16. Februar 2023
Joint Venture Auflösung
Joint Ventures

Joint Venture und Pattsituationen – Auflösung der Partnerschaft – Fressen oder gefressen werden?!

Wenn Konflikte im Joint Venture (JV) zu einem unüberwindbaren Deadlock führen, bleibt nur noch die Auflösung des Joint Ventures – aber wie?

Joint Venture-Partner sind häufig zu gleichen Teilen am Gemeinschaftsunternehmen beteiligt. Damit besteht das Risiko einer wechselseitigen Blockade. Der vorherige Beitrag in der vorliegenden Blog-Reihe zeigt Instrumente auf, durch die solche Pattsituationen bereits zu Beginn verhindert bzw. geklärt werden können. Gelingt dies dauerhaft nicht, bleibt oft nur die Auflösung der JV-Partnerschaft. Dies sollte rechtssicher, schnell und geräuschlos erfolgen, um Joint-Venture-Partner, deren Gesellschafter und die weiteren Stakeholder des Joint-Ventures nicht zu belasten.

In der Praxis, vor allem bei paritätischen JVs, sind insbesondere folgende Mechanismen verbreitet:

Die Partnerschaft kann durch Andienungsrechte und -pflichten beendet werden  

Eine Seite ist vertraglich berechtigt, die Beteiligung der anderen Seite zu erwerben (Call-Option). Macht sie hiervon keinen Gebrauch, wird ihr das Recht eingeräumt, ihre eigene Beteiligung an die andere Seite zu veräußern (Put-Option).

Bei Vereinbarung dieser Andienungsrechte und -pflichten in der Joint-Venture-Vereinbarung wird regelmäßig darüber gestritten, wem das Erstausübungsrecht diesbezüglich zustehen soll. Bei zeitlichen Kriterien drohen „Windhundrennen“, bei sachlichen Anknüpfungspunkten sind das Optionsrecht auslösende „Provokationen“ nicht auszuschließen.

Bieter- oder Auktionsverfahren können reine Zufallsergebnisse zur Folge haben

Dieser Nachteil kann durch ein Bieter- oder Auktionsverfahren vermieden werden. Leitet ein Joint-Venture-Partner ein solches Verfahren ein, ist jeder Joint-Venture- Partner verpflichtet,

  • einen Kaufpreis zu benennen, zu dem er von dem anderen Gesellschafter sämtliche Anteile zu kaufen bereit ist, und
  • hilfsweise seine Beteiligung an dem JV an den Höchstbietenden zu Verkauf anbietet.

Wer den höchsten Kaufpreisbetrag nennt, ist berechtigt und verpflichtet, sämtliche Anteile zu diesem Preis zu erwerben. Das JV wird also regelmäßig von dem Gesellschafter fortgeführt, der den höchsten Preis aufruft und daher das größte unternehmerische Interesse an der Fortsetzung der Unternehmung zeigt.

Bei dieser Lösung besteht die Gefahr, dass ein finanzstarker Gesellschafter losgelöst vom Verkehrswert des JV eine Bewertung aufruft, von der er weiß, dass sein Mitgesellschafter diese nicht mitgehen kann. 

Zudem besteht für einen ausscheidungswilligen Gesellschafter das Risiko, dass der Mitgesellschafter so niedrige Kaufpreisbeträge aufruft, dass sein eigenes Angebot „obsiegt“ und er zur Fortführung des JVs verpflichtet ist. Damit wird der Exit ebenso wenig planbar wie bei gegenteiliger Intention der Verbleib.

Dadurch, dass das Ergebnis von reinen Zufälligkeiten abhängen kann, erhoffen sich Joint-Venture-Partner bei der Vereinbarung dieser Lösung immerhin eine Erhöhung des Drucks darauf, eine Pattsituation doch noch aufzulösen und die Auflösung der JV-Partnerschaft zu vermeiden.

Russian Roulette darf nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt werden

Bei einer Russian-Roulette-Klausel ist jeder Joint-Venture-Partner bei Vorliegen der Pattsituation berechtigt, seine Beteiligung an dem JV unter Angabe des von ihm gewünschten Kaufpreises für seine Beteiligung sowie der sonstigen Vertragsbedingungen dem anderen Partner zum Erwerb anzubieten. Der andere Partner hat dann die Wahl, ob er die Beteiligung des ersten Partners zu dem genannten Preis und den genannten Bedingungen erwerben möchte oder lieber seine Beteiligung an dem JV zu dem genannten Preis und den genannten Bedingungen veräußern möchte („I cut, you choose″).

Die grundsätzliche Zulässigkeit von Russian-Roulette-Klauseln ist mittlerweile anerkannt. Im Einzelfall kann ihre Ausübung jedoch rechtsmissbräuchlich sein. Zumindest diskutiert wird dies beispielsweise für den Fall, dass ein krasses Missverhältnis zwischen Angebot und Wert der Beteiligung besteht, etwa wenn der angebotene Kaufpreis nicht einmal dem Buchwert der Beteiligung an dem JV entspricht.

Texan Shoot-out als Fortentwicklung des Russian Roulette

Die Texan Shoot-out-Klausel ist eine verfeinerte Spielart des Russian Roulette: Der Angebotsempfänger kann entscheiden, ob er seine Beteiligung an dem JV zu dem genannten Preis veräußert oder einen höheren Betrag für die Beteiligung des das Angebot abgebenden JV-Partners anbieten möchte. Letzterer hat dann dieselbe Wahl, das heißt seine Beteiligung zu dem erhöhten Kaufpreis zu veräußern oder das Angebot weiter zu erhöhen.

Dieses Verfahren kann sich über mehrere Runden erstrecken. Der Gesellschafter, der letzten Endes nicht mehr sein Angebot „nachbessert“, ist verpflichtet, seine Beteiligung an den meistbietenden Gesellschafter zu veräußern.

Bei nicht-paritätischen Beteiligungen dominieren Drag-Along und Tag-Along-Klauseln

Veräußert bei einer nicht-paritätischen Beteiligung ein Gesellschafter seine Beteiligung an Dritte, wird der andere Gesellschafter – meist der Minderheitsgesellschafter – gesellschaftsvertraglich verpflichtet (Drag-Along) oder berechtigt (Tag-Along), seine Beteiligung grundsätzlich zu denselben Konditionen an den erwerbsbereiten Dritten zu veräußern.

Liquidation als letztes Mittel der Wahl? 

Das JV kann schließlich durch Liquidation beendet werden. Dies bietet sich vor allem an, wenn eine Fortführung des Gemeinschaftsunternehmens nicht mehr sinnvoll ist und kein JV-Partner als Gesellschafter in der Gesellschaft verbleiben möchte.

Bei einer Liquidation ist das vorhandene Vermögen des JVs zwischen den JV-Partnern aufzuteilen. Kritisch hieran ist, dass eine Realteilung oft nur schwer oder gar nicht möglich ist, u.a. wenn das JV in erster Linie zur Entwicklung gemeinsamen Know-How und sonstiger geistiger Eigentumsrechte (IP) geründet wurde. 

Zudem besteht bei dieser Lösung das Risiko, dass die JV-Partner hinsichtlich nicht gedeckter Verbindlichkeiten zur Leistung von Nachschüssen verpflichtet sind. 

Dem Auftakt zu unserer Serie „Joint Ventures“ folgten die Beiträge zur Geschäftsleitung, zur initialen Ausstattung eines Joint Ventures, zu Finanzierungsstrategien und zu asymmetrischen Joint VenturesZuletzt veröffentlicht wurde ein Beitrag zum Deadlock im Joint Venture.

Tags: Auflösung Drag-Along Joint Ventures Russian Roulette Tag-Along Texan Shoot-Out