8. Dezember 2022
Finanzstrategie Joint Venture
Joint Ventures

Finanzierungsstrategien im Rahmen von Joint Ventures

Den Joint-Venture-Partnern stehen zur Deckung des Finanzbedarfs ihres Joint Ventures zahlreiche Eigen- und Fremdkapitalfinanzierungsmöglichkeiten offen.

Über die initiale (Finanz-)Ausstattung des Joint Ventures (JV) und mögliche Nachschuss- und Krisenfinanzierung hinaus stellt sich im Laufe der Geschäftstätigkeit des JV häufig die Frage nach der Deckung eines weiter aufkommenden Finanzierungsbedarfs. Den JV-Partnern stehen hier unterschiedliche Strategien der externen (gesellschafts- und gesellschafterfremden) und internen (gesellschafts- bzw. gesellschaftereigenen) Finanzierung, jeweils in Varianten der Eigen- oder Fremdkapitalfinanzierung, offen. 

Finanzierungsbedarf eines Joint Ventures besteht über die Anlaufphase hinaus 

Sollte sich die Geschäftstätigkeit des JV erfreulicherweise positiv entwickeln, können erhebliche Expansionsmaßnahmen in Betracht kommen, die aus den vorhandenen Kapitalmitteln der JV-Gesellschaft nicht finanziert werden können. Derartige Szenarien sind im Zeitpunkt der Unterzeichnung des JV-Vertrages kaum im Detail vorhersehbar und sind daher bei Beginn des JV regelmäßig weder im Business- noch im Finanzplanberücksichtigt. 

In Fällen später aufkommenden Finanzierungsbedarfs des JV werden i.d.R. keine reinen Nachschusspflichten der JV-Partner i.S. unbedingter Zahlungsverpflichtungen vereinbart, sondern der JV-Vertrag sieht häufig im Gegenteil vor, dass grds. keine Partei zu weiterer Finanzierung verpflichtet ist. Vor diesem Hintergrund ist 

  • an eine flexiblere Gestaltung zur Stärkung des Eigenkapitals durch die bestehenden JV-Partner selbst (intern) oder durch Hinzuziehung weiterer privater Kapitalgeber* (extern) zu denken sowie 
  • an Maßnahmen der Fremdkapitalfinanzierung wie Gesellschafterdarlehen (intern) und Aufnahme von Bankdarlehen (extern). 

Regelungsbedürftigkeit bei Stärkungen des Eigenkapitals durch Joint-Venture-Partner

Im Idealfall einigen sich die JV-Partner zu gegebener Zeit einvernehmlich auf die Bereitstellung weiteren Eigenkapitals. Sie können dafür etwa freiwillige Zuzahlungen in die Kapitalrücklage oder eine Barkapitalerhöhung wählen, an der die Partner jeweils im Verhältnis ihrer Beteiligung teilnehmen. In beiden Fällen fließen dem JV dann die benötigten Eigenmittel zu, ohne dass die interne Struktur dadurch verändert wird. Jedoch wird häufig ein derartiges Einvernehmen der JV-Partner nicht bestehen, etwa weil nur ein Partner eine Eigenkapitalstärkung wünscht. Die Frage der weiteren Kapitalausstattung der JV-Gesellschaft ist dann oftmals konfliktträchtig und kann im schlimmsten Fall zum Scheitern der Gemeinschaft führen. 

Daher ist zu empfehlen, in den JV-Vertrag ein Verfahren zur Sicherung der Eigenkapitalzufuhr aufzunehmen. Dies hat den Vorteil, dass der finanzierungswillige Gesellschafter nicht auf den zukünftigen Konsens mit den anderen Partnern angewiesen ist und die Stärkung des Eigenkapitals notfalls auch ohne Einvernehmen zwischen allen JV-Partnern herbeigeführt werden kann. So könnte zunächst eine Vorgehensweise zur verbindlichen Feststellung eines relevanten Eigenkapitalbedarfs, falls nötig durch einen unabhängigen Gutachter, vereinbart werden. 

Steht die Notwendigkeit der Kapitalzufuhr fest, ist regelmäßig ein Verfahren zu empfehlen, das den Partnern das Recht einräumt, an der weiteren Eigenkapitalausstattung des JV zu partizipieren, ihnen aber keine entsprechende Verpflichtung auferlegt. Dies bietet den Partnern oft die nötige Flexibilität, etwa da bei Abschluss des JV-Vertrages die finanzielle Leistungsbereitschaft noch nicht absehbar ist oder die des einen JV-Partners gar strukturell hinter dem anderen liegt, etwa weil er zu Beginn wichtiges Know-how eingebracht hat, ansonsten aber selbst noch ein Start-up mit Finanzierungsbedarf ist. 

In Extremfällen, etwa wenn sonst Insolvenz droht, kann der JV-Vertrag regeln, dass der leistungswillige Partner die erforderliche Kapitalerhöhung auch allein durchführen kann. Er hat dann Eigenmittel in Höhe des kompletten festgestellten Bedarfs einzubringen und zeichnet die gesamten neuen Anteile. Da dies zu einer Verwässerung der anderen JV-Partner und ggf. einer Kräfteverschiebung bei wichtigen Entscheidungsfragen innerhalb des JV führt, sollte der Mechanismus an strenge formale Anforderungen geknüpft sein, um Missbräuchen vorzubeugen.

Externes Eigenkapital durch Einstieg neuer Investoren 

Eine weitere Möglichkeit der JV-Partner, aufkommendem Finanzierungsbedarf ihrer JV-Gesellschaft zu begegnen, ist die Aufnahme eines oder mehrerer externer Investoren. 

Zunächst stellt sich dabei die Frage, ob für das JV eher ein strategischer (etwa wenn für die spätere Vermarktung ein etabliertes Absatzsystem benötigt wird) oder ein institutioneller (vor allem kapitalorientierter) Investor bevorzugt wird. Ist ein passender Investor gefunden und sind regulatorische Rahmenbedingungen wie bspw. die Fusionskontrolle (soweit erforderlich) erfüllt, geht es darum, die Konditionen des Beitritts und der künftigen Gesellschafterstruktur zu verhandeln und interessengerechte Regelungsinhalte zu finden. 

Die Beteiligungsvereinbarung wird üblicherweise Regelungen zur Verwendung der neu bereitgestellten Mittel enthalten, etwa dazu, ob damit bestehende Löcher gestopft werden oder ob sie für die künftige Geschäftsentwicklung aufgewendet werden sollen. Um die Verwendung der Mittel sicherzustellen, werden den Geschäftsführern oft entsprechende Verpflichtungen auferlegt. Darüber hinaus ist auch die Definition bestimmter Meilensteine in der Unternehmenstätigkeit oder in den Geschäftszahlen möglich, deren Erreichen Voraussetzung für die Abrufung der in Tranchen eingeteilten Mittel ist. 

Börsengang als Mittel zur weiteren Eigenkapitalzufuhr und zum Exit

Als Mittel der Eigenkapitalfinanzierung steht den JV-Gesellschaftern schließlich der Gang an eine Börse offen, also das erstmalige öffentliche Angebot von Aktien („initial public offering“; IPO), verbunden mit der erstmaligen Zulassung dieser Aktien zum Handel an einer Börse. Die Zuführung finanzieller Mittel zur Finanzierung von Wachstum sowie zur Verbesserung des Eigenkapitals und der Bonität stellt in der Tat das wichtigste Motiv für eine solche Ausgabe neuer Aktien im Rahmen eines IPO dar. Darüber hinaus eröffnet der Börsengang den bisherigen (und neu hinzutretenden) Aktionären die Möglichkeit, ihre Anteile an einem geregelten Markt zu einem in einem ordnungsmäßigen Handel gebildeten Preis verkaufen zu können (Exit). Ein weiteres Motiv für einen Börsengang kann die Absicht sein, dass das JV unter größerer Eigenständigkeit agieren soll, da das Unternehmen nicht mehr von der Finanzierung durch wenige Partner (und Investoren) abhängig ist. 

In rechtlicher Hinsicht erfordert der Börsengang die Beachtung gesellschaftsrechtlicher und kapitalmarktrechtlicher Anforderungen sowie deren sorgfältige Verzahnung in sachlicher und zeitlicher Hinsicht. Für die JV-Gesellschaft selbst führt ein Börsengang zur Anwendbarkeit zahlreicher spezieller gesellschaftsrechtlicher Vorschriften und kapitalmarktrechtlicher Zulassungsfolgepflichten.

Fremdkapitalfinanzierung durch Gesellschafterdarlehen – spezifische bankaufsichtsrechtliche Herausforderungen bei Joint Ventures

Das Gesellschafterdarlehen wird – nicht nur bei JVs – in der Praxis vielfältig als „interne“ Finanzierung von Unternehmen genutzt. Im Rahmen der Gewährung von Gesellschafterdarlehen sind die Vorschriften des Bankaufsichtsrechts zu beachten. In diesem Zusammenhang können sich spezifische bankaufsichtsrechtliche Fallstricke in Bezug auf ein etwaiges Erfordernis einer Banklizenz gem. dem Kreditwesengesetz (KWG) ergeben:

(Potenziell) erlaubnispflichtige Bankgeschäfte stellen insbesondere das Einlagen- und das Kreditgeschäft dar. Im Rahmen der Gewährung von Gesellschafterdarlehen durch einen JV-Partner an die jeweilige JV-Gesellschaft kommt sowohl der Betrieb eines erlaubnispflichtigen Einlagengeschäfts (betrieben durch die JV-Gesellschaft) als auch eines erlaubnispflichtigen Kreditgeschäfts (betrieben durch den JV-Partner, der das Gesellschafterdarlehen gewährt) in Betracht.

Der Gesetzgeber hat das Bedürfnis der Praxis zur Implementierung konzerninterner Finanzierungen erkannt und diesem im Rahmen des sog. „Konzernprivilegs“ (siehe § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 5 KWG) Rechnung getragen. Finanzdienstleistungen, die ausschließlich für Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen erfolgen, sind hierunter privilegiert (d.h. vom Erfordernis einer Banklizenz ausgenommen).

In Konstellationen, in denen beide JV-Partner zu gleichen Teilen an der JV-Gesellschaft beteiligt sind und keiner sie beherrscht, ist die Anwendbarkeit des bankaufsichtsrechtlichen Konzernprivilegs in Bezug auf Gesellschafterdarlehen mindestens zweifelhaft. Dies gilt naturgemäß erst recht für Gesellschafterdarlehen, die von einem JV-Partner gewährt werden sollen, der nur über eine Minderheitsbeteiligung (sowohl im Hinblick auf die Anteile als auch die Stimmrechte) an der JV-Gesellschaft verfügt. In diesem Fall kann ggf. ein qualifizierter Rangrücktritt in Bezug auf das jeweilige (Gesellschafter-)Darlehen weiterhelfen, um das Erfordernis einer Banklizenz nach dem KWG auszuschließen.

Bestellung von Sicherheiten durch Joint-Venture-Partner zur Besicherung von Verbindlichkeiten der Joint-Venture-Gesellschaft als (potenziell) erlaubnispflichtiges Garantiegeschäft

Grds. besteht auch die Möglichkeit einer (teilweisen) Finanzierung des JV durch einen externen Finanzier (z.B. in Form eines Bankdarlehens). Zur Bereitstellung einer entsprechenden Finanzierung ist der jeweilige Kreditgeber häufig nur bereit, wenn ihm die JV-Partner Sicherheiten zur Verfügung stellen (insbesondere, wenn die JV-Gesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses der jeweiligen Finanzierung [noch] nicht über eigene „besicherbare“ Assets in ausreichendem Umfang verfügt).

Marktübliche Sicherheiten im vorstehenden Sinne sind insbesondere Garantien, Bürgschaften und sog. „harte“ Patronatserklärungen. Auch in diesem Zusammenhang sollte das Bankaufsichtsrecht sorgfältig geprüft werden, denn die Besicherung von Verbindlichkeiten der JV-Gesellschaft gegenüber ihrem/ihren Kreditgeber(n) könnte ggf. als erlaubnispflichtiges Garantiegeschäft i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 KWG anzusehen sein.

Gehören Sicherungsgeber und Darlehensnehmer demselben Konzern an, stellt die Bestellung der vorstehend genannten Sicherheiten nach der Verwaltungspraxis der BaFin grds. kein potenziell erlaubnispflichtiges Garantiegeschäft dar. In den oben bereits erwähnten „echten“ 50/50-Konstellationen (d.h. ohne Beherrschung der JV-Gesellschaft durch einen der Partner) kann u.U. ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der jeweiligen Sicherheitenbestellung und einem (finanzmarktfernen) Grundgeschäft des jeweiligen Sicherungsgebers aus einer etwaigen Erlaubnispflicht unter dem KWG „heraushelfen“. Um in den Anwendungsbereich dieser Ausnahme zu gelangen, ist es im Falle eines JV hilfreich, die von dem jeweiligen JV-Partner gewährte Garantie, Bürgschaft oder (harte) Patronatserklärung möglichst so zu beschränken, dass diese nicht über das eigene wirtschaftliche Interesse des JV-Partners in Bezug auf das JV (im Wesentlichen repräsentiert durch dessen Beteiligung an der JV-Gesellschaft) hinausgeht. Sollen z.B. die JV-Partner „A“ und „B“, die jeweils zu 50 % an der JV-Gesellschaft „C“ beteiligt sind, jeweils eine Garantie zur Besicherung der Verbindlichkeiten von C aus einem von einer finanzierenden Bank zugunsten von C gewährten Darlehen gewähren, sollte daher darauf geachtet werden, dass die von A und B gewährte Garantie jeweils auf 50 % der besicherten Verbindlichkeiten beschränkt und eine gesamtschuldnerische Haftung von A und B ausgeschlossen wird.

Wahl der Finanzierungsinstrumente für eine „maßgeschneiderte“ Finanzierungsstrategie sollte sich an individuellen Umständen bzw. Bedürfnissen des Joint Ventures und der Joint-Venture-Partner orientieren

JVs bietet sich eine Vielzahl von internen und externen Finanzierungsinstrumenten, auf Basis derer individuelle Finanzierungsstrategien entwickelt werden können. Dies ermöglicht den Beteiligten, verschiedene Finanzierungsinstrumente (unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Eigenheiten und der mit ihnen verbundenen Herausforderungen) „maßgeschneidert“ für das jeweilige JV zu kombinieren. Die Wahl (und Kombination) der Finanzierungsmittel bleibt dabei stets einzelfallabhängig. Sie sollte sich typischerweise am Entwicklungsstadium, dem Verlauf und Ausblick der Geschäftstätigkeit sowie der Motivlage der JV-Partner orientieren, wobei als weitere zentrale Faktoren die bisherige Kapitalausstattung, die Branchenzugehörigkeit und die allgemeine Markt- und Zinslage zu nennen sind.

Dem Auftakt zu unserer Serie „Joint Ventures“ folgten der Beitrag zur Geschäftsleitung sowie der Beitrag zur initialen Ausstattung eines Joint Ventures.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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