7. Juni 2023
E-Mobility Joint Venture
Joint Ventures

E-Mobility Joint Ventures – Herausforderung und Chance zugleich

Warum Vorhaben im Bereich E-mobilität für Joint Venture-Zusammenschlüsse geeignet sind.

Fast lautlos bewegen sie sich durch die Innenstädte: Elektrofahrzeuge, E-Bikes, E-Busse und andere Fortbewegungsmittel, die durch Elektromobilität betrieben werden. Die wachsende Bedeutung von E-Mobility (E-Mobilität) zur Reduktion der Treibhausgasemissionen ist offensichtlich.

Klima- und Umweltschutz haben für viele Unternehmen inzwischen Priorität, da sich die Unternehmen zunehmend auch dem Druck der Kunden* ausgesetzt sehen, für die der Klimaschutz immer mehr in den Fokus tritt. Doch häufig fehlen Unternehmen die notwendigen Ressourcen, um in diesem Markt Fuß zu fassen. Entweder fehlt es am Kapital für die Verwirklichung der zündenden Idee oder das Geld ist vorhanden nur die große Entdeckung bleibt aus. Im Sinne einer „Win-win-Strategie“ schließen sich Unternehmen deshalb oftmals zusammen und gründen ein Joint Venture, um als Partner und Beteiligte des Zusammenschlusses jeweils einen Nutzen erzielen zu können. 

Der „Antrieb“ für ein E-Mobility Joint Venture und welche Vorteile ein solcher Zusammenschluss hat

Bei sog. Joint Ventures handelt es sich um wirtschaftliche Kooperationen von rechtlichen und wirtschaftlich unabhängigen Unternehmen, die sich zusammenschließen, um ein gemeinsames Ziel zu verwirklichen. Neben der Kooperationsform, nach der sich Joint Ventures unterscheiden, kann auch die Branchenausrichtung ein Differenzierungskriterium sein. Dass sich der Bereich E-Mobilität inzwischen als eine solche Branche etabliert hat, zeigt schon eine einfache Recherche in den gängigen Suchmaschinen. Allein das Schlagwort „E-Mobility Joint Venture“ wirft zahlreiche Beispiele von Zusammenschlüssen aus jüngster Vergangenheit in diesem Bereich aus. Doch was spricht gerade in diesem Bereich dafür, sich einen Partner zu suchen, statt einen Alleingang zu wagen?

Im Bereich E-Mobilität, der noch vor nicht allzu langer Zeit erst als „zentrales Zukunftsthema“ entdeckt wurde, ist die Ausgangssituation nicht selten die, dass beispielsweise ein Start-up eine innovative Idee hat, für deren Umsetzung jedoch die notwendigen Mittel fehlen. Ein bereits etabliertes strategisches Unternehmen verfügt über das Kapital und gegebenenfalls sogar die notwendige Infrastruktur. Da der eine nicht ohne den anderen kann (oder will), schießen sich die beiden Parteien zu einer „ungleichen Partnerschaft“ zusammen. Dabei kann „Ungleichheit“ nicht nur in der zur Verfügung gestellten Ressource bestehen, sondern auch in den Beteiligungsverhältnissen sichtbar werden. Je nachdem wie ausgeprägt die Verhandlungsposition des einen oder anderen Partners ist, kann dieser über mehr oder weniger Anteile an dem Joint Venture Unternehmen verfügen. Dies hängt nicht zwingend von der Höhe der finanziellen Beiträge ab, die ein Joint Venture Partner einbringt. 

Für ein Joint Venture im Bereich E-Mobilität ist gerade eine Sacheinlage in Form von geistigem Eigentum, also Technologien, Patente, Markenrechte sowie branchenspezifischem Knowhow unverzichtbar, um sich am Markt zu etablieren und dem zunehmenden Wettbewerb die Stirn bieten zu können. Damit einher geht jedoch regelmäßig ein hoher Kapitalbedarf, den es zu stemmen gilt. 

Zudem können gerade im Hochleistungstechnologiesektor, wie es auch der Bereich E-Mobilität einer ist, durch die Bündelung des bei den jeweiligen Partnern vorhandenen Knowhows bzw. deren Ressourcen entscheidende Wettbewerbsvorteile erzielt werden. 

Vertragliche Gestaltung des E-Mobility Joint Ventures als entscheidender Faktor für ein erfolgreiches Gemeinschaftsunternehmen

Weitere Besonderheiten eines Joint Ventures im Bereich E-Mobilität zeigen sich in der Praxis insbesondere auch an der konkreten vertraglichen Gestaltung, auf die sich die Parteien verständigen. Auf einige dieser Besonderheiten sei im Folgenden näher eingegangen:

Abschluss eines Lizenzvertrags

Gewöhnlich werden die Joint Venture Parteien in der diesem zugrundeliegenden Joint Venture Vereinbarung eine Regelung dazu treffen, wie das geistige Eigentum durch das zukünftige Gemeinschaftsunternehmen, welches durch die Joint Venture Partner errichtet werden soll, nutzbar gemacht werden kann. Es ist eher untypisch, dass das geistige Eigentum endgültig als Sacheinlage eingebracht wird. In der Regel erfolgt die Zurverfügungstellung durch Abschluss eines Lizenzvertrags, wonach das geistige Eigentum gegen die Zahlung einer Lizenzgebühr auf die Gesellschaft zur Nutzung übertragen wird. Im Rahmen der Regelung zu den gewerblichen Schutzrechten wird dann regelmäßig danach unterschieden, ob diese durch die Gesellschafter beziehungsweise durch die mit ihnen verbundenen Unternehmen eingebracht werden (sog. Background IP) oder ob das geistige Eigentum nach Abschluss der Joint Venture Vereinbarung durch das Gemeinschaftsunternehmen selbst entwickelt wird (sog. Foreground IP). Darüber hinaus sollte noch der Fall geregelt werden, dass ein Gesellschafter oder das Gemeinschaftsunternehmen das geistige Eigentum nach Abschluss der Vereinbarung außerhalb der Zusammenarbeit eigenständig entwickelt (sog. Sideground IP), dieses aber als für die Geschäftstätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens nützlich, einstuft.

Fördermittel

Im Rahmen der Aufstellung des Business-Plans und bei der Kalkulation der initialen Liquiditätsausstattung der Gesellschaft berücksichtigen die Joint Venture Parteien oftmals bereits bestimmte Fördermittel, die beantragt werden sollen, um das gemeinsame Projekt zu realisieren. Forschung und Entwicklung werden für verschiedene Technologien im Bereich der E-Mobilität derzeit stark subventioniert, so zum Beispiel durch die Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektronisch betriebenen Fahrzeugen (Umweltbonus) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 17. November 2022, die am 9. Dezember 2022 veröffentlicht wurde. 

Diese Fördermittel stellen deshalb für solche Joint Ventures ein wichtiges Finanzierungsinstrument dar.

Häufig fallen diese Subventionen in erheblicher Höhe aus, sodass das Projekt damit stehen und fallen kann. Das Ausfallrisiko, dass die Förderung nicht gezahlt wird, muss folglich abgesichert werden. So kann der Vollzug der Joint Venture Vereinbarung zum Beispiel unter eine aufschiebende Bedingung gestellt werden, dass die Erteilung von Fördermitteln an die Gesellschaft in Höhe eines vereinbarten Mindestbetrags durch die zuständigen Behörden schriftlich zu bestätigen ist. Tritt diese aufschiebende Bedingung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, einem sogenannten „Long Stop Date“ nicht ein, bleibt die Förderung also aus, sind beide Parteien zu einem Rücktritt von der Joint Venture Vereinbarung berechtigt, sofern sie nicht auf den Eintritt der Bedingung verzichtet haben. 

Bestellung der Geschäftsführer des Gemeinschaftsunternehmens

Darüber hinaus können sich Besonderheiten eines Joint Ventures im Bereich der Hochtechnologie, wie es die Elektromobilität ist, auch auf Ebene der Geschäftsführung auswirken. Während die klassischen Positionen des CEO (Chief Executive Officer) und des CFO (Chief Financial Officer), die bestellt werden, häufig von dem finanzierenden Joint Venture Partner gestellt werden, kann für den anderen Joint Venture Partner die Stelle des CTO (Chief Technology Officer) geschaffen werden. Dieser ist für die technische Produktentwicklung verantwortlich, führt das Team in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung und vermittelt bei Bedarf zwischen dem Management und dem eigenen Bereich. 

Einrichtung eines Fachbeirats

Es kann für die Joint Venture Partner auch von Interesse sein, neben der Geschäftsführung, der Gesellschafterversammlung und des Gesellschafterausschusses einen Fachbeirat einzurichten, der der Geschäftsführung als beratendes Gremium zur Seite steht. Dieser kann mit entsprechenden Fachkräften der Joint Venture Partner oder durch externe Fachberater besetzt sein, die ihre Expertise im technologischen Bereich in das Gemeinschaftsunternehmens einbringen sollen. 

Abwerbeverbot 

Eine Regelung zum Abwerbeverbot von Mitarbeitern ist Joint Ventures in anderen Branchen nicht fremd, einer solchen kann aber im Bereich von Hochtechnologie-Joint Ventures besondere Bedeutung zukommen. Um das Know-How aller Wissensträger innerhalb des Gemeinschaftsunternehmens zu schützen, wird regelmäßig ein Abwerbeverbot vereinbart, wonach alle Know-How Träger innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach deren Ausscheiden nicht ab- bzw. angeworben werden dürfen. Eine solche Regelung wird in der Regel auch auf das Angebot oder den Abschluss eines Anstellungs- oder Beratungsvertrags erstreckt, was ebenfalls unterbunden werden soll. Für den Fall einer Zuwiderhandlung wird in der Regel eine Vertragsstrafe vereinbart. 

Abschluss eines Entwicklungs- und Liefervertrags

Nicht selten ist eine Joint Venture Partei auch selbst an dem späteren Erwerb des zu entwickelnden Produkts interessiert. In diesem Fall schließen die Parteien neben der Joint Venture Vereinbarung gleichzeitig auch einen Entwicklungs- und Liefervertrag mit dem Gemeinschaftsunternehmen ab, wonach ein Joint Venture Partner garantiert, eine bestimmte Menge des herzustellenden Produkts abzunehmen, sobald Produktionsreife besteht. Produktionsreife tritt regelmäßig dann ein, wenn alle notwendigen Tests erfolgreich abgeschlossen und festgelegte Kriterien nach Feststellung durch die Geschäftsführer des Gemeinschaftsunternehmens erfüllt sind. Dies bietet Sicherheit und Planbarkeit für alle Parteien: Das erwerbende Unternehmen erhält Planungssicherheit für die eigene Geschäftstätigkeit am Markt. Das Gemeinschaftsunternehmen treibt die Entwicklung voran, um Produktionsreife zu erlangen. Zudem hat es die Sicherheit, dass die entwickelten Produkte später auch abgenommen werden. Letztlich deckt sich dies mit dem Interesse der Partei, die sich zwar nicht zur Abnahme verpflichtet hat, am Erfolg des Gemeinschaftsunternehmens aber ebenso interessiert ist. Dies gilt erst recht, wenn zu erwarten ist, dass Dritte zum Beispiel auf Grund des hohen Spezialisierungsgrads des Produkts (noch) kein großes Interesse für dieses entwickelt haben.

Warum ein E-Mobility Joint Venture Herausforderung und Chance zugleich ist

Dass dem Geschäftsbereich E-Mobilität in der Automobilbranche eine wesentliche Bedeutung zur Erreichung der Klimaschutzziele zukommt, ist unbestritten. Die wesentlich verringerten Treibhausgasemissionen bei batterieelektrischen Elektrofahrzeugen und die geringeren Lärmemissionen verdeutlichen dies. Neben Umwelt- und Klimaschutz geht es dabei jedoch auch um den Erhalt der Wertschöpfung in der deutschen Industrie, also auch um die Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland. Das Land der Autobauer muss umdenken, um dem weltweiten Strukturwandel in der Automobilbranche nicht nur hinterherzuhinken, sondern diesen aktiv mitgestalten zu können. Dies birgt einige Herausforderungen, aber zugleich auch Chancen, wie die zahlreichen Joint Venture Gründungen aus der jüngsten Vergangenheit in diesem Bereich zeigen. Vertrauensvolle Zusammenarbeit ist dafür unverzichtbar; ebenso wie eine rechtssichere vertragliche Grundlage.

Dem Auftakt zu unserer Serie „Joint Ventures“ folgten die Beiträge zur Geschäftsleitung, zur initialen Ausstattung eines Joint Ventures, zu Finanzierungsstrategien und zu asymmetrischen Joint VenturesAnschließend kamen Beiträge zum Deadlock im Joint Venture, zu Pattsituationen und zur Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen. Zuletzt wurden ein Beitrag zu Ausgestaltungsmöglichkeiten für F&E-Partnerschaften sowie ein Beitrag zu Joint Ventures im Infrastrukturbereich veröffentlicht.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet. 

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