die Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens, um auf diesem Weg – zusätzlich zu der Gesellschafterstellung – Einfluss auf das operative Geschäft des Gemeinschaftsunternehmens nehmen zu können. Bis zum Aufbau der entsprechenden Kapazitäten beim JV können die JV-Partner, soweit im konkreten Fall zulässig, Mitarbeitende auch vorübergehend in das JV entsenden. Werden dem JV eigene Mitarbeitende der JV-Partner zur Verfügung gestellt, kann dies arbeitsrechtlich auf verschiedenen Wegen erfolgen. 

Wenn die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens mit einem Betriebsübergang verbunden ist, weil beispielsweise eine organisatorische Einheit von Mitarbeitenden und ggf. auch Vermögensgegenständen in das JV eingebracht werden, die zusammen einen Betrieb oder Betriebsteil ausmachen, gehen die Mitarbeitenden kraft Gesetzes gem. § 613a BGB auf das Gemeinschaftsunternehmen über. Eine andere Möglichkeit besteht in dem Abschluss neuer Anstellungsverträge mit dem JV unter Aufhebung der alten Anstellungsverhältnisse mit dem jeweiligen JV-Partner. Schließlich gibt es auch Fälle, in denen die Mitarbeitenden weiter bei dem JV-Partner beschäftigt bleiben, aber für einen festgelegten Zeitraum an das Gemeinschaftsunternehmen „ausgeliehen“ werden. Dabei sind die Regeln der Arbeitnehmerüberlassung zu beachten. Welche dieser Gestaltungsformen im konkreten Fall vorteilhaft ist, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab und ist im Vorfeld sorgfältig zu prüfen. 

Alternativ bzw. parallel können die Partner entscheiden, dass sich das Gemeinschaftsunternehmen selbst um die personellen Ressourcen kümmern muss, und beispielsweise eine Personalberatung mit der Identifikation geeigneter Geschäftsführer oder Vorstände beauftragen, die dann das Team des JV sukzessive weiter aufbauen.

(Dienst-)Leistungen und sonstige Infrastruktur

Je nach dem Geschäftsmodell benötigt das JV darüber hinaus weitere Leistungen, die von seinen JV-Partnern bereitgestellt werden. Typische Beispiele hierfür sind die Bereitstellung von Büroräumen durch Abschluss eines entsprechenden Mietvertrags mit einem der JV-Partner, die Lieferung von Rohstoffen durch einen der Gesellschafter, die Erbringung von IT-Dienstleistungen oder (Rechts-)Beratungsleistungen, die Lohnbuchhaltung und sonstige Infrastruktur. Typischerweise schließt das Gemeinschaftsunternehmen hierfür entsprechende Verträge mit einem oder mehreren seiner JV-Partner. 

Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit des Gemeinschaftsunternehmens und der JV-Partner ist bei derartigen Austauschverträgen – genauso wie bei dem Abschluss der oben bereits angesprochenen Lizenzvereinbarungen u.a. Verträge mit den JV-Partnern – stets darauf zu achten, dass diese zu marktüblichen Konditionen (at arm’s length) abgeschlossen werden, da sonst das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung besteht.

Gut geplant ist halb gewonnen

Wenn die gemeinsame Hochzeitsliste gut vorbereitet ist und die Menge und Qualität der jeweiligen Mitgift der JV-Partner so ausgewählt ist, dass sie zum Business-Plan des JV passt, ist der Grundstein für ein erfolgreiches Gemeinschaftsunternehmen gelegt.

Dem Auftakt zu unserer Serie „Joint Ventures“ folgte der Beitrag zur Geschäftsleitung.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Hochzeitsliste Joint Ventures Mitgift